Höhen und Tiefen gibt es im Leben eines jeden Menschen zu bestehen. Ob als Nonne in einem Kloster, oder als Familienmitglied in einer ehelichen Gemeinschaft. Seit 50 Jahren ist Schwester Werenfried Ordensfrau. Ihre Mutter hatte sich von einem ihrer sechs Kinder gewünscht, dass eines davon in einen Orden eintritt. Wie die Oberin der St. Josefskongregation in Maria Bildhausen im Orden ihr Zuhause fand, das erzählte sie in einer sehr privaten Folge der Reihe „Geschichten im Kloster“.
Sie kann sich noch gut an ihre ersten Besuche im Kloster Bildhausen erinnern. Das war in den sechziger Jahren, als noch keine asphaltierten Straßen durch die ehemaligen Klostermauern führten. Im Matsch mussten die Nonnen ihre Tracht hochhalten, damit nicht ständig die Dreckspuren zu beseitigen waren. Als Schwester Werenfried im Jahre 1981 erstmals für einige Jahre nach Bildhausen kam, da wurde schon längst fleißig gebaut. Und auch die Straßen waren befestigt. Zu tun gab es für die Ordensfrau aber noch genug. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
In der Reihe „Geschichten im Kloster“ beantwortete Schwester Werenfried Söffge, seit 2007 Oberin des Konvents Maria Bildhausen, die Fragen von Anton Then, der sich wieder einmal eine interessante Gesprächspartnerin für einen Sonntagnachmittag bei Kaffee und Kuchen im Abteigebäude ausgesucht hatte. Denn Schwester Werenfried gab einen offenen Einblick in ihr Leben im Orden der St. Josefskongregation.
Geboren und aufgewachsen ist Schwester Werenfried, deren Taufnamen Gertrud lautet, im Südschwarzwald. Auf einer Radtour nach Obernburg erlebte sie in einem Gottesdienst den belgischen Prämonstratenserpater Werenfried van Straaten. Der war in den Nachkriegsjahren auf der Suche nach Nahrungsmitteln für die aus den Ostgebieten vertriebenen Deutschen. Der „Speckpater“ wie er genannt wurde, gründete später die „Ostpriesterhilfe“, die heute als Hilfsorganisation „Kirche in Not“ einen hohen Bekanntheitsgrad genießt. Als die junge Gertrud ihre Ausbildung zur Werklehrerin in Ursberg, dem Mutterkloster von Bildhausen, absolviert hatte, wurde sie als Ordensfrau eingekleidet und erhielt einen neuen Namen. „Da habe ich mich an den Speckpater erinnert und habe einfach Werenfried gewählt“, sagt sie. So wurde aus Gertrud die Schwester Werenfried.
Anton Then fragte offen danach, ob Schwester Werenfried an ihrem mehr als 50-jährigen Leben im Orden nicht auch mal gezweifelt habe. Ob sie sich nicht ebenso hätte vorstellen können, eine Familie zu gründen. Die Oberin lächelte auf diese Frage nur und antwortete mit einem Gleichnis zum Thema Zweifel: „Wenn ein Baum geschüttelt wird, dann streckt er eben die Wurzeln ein wenig tiefer“.
Schwester Werenfried erlebte in den sechziger Jahren bei ihren ersten Besuchen in Bildhausen noch rund 40 Ordensfrauen, die allesamt in den Behinderteneinrichtungen arbeiteten. Heute sind es nur noch fünf, von denen eine zurzeit zur Rehabilitation in Ursberg ist. Aus Altersgründen arbeitet keine mehr in den Werkstätten der Betreuung mit. „Aber diese eine Schwester, die kommt schon wieder“, ist sich Schwester Werenfried sicher.
Auf Thens Frage, ob sie denn keine Angst habe, dass künftig keine Schwester mehr im Kloster anzutreffen sei, antwortete Schwester Werenfried diplomatisch: „Ich kann die Situation nur so nehmen, wie sie ist. Ob tatsächlich einmal neue Schwestern kommen werden, bleibt abzuwarten“, sagte sie und zitierte den Ordensgründer Dominikus Ringeisen: „Zukunftssorgen sind Gottessorgen. Wer sie auf sich nehmen will, den werden sie erdrücken!“