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Bad Brückenau
Willi Herren gestorben: "Bin ein halber Brückenauer"
TV-Star Willi Herren wurde am Dienstag tot in seiner Wohnung aufgefunden. Über viele Monate hinweg kam der gebürtige Kölner immer wieder nach Bad Brückenau in die Betty Ford Klinik. Bei der traditionsreichen Poolparty trat er 2008 in Rupboden auf.
Bei der Poolparty in Rupboden war der Schauspieler und Sänger Willi Herren im Mai 2008 zu Gast. Foto: Lena Berger       -  Bei der Poolparty in Rupboden war der Schauspieler und Sänger Willi Herren im Mai 2008 zu Gast. Foto: Lena Berger
| Bei der Poolparty in Rupboden war der Schauspieler und Sänger Willi Herren im Mai 2008 zu Gast. Foto: Lena Berger
Sebastian Schmitt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 16:48 Uhr

Aus seinen ganz persönlichen und teils schwerwiegenden Problemen im Leben hat Willi Herren niemals ein großes Geheimnis gemacht. Als er von seiner Drogensucht wegkommen wollte, suchte er in den Jahren 2007 und 2008 immer wieder die "My Way Betty Ford Klinik" in Bad Brückenau auf und ließ seinen Entzug von einem Fernsehsender dokumentieren. Er startete viele Anläufe, um seine Abhängigkeit zu besiegen. Phasenweise war er jeden Monat für vier Tage in der Bad Brückenauer Privat-Klinik, um dort Hilfe zu bekommen.

Willi Herren wurde als Schauspieler in der Lindenstraße (1992 bis 2007) deutschlandweit berühmt und startete als schillernder Entertainer eine Karriere am Ballermann auf Mallorca. Der TV-Star, der in ganz unterschiedlichen Reality-Formaten immer wieder das Rampenlicht suchte, wurde nur 45 Jahre alt. Er wurde am Dienstag leblos in seiner Kölner Wohnung aufgefunden. Hinweise auf ein Fremdverschulden gab es laut Polizei nicht.

In Bad Brückenau Rat, Hilfe und Therapie gesucht

Dass ihn ein privater Fernsehsender immer wieder auf dem Weg aus der Sucht begleitete, brachte dem TV-Star allerdings nicht nur Verständnis ein. Willi Herren war seinerzeit allzu oft der Verzweiflung nahe. Er weinte und schluchzte vor den Fernsehkameras und schien mit den Nerven am Ende zu sein. Boulevard-Magazine griffen den verzweifelten Kampf gegen die inneren Dämonen über Wochen und Monate auf. Sein tiefer Fall wurde publikumswirksam verwertet. Dass der damals erst 32-Jährige in Bad Brückenau tatsächlich und ernsthaft Rat, Hilfe und Therapie suchte, geriet in der Berichterstattung des Boulevards fast schon in den Hintergrund.

Er suchte seinerzeit zwar auch ganz bewusst das Scheinwerferlicht, aber er spielte und schlüpfte in keine Rolle mehr, wie er das einst in der Lindenstraße sehr erfolgreich getan hatte. Seine innere Zerrissenheit, seine Selbstzweifel, seine Sucht und seine Hilflosigkeit waren echt. Die Fernsehbilder aus diesen Tagen dürften seinem weiteren Lebensweg mehr geschadet als genutzt haben. Zumindest aber blieb Willi Herren so im Gespräch, auch wenn seine Karriere als ernsthafter Schauspieler nie wieder ins Rollen kommen sollte.

Bei Rhöner Schmuddelwetter auf der Bühne

Je mehr Anläufe Herren in der Betty-Ford-Klinik im Staatsbad in Bad Brückenau nahm, desto stärker wuchs dem Kölner Lebemann die Sinnstadt ans Herz. Als er im Jahr 2008 gefragt wurde, ob er sich bei der traditionsreichen Poolparty in Rupboden einen kurzen Auftritt vorstellen könne, sagte Willi Herren spontan zu. Und der Entertainer hielt sein Versprechen ein, bestieg im August 2008 bei furchtbarem Rhöner Schmuddelwetter die Bühne und gab rund 45 Minuten lang Hits und Schlager zum Besten. Dass am Ende bei nasskalter Witterung die Stimme völlig versagte, lächelte er frech und doch charmant weg. Selbst bei diesem Auftritt machte der gebürtige Rheinländer kein großes Geheimnis daraus, dass er mehrfach im Monat nach Bad Brückenau kommt. "Ich bin schon ein halber Brückenauer", rief er damals den Fans zu.

Die zahlreichen "Ballermann-Hits", die er in Rupboden performte, sollten ihn in den darauffolgenden Jahren auch weiter begleiten. Er war sicherlich kein begnadeter Sänger, aber er gab selbst bei dieser kleinen Poolparty in der Rhön alles auf der Bühne und schonte sich selbst und seine Stimmbänder nicht. Schon damals war der einstige Lindenstraßen-Star immer einen Tick zu laut, zu aufgedreht, zu hastig, zu forsch. Ein bisschen zu albern und zuweilen furchtbar kindisch. Und doch zog er bei seinem Kurzauftritt auch die vielen Skeptiker und "Hater" mit seiner lockeren, flapsigen und aufgeschlossenen Art auf seine Seite.

