
Eigentlich begann alles bereits 1909, als die Mitglieder der 1906 neu gegründeten Alpenvereinssektion Bad Kissingen beschlossen, einen unantastbaren Hütten- und Wegebaufonds zu schaffen. 1912 war der Fonds bereits auf 300 Mark angewachsen. Über seinen Verbleib ist allerdings nichts bekannt, schreibt Ehrenvorsitzender Heinz Steidle in seinem Bericht über die Geschichte der Kissinger Hütte. Es kamen die Zeiten des 1. und 2. Weltkrieges, in denen das Sektionsleben praktisch zum Erliegen kam. Beim Neuaufbau der Sektion 1948 hatte man andere Sorgen als den Bau oder Erwerb einer Hochgebirgshütte.
Das änderte sich 1987, als mit der Nachbarsektion Main-Spessart eine Patenschaft zur Essen-Rostocker Hütte vereinbart wurde. Nun hatte man ein Aufgabengebiet in den Hohen Tauern und konnte sich engagieren. 1992 bot die Sektion Ludwigsburg ihre Pfrontner Hütte zum Verkauf an und „nach eingehender Beratung teilten wir mit, dass an einem Erwerb Interesse besteht“, erinnert sich Steidle.
Delegation reist zur Hütte
Schon im Januar 1993 machte sich eine 14-köpfige Delegation auf den Weg ins Tannheimer Tal, um die Hütte zu besichtigen. Ein schöner Januar-Tag lies Hütte und Aggenstein im besten Licht erstrahlen. „Bei der Besichtigung wiesen allerdings unsere Experten auf erheblichen Renovierungsbedarf hin.“ Trotzdem entschied die Vorstandschaft, den Kauf der Hütte anzugehen. So machten sich die Vorsitzenden Heinz Steidle und Ursula Müller auf den Weg nach Reutte, um die Modalitäten eines Hüttenerwerbs im Ausland zu erkunden. Österreich war noch nicht Mitglied der EU. Die Verhandlungen gestalteten sich anfangs schwierig.
In der Versammlung vom 7.9.1993, stimmten zwei Drittel der anwesenden Mitglieder für den Erwerb. Der Kaufvertrag konnte abgeschlossen werden. Die Finanzierung wurde unterstützt durch einen Zuschuss von 50.000 DM seitens der Stadt Bad Kissingen mit dem Wunsch, die Hütte möge den Namen Bad Kissingens tragen, und einem Privatdarlehen von 20.000 DM, das es zinslos gab und das nur bei einem Weiterverkauf zurückzuzahlen ist.
Nach 90 Jahren wird ein Traum wahr
Zum 1. Januar 1994 war die Sektion Bad Kissingen des Deutschen Alpenvereins e.V. Eigentümerin der Pfrontner Hütte am Aggenstein. Der Hüttentraum von 1909 war Realität geworden. Mit der Saison 1994 startete der Hüttenbetrieb. Erster Hüttenwart war Günter Spieß, sein Stellvertreter Erich Lehenbauer übernahm sofort die Geschäftsführung.
Noch vor Start der Saison 1994 waren die ersten Instandsetzungsarbeiten an den Brücken im Hüttenanstieg und der Abwasserleitung notwendig. In Anwesenheit von Oberbürgermeister Christian Zoll wurde im Juli 1994 die Hütte feierlich übernommen und in „Bad Kissinger Hütte, ehem. Pfrontner Hütte“ umbenannt. Pfarrer Roland Breitenbach feierte die erste Messe an der Hütte und segnete sie.
„19 Mal feierte unser Mitglied Roland Breitenbach die Bergmesse mit uns und es war immer ein echtes Erlebnis“, schreibt Steidle. Breitenbachs schwerer Unfall im Herbst 2014 beendete dies. „Während wir zuerst zur Gitarre beim Gottesdienst sangen, kamen bald verschiedene Musikgruppen und Kapellen dazu.“ Die Bergmusikanten, eine Gruppe des Jugendmusikkorps der Stadt mit Dirigent Bernd Hammer , die Ebenhäuser Musikanten , ein Posaunenchor und die Blechbläser waren nur einige der Musiker, die die Gottesdienste mitgestalteten.
Jedes Jahr im Einsatz
Nun hatte die Sektion also eine eigene Hütte und damit eine Menge neuer Aufgaben. Mit großem Engagement ging man daran, dieHüttezu sanieren und die Wege und Brücken zu richten. „In den 30 Jahren ist kaum ein Jahr vergangen, in dem nicht renoviert, erneuert oder saniert werden musste. Es würde den Rahmen sprengen, alle Begebenheiten, Aktionen und Arbeiten zu beschreiben. Einige Ereignisse sollen jedoch beispielhaft hier erwähnt werden“, so Steidle weiter.
Als der alte Stromgenerator 1995 unbrauchbar geworden war, konnte Sektionen einen großen Generator erwerben, der bisher in der aufgegebenen US-Raketenstellung in Bad Kissingen stand. Er wurde generalüberholt und per Helikopter zur Hütte geschafft. Die Küche war in einem so schlechten Zustand, dass die gesamte Einrichtung nur noch Sperrmüll war.
Im Herbst 1995 wurde in einer Großaktion die baufällige Terrasse abgebrochen und unter Leitung von Heinz Pfeffermann, der auch bei vielen anderen Baumaßnahmen federführend dabei war, erneuert. Spannend war der erste Helikoptereinsatz zum Transport der Betonplatten und des Betons. So wurden 1995 in 18 Arbeitseinsätzen 1850 Arbeitsstunden (ohne Fahrtzeiten) geleistet. Die Investitionskosten im ersten Jahr betrugen 66.000 DM.
500 Bäume an einem Tag gepflanzt
Eine Auflage der Bezirkshauptmannschaft Reutte aus der Genehmigung der Wasserleitung bestand darin, 500 Fichten und Lärchen in der Leitungstrasse zu pflanzen. Dies erledigten fünf Sektionsmitglieder im Herbst an einem Tag, weil in der Nacht der Wintereinbruch vorhergesagt war. Als am nächsten Tag die anderen Helfer kamen, lagen tatsächlich 40 cm Schnee.
Im folgenden Jahr wurde der Winterraum entkernt und neu ausgebaut. Er dient nun im Sommer auch als Selbstversorgerraum. Auch der Gastraum musste erneuert werden. Bei der Vorbereitung der Renovierung brach die gesamte Deckenkonstruktion herab. Es stellte sich heraus, dass die Geschoßdecke über dem Gastraum durch Korrosion einsturzgefährdet war. Unter Leitung von Bauingenieur Erwin Hippler musste ein Stahlkorsett eingezogen werden. Danach wurde der Gastraum erneuert. Die Mitglieder leisteten fast 1800 Arbeitsstunden, ohne die Zeit, die zur Fertigung der Einrichtung in der Werkstatt von Schreinermeister Gottfried Metz anfiel. Er arbeitete mit Günter Hartmann, Kurt Müller und einer Schar Helfer viele Stunden.






