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Sinntal
Willi Merx verfehlt die Mehrheit
Eine Gemeindevertretung vertagt sich nach der gescheiterten Wahl des Vorsitzenden.
Kurz nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses war der Versammlungssaal geleert.       -  Kurz nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses war der Versammlungssaal geleert.
Foto: Marius Scherf | Kurz nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses war der Versammlungssaal geleert.
Redaktion
 |  aktualisiert: 17.08.2022 08:35 Uhr

Das hat es in der Geschichte der Gemeinde Sinntal noch nie gegeben. Weil der Kandidat für den Vorsitz der Gemeindevertretung, Willi Merx, nicht genügend Stimmen erhielt, wurde die konstituierende Sitzung nach knapp einer Stunde abgebrochen. Die BWG spricht von einem Eklat.

Da stand sie vor der längst wieder verwaisten Mehrzweckhalle in Sterbfritz, die Siegerin der Kommunalwahl von März: die Fraktion der Bürgerlichen Wählergemeinschaft (BWG).

Dabei war bereits alles geklärt: Mit der Mehrheit von zehn Sitzen würde die BWG als größte Fraktion den Vorsitz in der Gemeindevertretung übernehmen - unterstützt von den Stimmen der SPD (9) und CDU (6). Beide Parteien hatten darauf verzichtet, einen eigenen Kandidaten aufzustellen.

Bei dieser Sitzung sollte also das alles in Form gegossen werden. Die konstituierende Gemeindevertretersitzung: Ein formaler Akt, bei dem die frisch gewählten Vertreter in ihre Ämter gewählt werden.

Doch der Abend verlief anders. Helmut Nickolai, der als Alterspräsident die erste Sitzung eröffnete, kann sich jedenfalls nicht daran erinnern, dass in Sinntal schon einmal eine konstituierende Gemeindevertretersitzung abgebrochen worden war.

Was war geschehen? Der designierte Kandidat für den Posten, der Sterbfritzer Ortsvorsteher Willi Merx, verfehlte die erforderliche Mehrheit der Stimmen. 12 stimmten für, 13 gegen ihn. Nickolai vertagte die Sitzung. In zwei Wochen sollen die Abgeordneten wieder zusammenkommen.

Ein Raunen ging durch den Saal

Noch kurz zuvor hatte ein Mitglied der SPD-Fraktion beantragt, die Wahl nicht per Hand sondern geheim abzuhalten. Und bald nach der Verkündung des Ergebnisses ging ein Raunen durch den Saal. Die Sitzung löste sich hastig auf.

Geschlossen zurück blieben nur die Mitglieder der BWG-Fraktion, die sich entrüstet über die Vorgänge zeigten. "Ich sehe das als Eklat für Sinntal ", hieß es dort aus einer Ecke, und aus einer anderen: "Die Abmachung wurde nicht eingehalten." Kandidat Willi Merx sah sogar den Wählerwillen missachtet.

BWG-Ortsvorsitzender Mike Richter wittert, auch nachdem er eine Nacht über die Sache geschlafen hatte, Machtspiele hinter den Kulissen: "Hier sollte ein Denkzettel verpasst werden, indem man den Kandidaten demontieren wollte." Dies sei einer demokratischen Partei unwürdig. "Wilhelm Merx ist ein versierter Kommunalpolitiker . Er sucht stets den Ausgleich und bringt damit hervorragende Eigenschaften mit, die verantwortungsvolle Aufgabe eines Vorsitzenden der Gemeindevertretung auszufüllen."

Aber Merx war dann wohl doch nicht der erwünschte Konsenskandidat aller Fraktionen. Lukas Henke, neuer Fraktionsvorsitzender der CDU , stellt klar: "Merx hat sich in den vergangenen Jahren manchmal zu undiplomatisch geäußert." Der Ortsvorsteher genieße wohl deshalb nicht genügend Rückhalt in der Gemeindevertretung.

Wortbruch will sich die CDU nicht vorwerfen lassen: "Wir waren und sind der Meinung, dass die stärkste Fraktion den Vorsitzenden stellt", sagte Henke. Deshalb werde man auch bei nächsten Sitzung keinen Gegenkandidaten aufstellen. Bei einer erneuten Kandidatur Merx sieht Henke allerdings ein Déjà-vu auf die Abgeordneten zukommen.

Oliver Habekost, Fraktionsvorsitzender der SPD , aus deren Reihen der Wunsch nach geheimer Abstimmung kam, vermag in den Ereignissen nichts ungewöhnliches zu erkennen. "Das ist das Ergebnis einer demokratischen Wahl. Es ist Sache der Abgeordneten, eine Wahl zu treffen. Da wird jetzt zu viel hineininterpretiert." Auch er betont, dass mit dem Ergebnis keine Abmachungen gebrochen wurden: "Die BWG wird den Vorsitz bekommen."

"Demokratie erlebbar"

Noch in seiner Eröffnungsrede hatte Bürgermeister Carsten Ullrich die Kooperation in der Vertretung beschworen: "Wir üben hier in Sinntal keine Macht aus. Die Gemeindevertretung ist geprägt von Diskurs und Debatte . Hier wird Demokratie für die Bürger erlebbar."

Dass der Bürgermeister mit seinen Worten noch am selben Abend recht behalten sollte, das dürfte auch ihn überrascht haben. Marius Scherf

 
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