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Sulzthal
Sulzthal: Stoppt seltener Greifvogel das Stromprojekt?
Die Wiesenweihe brütet seit Jahren in der Gemarkung Sulzthal. Deshalb sind Gebiete für PV-Freiflächenanlagen ausgeschlossen. Trotzdem wird dort geplant.
Fünf junge Wiesenweihen hat Willi Volkmuth Anfang Juli in einem Feld auf der Sulzthaler Gemarkung fotografiert. Der Vogelschützer beobachtet die streng geschützten Tiere seit Jahren und steckt ihre Brutgebiete ab.       -  Fünf junge Wiesenweihen hat Willi Volkmuth Anfang Juli in einem Feld auf der Sulzthaler Gemarkung fotografiert. Der Vogelschützer beobachtet die streng geschützten Tiere seit Jahren und steckt ihre Brutgebiete ab.
Foto: Willi Volkmuth | Fünf junge Wiesenweihen hat Willi Volkmuth Anfang Juli in einem Feld auf der Sulzthaler Gemarkung fotografiert. Der Vogelschützer beobachtet die streng geschützten Tiere seit Jahren und steckt ihre Brutgebiete ab.
Ralf Ruppert
 |  aktualisiert: 05.11.2024 17:11 Uhr

Die Wiesenweihe ist ein zierlicher Greifvogel, kleiner als Bussarde, größer als Falken. Im Jahr 2004 hat der Sulzthaler Vogelschützer Willi Volkmuth erstmals ein Brutpaar nahe seinem Heimatort entdeckt, danach ging es unregelmäßig weiter.

Seit 2014 gibt es eine konstante Population des in Deutschland stark gefährdeten Vogels, mindestens einen Brutplatz, oft sogar mehrere pro Jahr hat Willi Volkmuth entdeckt und geschützt, denn: Die Wiesenweihe ist ein Bodenbrüter.

Nester immer öfter in Getreidefeldern

Ursprünglich nistet sie in Mooren und Feuchtwiesen, weil es die aber immer seltener gibt, weicht sie auf Getreidefelder aus. In der Sulzthaler Flur führt das zum Konflikt mit der geplanten Freiflächen-Photovoltaikanlage.

Willi Volkmuth beobachtet und betreut seit Jahrzehnten Tiere für den Landesbund für Vogelschutz. Bei der Wiesenweihe sei der Schutz besonders wichtig: „Wenn wir ein Nest finden, stellen wir Schutzzäune auf“, berichtet er. Das halte Nesträuber ab. Vor der Ernte werde dann ein größerer Bereich ums Nest abgesperrt, damit der Mähdrescher die Jungvögel nicht tötet. „Der Landwirt erhält dafür eine Entschädigung.“

Sonst am Reichlesbrünn, heuer weiter weg

Schon mehrfach gebrütet haben Wiesenweihen am sogenannten Reichlesbrünn, in diesem Jahr habe er zwei Gelege am weiter entfernten Hutzelofenweg gefunden. Der Reichlesbrünn ist unmittelbar unterhalb der geplanten Freiflächen-PV-Anlage.

In der aktuellen Fassung ihrer Planungshilfe weist die Regierung von Unterfranken um alle bekannten Brutplätze von Wiesenweihen einen 500 Meter großen Kreis als Sperrgebiet für PV-Anlagen aus. Auf der im Internet einsehbaren Karte sind die Äcker östlich der Kreuzkapelle rot markiert und somit als Bereich mit „hohem Raumwiderstand“ gekennzeichnet.

„Unverbindlich, aber fachlich fundiert“

„Wir wollten den Kommunen zwar rechtlich unverbindliche, aber fachlich fundierte Karten zur Verfügung stellen, damit keine Planung gegen die Wand fährt“, fasst Oliver Weidlich den Sinn der Planungshilfe zusammen. Weidlich leitet das Sachgebiet Raumordnung, Landes- und Regionalplanung der Regierung von Unterfranken .

Bei allen roten Flächen rate er Gemeinden dringend davon ab, Bauleitverfahren zu beginnen. „Man kann viel Zeit und Geld sparen.“ Immerhin gebe es genügend grüne, also konfliktarme Flächen. Als weitere Abstufung sind Flächen mit mittlerem Raumwiderstand gelb markiert. „Auf den gelben Flächen gibt es Probleme, die vielleicht zu überwinden sind“, sagt Weidlich. Allen Kommunen sei die Planungshilfe bekanntgemacht worden.

Potentialanalyse der BBV-Landessiedlung

Die Verwaltungsgemeinschaft (VG) Euerdorf verweist auf eine Potenzialanalyse der BBV-Landessiedlung, einer Tochtergesellschaft des Bayerischen Bauernverbandes . Anfang 2021 habe ein Investor Interesse an dem Projekt bekundet. Im Dezember 2021 habe der Gemeinderat die PV-Potenzialanalyse für das gesamte Gemeindegebiet in Auftrag gegeben.

„Das Gutachten wurde auf Grundlage der Geodatenbank Bayern, die auch die Daten der Planungshilfen PV umfasst, erstellt“, berichtet Michael Unsleber von der VG Euerdorf. Darin sei auch die „Habitateignung für Feldvögel“ geprüft worden.

Bisher keine Kosten entstanden

„Das Gutachten weist das besagte Plangebiet am Brachberg als ,PV-Potenzialfläche‘ aus, was den Marktgemeinderat bewogen hat, das Projekt zuzulassen“, berichtet Unsleber. Bislang gebe es lediglich einen Beschluss, dass ein Bebauungsplan für eine PV-Anlage dort auf den Weg gebracht wird: „Kosten sind dem Markt Sulzthal bisher keine entstanden“, stellt Unsleber klar.

