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Würzburg
Bombennacht von Würzburg: Wie ein Roman historische Ereignisse und Fiktion vereint
In diesem Jahr jährt sich zum 80. Mal die Bombennacht von Würzburg. In Prof. Alexander Meinings Roman „Der alte Mann vom Main“ vermischt sich Fiktion mit realen Geschehnissen.
„Der alte Mann vom Main“ von Alexander Meining       -  Cover des Romans „Der alte Mann vom Main“ von Alexander Meining
Foto: Gmeiner Verlag | Cover des Romans „Der alte Mann vom Main“ von Alexander Meining
Sigismund von Dobschütz
 |  aktualisiert: 25.03.2025 02:36 Uhr

Nur wenige Wochen vor Ende des Zweiten Weltkriegs erlebte die Stadt am 16. März 1945 zwischen 21:25 Uhr und 21:42 Uhr ihren schwersten Luftangriff, an den seitdem in jedem Jahr zur selben Abendzeit die Kirchenglocken der Stadt erinnern.

Zunächst sprengten 256 Sprengbomben und Luftminen die Dächer und Fenster der Häuser im Stadtzentrum , anschließend entfachten 300 000 Stabbrandbomben ein verheerendes Feuer. Am nächsten Morgen waren 90 Prozent der historischen Altstadt zerstört und 5 000 Menschen gestorben.

Bombardierung fest im Gedächtnis verankert

„Die Bombardierung Würzburgs ist fest im kollektiven Gedächtnis verankert. Weit weniger bekannt ist jedoch das, was nur gut zwei Wochen nach diesem Luftangriff folgte“, hat der Gastroenterologe Prof. Dr. Alexander Meining, seit 2019 in Würzburg stellvertretender Direktor am Universitätsklinikum sowie Schriftsteller historischer Romane, festgestellt.

Prof. Dr. Alexander Meining       -  Der Würzburger Schriftsteller und Arzt Prof. Dr. Alexander Meining (57)
Foto: Elke Kunkel | Der Würzburger Schriftsteller und Arzt Prof. Dr. Alexander Meining (57)

„Als ich dann noch erfuhr, dass die alte Mainbrücke von den Würzburgern damals selbst zerstört wurde, wollte ich genauer wissen, was in den Tagen nach der Bombardierung passierte.“

Zeitsprung ins Jahr 1945

Ging es in Meinings bisherigen drei Würzburg-Krimis um die königlich-bayerische Zeit kurz vor 1900, macht er nun in seinem neuen, im Februar beim Gmeiner Verlag veröffentlichten Roman „Der alte Mann vom Main“ anlässlich des 80. Jahrestages dieser Kriegsereignisse einen Zeitsprung ins Jahr 1945.

In der fiktiven Handlung um Tod und Trauer, Zuneigung und Zuversicht begegnet uns der pensionierte Staatsanwalt Walter Gänslein (75), der die Bombennacht zwar überlebt, aber seine Wohnung am Main-Ufer verloren hat und nun obdachlos auf der Suche nach Kleidung und Nahrung durch die Straßen der Würzburger Altstadt streift.

Eine aussichtslose Schlacht

„Warum gerade Würzburg, die Stadt der Kirchen, Universitäten und Krankenhäuser, nahezu vollständig zerstört wurde, war für ihn jetzt nicht mehr von Belang.“ In der Ruine des Hotels Rebstock trifft er auf die wenige Jahre jüngere Witwe Henriette aus Frankfurt.

Er will sie zu ihrer Cousine nach Randersacker begleiten, doch auf dem Weg werden sie von zwei Hitlerjungen getrennt: Auch alte Männer wie Gänslein sollen auf Befehl des Führers in einer aussichtslosen Schlacht die US-Army aufhalten. „Auf dem Galgenberg, dem Hügel östlich der Würzburger Innenstadt, … versammelte man die zum Volkssturm verpflichteten alten Männer wie ihn. Manche waren fanatische Nationalsozialisten, viele aber auch Säufer und Landstreicher.“

Rache für die Zerstörung ihrer Heimatstadt

Zwar hatte Gauleiter Otto Hellmuth (1896 bis 1968) sich schon am 28. März mit seiner Familie aus der Stadt abgesetzt, „noch bevor sein Aufruf an die Würzburger Bevölkerung [zum Volkssturm] in der Zeitung erschienen war.“

Doch ihm hatte Stadtkommandant Oberst Richard Wolf (1894 bis 1972) noch am selben Tag versichert: „Wir werden ab sofort alles in die Schlacht schicken, vom Knaben bis zum Greis. … Würzburg darf nicht fallen!“

„Am Morgen des 2. April, es war der Ostermontag, verließ die Behelfsarmee aus Greisen, Knaben und Säufern die provisorische Kaserne und zog in den Krieg“, liest man im Buch. „Sie wollten erbarmungslos kämpfen und Rache üben. Rache für die Zerstörung ihrer Heimatstadt und Rache für die vielen deutschen Toten.“

Historisch dokumentierter Ablauf

Im weiteren Verlauf schildert der Autor nun in Einzelheiten – geschickt eingebettet in die fiktive Romanhandlung – den historisch dokumentierten Ablauf des viertägigen Volkssturm-Kampfes vom 2. bis 5. April. Meining: „Nahezu alle Details der Eroberung sind in einem 1946 von der US-Army herausgegebenen Buch über den Einsatz der 42. Rainbow Division unter dem Oberbefehl von Brigadegeneral Harry Collins (1895 bis 1963) und deren 242. Infantry Regiment unter Colonel Norman Caum (1896 bis 1974) nachzulesen und wurden so von mir übernommen.“

Dank dieser ausführlichen Dokumentation erfahren wir, wie die Amerikaner von der Festung Marienberg zunächst mit ersten Soldaten im Ruderboot über den Main, dann mit größerer Truppe über die halbwegs wiederhergestellte Löwenbrücke in die Altstadt vordringen und Straße für Straße erobern – immer in Gefahr, von fanatischen Volkssturm-Kämpfern aus dem Hinterhalt angegriffen zu werden.

Fiktion und reale Ereignisse

Nach vier Tagen war am 5. April 1945 die Schlacht um Würzburg beendet. Die 42. Rainbow-Division hatte knapp 70 Opfer zu beklagen. Auf deutscher Seite waren nach den 5 000 Toten durch die Bombardierung der Stadt weitere 3 500 Würzburger beim Volkssturm-Einsatz gestorben, nur weil verblendete Nazis wie Oberbürgermeister Theo Memmel (1891 bis 1973), Organisator des Volkssturms, nicht aufgeben wollten.

Wie schon in seinen früheren Werken vermischte der Würzburger Autor auch im neuen Roman „Der alte Mann vom Main“ wieder Fiktion mit realen Ereignissen. „Dadurch werden meine Figuren lebendig und lassen uns die Historie besser verstehen.“

Das Schreiben sorgt bei Prof. Alexander Meining nach eigener Aussage für den nötigen Ausgleich zu seinem „manchmal doch recht stressigen Beruf“. Umgekehrt hilft ihm seine ärztliche Tätigkeit wiederum beim Schreiben, analytisch zu denken und präzise Erkenntnisse und Ereignisse zu beschreiben. Dies ist ihm auch diesmal wieder gelungen.

Informationen zum Buch: Alexander Meining: „Der alte Mann vom Main“, Gmeiner Verlag, Taschenbuch, 224 Seiten, Preis: 13 Euro, ISBN 978-3839207598

 
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