
Nach zehn Tagen kehrte das Bad Kissinger Jugendmusikkorps (JMK) ermüdet, aber voll unvergesslicher Eindrücke und Erlebnisse von ihrer Konzertreise in Rio de Janeiro zurück. Die 67 Musikerinnen und Musiker im Alter zwischen 13 und 25 Jahren absolvierten einen dreitägigen Workshop mit einheimischen Jugendlichen und gaben fünf Konzerte in der brasilianischen Küstenmetropole.
„Es war gewiss keine Urlaubsreise, sondern harte Arbeit“, versicherten JMK-Leiter Matthias Zull und dessen Stellvertreter Roman Riedel im Gespräch über die Reise, die unter dem Motto „Marsch Meets Samba“ stand.
Brasilien statt Australien
Vor einigen Jahren war das Jugendmusikkorps schon einmal in Brasilien. Deshalb wäre Matthias Zull nach Südafrika (2014) und den USA (2019) mit seinen Jugendlichen gern nach Australien gereist. „Aber das wäre zu weit und zu teuer geworden“, hatte er schnell einsehen müssen. Da ließ sich der Vorschlag seines Stellvertreters, anlässlich des 60-jähren JMK-Jubiläums nach Rio de Janeiro zu reisen, doch leichter verwirklichen.
Roman Riedel war schon seit langer Zeit vom Projekt Favela Brass fasziniert, das der englische Trompeter Tom Ashe im Jahr 2013 mit Gründung seiner Musikschule in Rio initiiert hatte. Riedel nahm Kontakt mit Tom Ashe auf. Nach Ausarbeitung eines genauen Programms wurde der Förderantrag beim Goethe-Institut eingereicht und andere Sponsoren gesucht.
Dank zusätzlicher Unterstützung des Fördervereins der Musikschule, der Lions und Rotary Clubs , der Sparkasse Bad Kissingen und der Stadt sowie der Software-Firma ZMI in Elfershausen verminderte sich der Eigenanteil an den Reisekosten auf etwa 50 Prozent. Zull: „Es wurde niemand aus Kostengründen zu Hause gelassen.
Technik trifft Rhythmus

Nach zwölfstündigem Flug in Rio de Janeiro am 3. September im Hotel im Stadtviertel Flamengo einquartiert, gab das JMK bereits am nächsten Tag in der deutschen Schule Escola Alemã Corcovado, die wie das Goethe-Institut bei der Organisation der JMK-Reise geholfen hatte, schon morgens um acht Uhr ein erstes Konzert.
Am Wochenende stand harte Arbeit beim Workshop mit den aus verschiedenen Stadtvierteln (Favelas) stammenden Jugendlichen der Favela Brass auf dem Programm. „Es war ein Treffen verschiedener Kulturen, unter dem Slogan Technik trifft Rhythmus“, fasste Zull dieses Jugendtreffen zusammen. „Es gab Herausforderungen für beide Seiten.“
Während die deutschen Musikerinnen und Musiker das „freie rhythmische Spiel nach Gefühl“ lernen konnten, machten die jungen Brasilianer Erfahrung mit der deutschen Genauigkeit und Dynamik im Musizieren nach Noten. „Die Brasilianer spielen wirklich anders“, hatte Riedel festgestellt. „Uns Deutschen fehlt oft das Emotionale, die Improvisationsbereitschaft.“
Samba-Rhythmen und bayerische Märsche
Am Sonntag endete der Workshop beim Tag der offenen Tür im Künstlerviertel Santa Teresa mit gemeinsamer Parade und öffentlichem Abschlusskonzert. Dabei waren nicht nur brasilianische Samba-Rhythmen und bayerische Märsche zu hören, sondern auch gemeinsam einstudierte Stücke wie der Michael-Jackson-Hit "Heal the World".
Zum Abschied übergab das JMK der Favela Brass als Spende des Fördervereins eine neue Trompete und eine Posaune. Riedel: „Nach diesen drei Tagen flossen die Tränen.“
Erlebnisreiche Tage und Reiseandenken

Die Offenheit und Herzlichkeit der Brasilianer hinterließen bei Trompeterin Sophia Fuchs (15) einen tiefen Eindruck. Die Schülerin des Jack-Steinberger-Gymnasiums war zwar gerade erst im Frühjahr für drei Wochen zum Schüleraustausch in Rio in der deutschen Schule gewesen, so dass ihr die Atmosphäre schon vertraut war.
Aber die Reise mit dem JMK war doch etwas Besonderes: „Wir haben uns alle im Korps viel besser und manchmal ganz anders kennengelernt.“ Zur Erinnerung an die erlebnisreichen Tage hat sie sich Schokolade mit tropischen Früchten mitgebracht.
Die gute Organisation zahlte sich aus

Für die 14-jährige Flötistin Paulina Sitter war es die bisher weiteste Reise in ihrem Leben. Sie habe sich in Brasilien absolut sicher gefühlt, erzählte sie Rückkehr. „Die Größeren haben immer auf die Jüngeren aufgepasst.“ Immer seien Ortskundige dabei gewesen.

Die gute Organisation während der Reise und jeweils vor Ort hat auch Orchestervorstand Antonia Kopp (24) beeindruckt. Jeweils ein Erwachsener war für eine Gruppe aus sechs Minderjährigen verantwortlich. Für Antonia war der Workshop das größte Erlebnis. Hier beeindruckte sie vor allem die „besondere Freude der Brasilianer am Musizieren“.
Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft
Nach dem Besuch eines kleineren JMK-Ensembles in einer Kindertagesstätte sowie einem Konzert des Korps in einer evangelischen Kirche waren die zehn Tage auch schon wieder um. „Diese Reise hat uns alle zusammengeschweißt“, fasste Roman Riedel seine Eindrücke für sich zusammen. „Es waren unglaubliche Erlebnisse, die fürs Leben bleiben.“

Für Matthias Zull waren es die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, die ihm besonders in Erinnerung bleiben, aber auch der oft deutlich sichtbare Gegensatz zwischen Arm und Reich. Als wichtigstes Ergebnis dieser Brasilien-Reise sieht er für alle Teilnehmer die Erkenntnis: „Wir machen Musik miteinander über Landes- und Sprachgrenzen hinweg.“