Wie es trotz der roten Markierung im Plan der Regierung von Unterfranken zu der Einstufung als PV-Potenzialfläche kommt, konnte Stephanie Göbet, Leiterin der BBV-Landessiedlung Würzburg, gestern auf Nachfrage nicht beurteilen.

Analyse ist kein Gutachten

Sie betonte, dass es sich bei der Potenzialanalyse um kein Gutachten handle, sondern eine Einschätzung auf der Grundlage damals bekannter Daten. Ob das Brutgebiet der Wiesenweihe 2022 bereits bekannt war, könne sie heute nicht sagen, der Sachbearbeiter sei aktuell im Urlaub.

Zudem müsse auch die Situation vor Ort betrachtet werden, aus ihrer Sicht sei das Brutgebiet der Wiesenweihe „kein richtig hartes Ausschlusskriterium“.

Bauleitplanung noch nicht begonnen

Die Untere Naturschutzbehörde stellt klar, dass das Landratsamt bisher nicht offiziell eingeschaltet ist: „Dem Landratsamt ist zwar bekannt, dass der Markt Sulzthal eine Bauleitplanung für eine Freiflächen-PV-Anlage ins Auge gefasst hat“, verweist die Pressestelle auf den entsprechenden Aufstellungsbeschluss.

„Ein offizielles Verfahren liegt beim Landratsamt aber derzeit noch nicht vor, da bislang noch keine Anhörung beziehungsweise Behördenbeteiligung seitens der Gemeinde durchgeführt wurde.“ Der Wiesenweihe-Brutschwerpunkt sei zwar dokumentiert, Aussagen zu erforderlichen Ausgleichs- oder Vermeidungsmaßnahmen seien aber erst möglich nach Einsicht der artenschutzrechtlichen Prüfung, die wiederum Voraussetzung für eine Bauleitplanung sei.

Unabhängig von Grundstückseigentümern

„Dem Landratsamt ist nicht bekannt, wer der oder die Eigentümer der betroffenen Flächen sind. Dies spielt bei der Abgabe der fachlichen Stellungnahmen und bei der Bewertung des Vorhabens keine Rolle“, stellt das Landratsamt zudem klar, dass es keine Rolle spiele, dass eine der Flächen Bürgermeister August Weingart gehört. Über das weitere Vorgehen entscheide die Gemeinde im Rahmen ihrer kommunalen Planungshoheit .

„Ich bin an dem Verfahren nicht beteiligt“, stellt auch Bürgermeister und Mit-Eigentümer August Weingart klar. Er wisse nur, dass die Fläche in der Potenzialanalyse als geeignet eingestuft worden sei. Das Vorkommen der Wiesenweihe kenne er, unter anderem sei der Breitbandanschluss der Aussiedlerhöfe zu deren Brutzeit ausgesetzt worden.

Investor wartet Bürgerbefragung ab

Investor GP Joule verweist auf Nachfrage darauf, dass ein Biologe bei der artenschutzrechtlichen Prüfung das Vorkommen der Wiesenweihe zwar dokumentiert habe, „allerdings nicht auf unserer Planungsfläche, sondern in 1,3 Kilometer Entfernung“. GP Joule warte nun das Ergebnis der geplanten Bürgerbefragung ab: „Danach wird entschieden, ob das Projekt in das Bauleitverfahren eintritt oder nicht.“ Dazu gehöre dann auch die Anhörung der sogenannten Träger öffentlicher Belange und eine Umweltprüfung.

Und was sagt Willi Volkmuth? Er befürchtet, dass die Wiesenweihe durch eine 18 Hektar große PV-Anlage beeinträchtigt wird: Unter den Modulen könnten sich zwar viele Pflanzenarten entfalten, aber die Wiesenweihe werde dort sicher weder jagen noch brüten.

Gemeinderat beschließt Bürgerbefragung

Der Sulzthaler Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung am Montagabend beschlossen, dass es eine unverbindliche Bürgerbefragung zur geplanten Freiflächen-PV-Anlage an der Kreuzkapelle (siehe Bericht links) geben soll.

Betreut hatte das Thema bisher 2. Bürgermeisterin Gabi Dehmer ( SPD ), weil Bürgermeister August Weingart als Mitgrundstückseigentümer und sein Sohn Jens (beide CSU) wegen persönlicher Beteiligung von der Beratung und Beschlussfassung zu dem Thema ausgeschlossen sind.

Einfache Fragestellung

Weil Gabi Dehmer bei der Sitzung nicht anwesend war, leitete ihr Fraktionskollege Ludwig Edelmann den Tagesordnungspunkt. Die Befragung sei an keine formellen Regeln gebunden und diene dem Gremium zur Information und Meinungsbildung.

Die Befragung soll laut Edelmann einfach gehalten werden: „Soll die Anlage errichtet werden?“, laute die Frage, die mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten ist.

Bereits ab dem 16. Lebensjahr

Teilnahmeberechtigt seien alle Einwohnerinnen und Einwohner mit Hauptwohnsitz in Sulzthal , die das 16. Lebensjahr vollendet haben.

Die Stimmberechtigten erhalten die Abstimmungsunterlagen per Brief und können die Stimmzettel in der Gemeindekanzlei oder im Verwaltungsgebäude in Euerdorf bis zum Tag der Landtagswahl, 8. Oktober, wieder abgeben.

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