
Ob das ein Zufall ist? Ausgerechnet kurz vor dem Brückentag nach dem 3. Oktober (Tag der Deutschen Einheit) präsentierte die Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken eine ernüchternde Brücken-Bilanz: 3.786 Autobahnüberführungen mit mindestens 50 Metern Länge gebe es in Deutschland; 43 davon attestiere man den Zustand "ungenügend", heißt es in einer Pressemitteilung.
Acht dieser maroden Brücken stehen in Bayern, zwei davon zieren die A7 bei Bad Brückenau. Bekannt sind sie als Römershager Talbrücke. Ausgerechnet dort herrscht aber bei Abriss und Neubau Stillstand. Wie lange geht das noch gut?
Prüfstatistik: Römershager A7-Brücken "ungenügend"
Das Doppelbauwerk stellt schon länger eine Baustelle dar. Es besteht aus zwei Teilüberführungen, eine für die Richtungsfahrbahn Fulda, die andere für die Fahrtrichtung Würzburg. Über die Teilbrücke Richtung Fulda fließt schon seit eineinhalb Jahren kein Autobahnverkehr mehr; sie wurde gesperrt, der gesamte Strom an Pkw, Lastwagen und Bussen auf die Würzburger Teilbrücke verlegt.
Nun erhalten beide Teilüberführungen laut Bundesgütegemeinschaft, die sich auf die bundesweite Brückenstatistik der Bundesanstalt für Straßenwesen (BaSt) beruft, jeweils eine Note von 3,5. Das bedeutet: "ungenügend".
Es geht aber noch schlechter; Deutschlands marodeste Autobahnbrücke ist laut Statistik Teil des Autobahnkreuzes Meckenheim zwischen A61 und A565 in Nordrhein-Westfalen. Ihre Bewertung: 3,7. Aber die Römershager Teilbrücke(n) scheinen nicht weit davon weg. "Ungenügend" bedeutet laut Pressemitteilung: "„Die Standsicherheit und/oder
Verkehrssicherheit sind erheblich beeinträchtigt oder nicht mehr gegeben."
Bauunternehmen für Abbruch gefunden
Was sagt die für die Talbrücke Römershag verantwortliche Autobahn GmbH des Bundes dazu? Eigentlich sollte der Abriss der Fahrbahn Richtung Fulda schon 2023 erledigt sein, der Wiederaufbau längst begonnen haben. Doch unterschiedliche Vorstellungen des Ablaufs führten zum teilweisen Bruch mit dem beauftragten Generalunternehmer Habau Group (wir berichteten). Zumindest der Abriss musste neu ausgeschrieben werden.
Nun teilt die zuständige Niederlassung Nordbayern der Autobahn GmbH in Nürnberg auf Anfrage mit: "Es wurde ein anderer Auftragnehmer mit der Abbruchleistung der alten Brücke beauftragt." Die planerischen Vorbereitungen des Abbruchs würden laufen. Nach deren Abschluss sollen die Abbrucharbeiten möglichst zeitnah aufgenommen werden.
Abbruch der Römershager Talbrücke noch 2024
"Wir planen den Beginn des Abbruchs des Teilbauwerks der Richtungsfahrbahn Fulda voraussichtlich noch in diesem Jahr", verkündet die Pressestelle und nennt Details zum weiteren Bauablauf:
"Das Teilbauwerk der Richtungsfahrbahn Würzburg wird vom Verkehr entlastet, sobald das Bauwerk der Richtungsfahrbahn Fulda neu errichtet ist und unter Verkehr genommen werden kann." So lange erfolge eine engmaschige Überwachung des Gesamtbauwerks in Form von Sonderprüfungen.
Doch reicht wie lange reicht die "Kraft" der Römershager Talbrücke noch? Müssen sich die Zehntausenden Autofahrer, die sie täglich passieren, sorgen machen, dass sie zusammenklappt wie jüngst die Carolabrücke in Dresden?
Autobahn GmbH: "Autobahnbrücken sind sicher"
"Die Autobahnbrücken sind sicher", schreibt die Autobahn GmbH dazu. Man gehe nicht davon aus, dass die Römershager Talbrücke wirklich aus Gründen der Stand- und Verkehrssicherheit gesperrt werden müsse oder gar zusammenbreche.
Aber: Die intensive Beanspruchung der vergangenen Jahrzehnte, vor allem durch den zunehmenden Schwerverkehr, habe Spuren hinterlassen. Nicht nur die Zahl der Schwertransporte habe zugenommen; auch das Gesamtgewicht der Fahrzeuge und die Achslasten seien gestiegen.
Das Thema Brückenmodernisierung sei daher eine der vordringlichsten Zukunftsaufgaben der Autobahn GmbH. Deutschlands Autobahnbrücken würden regelmäßig und intensiv nach erprobten Normen und Verfahren geprüft. "Wir haben die von Ihnen genannte Brücke somit immer im Blick; die Verkehrsteilnehmer müssen sich hier keine Sorgen über die Sicherheit unserer Brücken machen."
Noten nur bedingt aussagekräftig für Standfestigkeit
Die von der Bundesgütegemeinschaft aufgeführten Zustandsnoten nennt die Autobahn GmbH "nur ein Hilfsmittel für die Planung von Erhaltungsmaßnahmen". Da sich diese Noten aus unterschiedlichen Kategorien zusammensetzen, könne eine schlechtere Bewertung zum Beispiel auch durch Schäden an der Fahrbahn oder dem Geländer ausgelöst werden, ohne dass die Standsicherheit gefährdet sei. Würden sicherheitsrelevante Schäden festgestellt, treffe man natürlich umgehend Maßnahmen, so die Nürnberger Pressestelle.
Die Niederlassung Nordbayern zieht schließlich Bilanz über die Brückenerneuerungen entlang der A7 in Gesamt-Unterfranken. Im Zuständigkeitsbereich sei man in den vergangenen Jahren intensiv tätig geworden. "Zum Beispiel wurden die Talbrücken Pleichach, Rothof, Klöffelsberg, Schraudenbach, Sinntal und Kürnach bereits vor einiger Zeit fertiggestellt." Die Talbrücken Thulba, Werntal und Stettbach befänden sich aktuell ebenfalls in Bau. "Bei allen Brücken im Zuge der A7 zwischen dem Autobahnkreuz Biebelried und der Talbrücke Thulba läuft der Verkehr zudem bereits jeweils über das neue, den heutigen Ansprüchen entsprechende Teilbauwerk ohne Beschränkungen."
Schlechte Bewertung auch für Grenzwaldbrücke
Für die zwei Teilbauwerke der Mainbrücke Marktbreit (Landkreis Kitzingen) laufe aktuell das Planfeststellungsverfahren zur Erlangung von Baurecht, ebenso für die Grenzwaldbrücke bei Speicherz.
Apropos: Das Magazin "quer" hatte auf seiner Facebook-Seite just zum "Brückentag" die Grenzwaldbrücke den acht als "ungenügend" eingestuften bayerischen Brücken zugerechnet: wahrscheinlich ein Irrtum. Aber mit 3,0 fällt auch ihre Bewertung nicht gerade gut aus. Ab 2027 soll sie abgerissen und neu errichtet werden.