Seit zwei Jahren lenkt Patricia Schießer die Geschicke von Euerdorf (Lkr. Bad Kissingen). Eine Seltenheit in Bayern. Weniger als acht Prozent der Gemeinden im Freistaat werden von Frauen regiert. Das ist weniger, als der weibliche Anteil in Land- und Bundestag beträgt. Nun trafen sich Bürgermeisterinnen aus den Regierungsbezirken des Freistaats in Bad Brückenau, um Lösungen zu suchen.
Ihre kommunalpolitische Karriere startete Patricia Schießer eher zufällig. Vor der Wahl 2002 tat sich der Bürgermeisterkandidat ihrer jetzigen Vereinigung (CSU/Freie Wählergemeinschaft) im Ort um. Er klingelte auch bei Familie Schießer und fragte ihren Mann, ob er nicht auf der Liste kandidieren wolle. Der lehnte ab. Doch dann erwähnte er, dass man doch seine Frau fragen könne.
Männer sind besser vernetzt
Gesagt getan. Patricia Schießer war nicht abgeneigt; der Familienrat tagte – und gab grünes Licht. Die Euerdorferin ließ sich aufstellen und wurde in den Gemeinderat gewählt.
Bald merkte die Industriekauffrau, dass die Kommunalpolitik sie interessierte. 2008 wurde sie stellvertretende Bürgermeisterin und bekam ein Projekt übertragen – den Aufbau eines Museums. Schießer setzte sich mit Förderbedingungen auseinander, kämpfte im Ort für ihr Vorhaben. Ein zweites Projekt – den Neubau des Kindergartens – brachte sie gemeinsam mit ihrem jetzigen Vorgänger voran. Und seit zwei Jahren steht sie nun selbst an der Spitze in Euerdorf. Karrieren wie die von Patricia Schießer – da waren sich alle Bürgermeisterinnen bei dem Treffen in Bad Brückenau einig – gibt es viel zu wenige im Freistaat. Das liege nicht daran, dass Männer Frauen in der Politik nicht ernstnehmen würden. Oder sie in ihrem Aufstieg behinderten. Oder dass Wähler keine Frauen in politischen Positionen wollten.
Für Christine Borst, Gemeindechefin von Krailling im Landkreis Starnberg und Sprecherin des Arbeitskreises der Bürgermeisterinnen, geht es ums „Sich-Trauen“. Viele Frauen würden sich fragen: Wie kann ich ein politisches Amt mit meiner Familie, der Erziehung der Kinder, in Einklang bringen. Es ist ein großes Ziel des Arbeitskreises, gerade junge Frauen zu ermutigen, den entscheidenden Schritt in die Kommunalpolitik zu wagen.
Ein weiteres: die Kommunalpolitikerinnen besser zu vernetzen. „Das können Männer besser als wir“, sagte Borst in Bad Brückenau.
Für Bürgermeisterinnen sei es oft schwierig: Häufig seien sie die einzigen unter vielen männlichen Kollegen in einem Landkreis, die nächste Ortschefin sitze viele Orte weiter.
Für Gastgeberin Brigitte Meyerdierks aus Bad Brückenau, war das Treffen in ihrer Stadt bestes Beispiel dafür, wie Vernetzung funktioniert. „Wir haben festgestellt, wieviel wir uns zu sagen haben.“ Da sei es um für alle bedeutsame Themen gegangen, wie etwa Leerstand. Aber auch das Verschiedensein der Orte habe sich gezeigt; der Unterschied von reichen und armen, von großen und kleinen Gemeinden. „Ich habe mir Notizen gemacht, was man in einer Stadt so machen kann.“
Einig waren sich alle Teilnehmerinnen: Frauen führen anders als Männer. Sie setzen mehr auf Ausgleich, auf Vermittlung. „Schwierige Charaktere“ sollen mitgenommen werden. Ein großes und ein kleineres Treffen will der Arbeitskreis pro Jahr veranstalten. Das nächste Mal sieht man sich in Abensberg in Niederbayern. Dort regiert zwar ein Mann. Aber er leitet immerhin den Bayerischen Gemeindetag.