Ein Lidl in Elfershausen? Nein! In der beschaulichen Marktgemeinde unweit von Bad Kissingen gibt es keine frische Konkurrenz zum „Tante Enso“-Laden. Dass ausgerechnet in unmittelbarer Nähe des Lebensmittel-Ladens das Logo des Discounters die Breitseite eines Vehikels zierte, hat ganz andere Ursachen – rein sportliche.
Was sich in den vergangenen zwei Tagen auf dem Parkplatz des Hotel Ullrich mit dem pittoresken Blick auf die Trimburg abspielte, sprach sich jedenfalls schnell herum im Ort. Überdimensionierte Fahrzeuge, Mechaniker und austrainierte Radsportler auf Hightech-Rädern sorgten für ein ganz und gar ungewohntes Dorf-Motiv.
Tour-Start im nahen Schweinfurt
Der Zusammenhang mit der Deutschland-Tour, die am Mittwoch im nahen Schweinfurt mit einem Prolog über 2,9 Kilometer startete, war offensichtlich. Ein Anruf beim Veranstalter bringt die Bestätigung. Dass Radsport-Teams in der näheren Umgebung des Etappen-Ortes untergebracht seien, wäre nicht die Ausnahme, sondern eher der Normalfall angesichts der logistischen Dimensionen dieses Radsport-Klassikers. Im aktuellen Falle handelt es sich um 20 Profi-Teams, die es unterzubringen gilt, im besten Fall so nah wie möglich am Start- und/oder Zielort.
Um die 30 Kilometer sind es von Elfershausen nach Schweinfurt, und damit in einer für alle Beteiligten akzeptablen Entfernung. Bis zu 50 Kilometer wären tolerierbar, ließ der Veranstalter auf Nachfrage wissen. Was die Unterkunft leisten müsse? Strom und Wasser sollten vorhanden sind, hieß es humorvoll am anderen Ende der Leitung. Sonderwünsche gibt es nicht, zumal die Profi-Teams meist über eigene Köche, Ernährungsberater und Physiotherapeuten verfügen, also nur ihr jeweiliges Zimmer-Kontingent im Blick haben müssen.
Für das Personal im Hotel Ullrich ist der Umgang mit Sportlern Routine, weil insbesondere Fußballvereine die geografisch zentrale Lage und den nahen FC-Sportplatz schon für Trainingslager oder einen Kurz-Aufenthalt auf der Durchreise nutzten.
Die Deutschland-Tour endet am Sonntag in Saarbrücken
Diesmal hatten sich für zwei Tage die Radsport-Teams von Red Bull/Bora Hansgrohe, Lidl Trek, Uno-X Mobility sowie Alpecin-Deceuninck in Elfershausen einquartiert, ehe der Tross weiterzog Richtung Heilbronn, dem Zielort der ersten Etappe. Am Sonntag endet die Deutschland-Tour in Saarbrücken.
Wer sich traute, kam auf dem Hotel-Parkplatz in den Smalltalk mit den Profis. Wobei zunächst abzuklopfen war, ob die Konversation auf deutsch oder englisch erfolgen konnte angesichts der Internationalität des Fahrerfeldes. Von etwaigen Sicherheitskräften abgeschirmt wurden die Pedaleure jedenfalls nicht. Auch nicht bei ihrer kleinen Ausfahrt am Mittwochmorgen. „Wir fahren jetzt so 20 bis 25 Kilometer“, ließ ein Fahrer aus dem Team Red Bull/Bora Hansgrohe wissen.
Ein Anschwitzen also, um den Kreislauf auf Betriebstemperatur zu bringen für das Zeitfahren, das am frühen Nachmittag Jonathan Milan vom Team Lidl Trek gewann, mit einer Sekunde Vorsprung auf den Teamkollegen Mads Pedersen. Also aus einem jener Teams, die in Elfershausen logierten. Für die 2,9 Kilometer benötigte der 23-Jährige 3:16,31 Minuten, was einer Durchschnitts-Geschwindigkeit von 53,18 Kilometern pro Stunde entspricht.
Später am Nachmittag waren kleine Gruppen überraschend in umgekehrter Richtung zu beobachten, offensichtlich auf der Rückfahrt von Schweinfurt. Die Kürze des Prologs und das schöne Wetter nutzten die Profis, um zumindest einen kleinen Teil des Saaletals aus der Zweirad-Perspektive kennenzulernen.