Intervall-Therapie in Bad Brückenau

Über viele Wochen begleiteten Fernsehteams Willi Herren im Jahr 2008 bei seinem Versuch, die Sucht endlich zu besiegen. Obwohl die mediale Begleitung sein eigener Wunsch gewesen war, schützte ihn das nicht vor dramatischen Szenen, die seine Entzugserscheinungen offenbarten. Später führte er sogar ein Videotagebuch, das noch schonungsloser den verzweifelten Versuch dokumentierte, seelische und körperliche Probleme zu beheben. Dass der schillernde TV-Star die Intervall-Therapie in Bad Brückenau mit vier Tagen Aufenthalt Monat für Monat eigentlich ja für sich selbst und nicht etwa für die Fernsehkameras begonnen hatte, geriet irgendwie in Vergessenheit.

Erst als die TV-Kameras aus Bad Brückenau verschwunden waren, rappelte sich Herren wieder auf. Tatsächlich startete er Monate später als Ballermann-Star noch voll durch und hangelte sich von einer Reality-TV-Show zur nächsten. Zuletzt war er ein Kandidat der TV-Sendung "Promis unter Palmen". Nach dem Tod des Entertainers werden die noch ausstehenden Folgen nicht mehr im Fernsehen zu sehen sein.

Joggen, Spazierengehen oder Einkaufen in Brückenau

Das bewegte Leben von Willi Herren hatte viele Höhen und Tiefen, Skandale und verpasste Chancen. Wie oft der gebürtige Kölner tatsächlich in Bad Brückenau war, lässt sich rückblickend nicht mehr genau einschätzen. Immer wieder wurde er ab dem Jahr 2007 in Bad Brückenau gesehen. Er ging dort Joggen, Spazieren oder auch Einkaufen. Menschenscheu oder zurückhaltend war Willi Herren nie. Während andere prominente Patienten der Betty-Ford-Klinik mit juristischen Mitteln gegen eine Berichterstattung vorgingen, versteckte sich Willi Herren niemals vor den Kameras. Ganz im Gegenteil.

Als im vergangenen Jahr die Corona-Pandemie sämtliche "Ballermann-Stars" in ihrem beruflichen Wirken völlig ausbremste, geriet auch er in finanzielle Nöte . Im Juni 2020 berichtete der TV-Sender RTL über die Privatinsolvenz des Entertainers. Im März 2021 verkündete Jasmin Herren das Aus für ihre Ehe mit Willi Herren. Anfang April hatte der Entertainer unter großem Publikumsinteresse einen eigenen Food-Truck eröffnet. Am 20. April 2021 wurde Willi Herren tot in seiner Wohnung liegend aufgefunden. Er hinterlässt zwei Kinder, eine 18-jährige Tochter und einen 27-jährigen Sohn.

 
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  • info@softrie.de
    Man sucht sich nicht aus, ob man Drogen süchtig wird. Lg
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  • barbara.humm@gmx.de
    Ich durfte ihn ganz kurz persönlich und absolut privat kennenlernen, als eine Freundin von mir an Leukämie erkrankt war und ich sie bis zu ihrem Tod begleitet habe. Er war damals in der Betty-Ford-Klinik und hatte davon zufällig erfahren. Sie war ein totaler Lindenstraßen-Fan und er wollte sie unbedingt besuchen und ihr eine Freude machen. Total aufgeregt zog er sich im Stammzellenzentrum der Uni-Klinik um und verbrachte eine Stunde mit uns. Ohne Starallüren erzählte er von der Serie und von sich, ließ Fotos machen und bestand darauf, dass sein Besuch absolut privat bleiben sollte. Zum Abschied lud er uns zum Set der Lindenstraße ein. Dazu kam es dann nicht mehr, weil meine Freundin die Krankheit nicht überlebte. Es war ein Highlight für sie in dieser schweren Zeit. Dafür bin ich ihm heute noch dankbar und sein Tod macht mich wirklich traurig. Tschüß Willi, mach’s gut und grüß’ meine Betty da oben 😢
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  • saf.wuerzburg@t-online.de
    Ich weiß nicht, wie man jemanden, den Drogensüchtig war und dann auch noch in der Öffentlichkeit stand, hier noch so eine Plattform bieten kann.

    Immerhin hatte er, für eine gewisse Klientel, er gewisse Vorbildfunktion.

    Leider.
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  • makaay69
    die Warheit kann man immer schreiben ,warum was verdrehen ,zu zeigen wie man es nicht machen sollte kann für manche auch sehr lehrreich bzw . "vorbildlich" sein...jeder trifft seine eigene Entscheidungen..
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