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Bad Kissingen
Wespen? Keine Panik!
Oft nervig, meist harmlos: Wenn Wespen über dem Kaffeekränzchen summen, verfallen viele in Hysterie. Der Fachmann rät: cool bleiben! Was hilft sonst noch?
Wespen? Keine Panik!
Carmen Schmitt
 |  aktualisiert: 18.08.2022 18:15 Uhr

Wer in diesen Tagen draußen hockt, platziert den Bierdeckel auf, statt unter seinem Glas. Wespen überall. Kaffeekränzchen auf der Terrasse? Auf diese ungeladenen Gäste kann man sich verlassen. Pünktlich, wenn der Gastgeber Torte und Teilchen auf der Tafel zurechtrückt, schweben die schwarz-gelben Brummer an. Sie wollen auch was vom großen Kuchen abhaben! Spätestens sobald es sich die Insekten im Rollokasten gemütlich machen, sind viele nicht nur genervt, sondern verängstigt. Was jetzt?

Gleich mehrere Leute sind am Landratsamt gerade damit beschäftigt, verunsicherte Anrufer zu beraten. Ihr Problem: Wespen . Roland Lenhart und seine Kollegen heben am anderen Ende ab. "Wir haben schon damit gerechnet." Er leitet die Unteren Naturschutzbehörde. Dass die Insekten gut durch so ein mildes Frühjahr gekommen sind - für ihn keine Überraschung. Schwirren mehr als im letzten Jahr? Ja, meint Roland Lenhart. Generell gebe es aber immer noch wenig Wespen . "Wir sind froh, dass es heuer mal wieder richtig abgeht."

Apfelkuchen und Beeren-Schnittchen statt Steak und Spieß: Grill-Meister haben inzwischen weniger gelb-schwarze Konkurrenz zu erwarten. Die Zeiten, in denen die Insekten für den Nachwuchs nach Eiweiß jagen, sind vorbei. Im Moment steht Süßes auf ihrem Speiseplan. Die Tiere reagieren auf die Gerüche. Die Menschen reagieren auf die Gäste. Jeder anders.

Es scheint zwei Lager zu geben: Während die einen wild fuchteln und panisch wedeln, bleiben andere gelassen und warten, bis die Wespe hat, was sie will und wieder davonsummt. Die Taktik letzterer hält Roland Lenhart für vielversprechend: "Cool bleiben." Auch wenn sich Wespen häuslich eingerichtet haben, hilft am ehesten: abwarten. Im Herbst, spätestens beim ersten Frost, stirbt das Volk ab. Schon jetzt werden Königinnen beobachtet, wie sie Ausschau nach einem Winterquartier halten. Das neue Volk baut ein neues Nest. Überhaupt komme es immer darauf an, wie der Untermieter genau heißt.

Meist ist es die "Deutsche Wespe" oder die "Gemeine Wespe", die Ärger macht. Fast alle anderen Arten seien dagegen geradezu harmlos, meint Lenhart. Bei zweifelhaften Kandidaten schickt er einen Insekten-Berater. Der prüft, um welche Art es sich handelt, und was zu tun ist. Das Volk an einen anderen Ort umzusetzen sei das "letzte Mittel"; es per Ausnahmegenehmigung zu zerstören das "allerallerletzte Mittel". "Im eigenen Interesse sollte niemand versuchen, ein Nest selbst irgendwohin zu bringen." Familie Mahlmeister aus Nüdlingen hat deshalb heute einen Mann im blauen Overall auf dem Hof.

Umzugshelfer für Insekten

Helm auf, Reißverschluss zu. Alles dicht. Claus Schenk ist seit 20 Jahren "Umzugshelfer" für Bienen & Co. Ein Nest wie dieses hat er noch nie gesehen. Hornissen - die größten und friedlichsten unter den Wespen - haben ihr Heim im ausrangierten Motorradhelm von Tim Mahlmeister gebaut. Der lag auf einem Holzbrett im Carport und kam gerade recht: "Daran erkennt man die Wohnungsnot der Tiere", sagt Claus Schenk. Vor ein paar Tagen hat es den Hausherr böse erwischt: Er dachte nicht mehr an das Nest und war aus Versehen darangestoßen. Einmal aufgescheucht, gingen die Hornissen in Verteidigungsmodus und teilten Stiche aus. Dieter Mahlmeister reagierte allergisch. Medikamente halfen, Schwellungen und Schmerzen zu lindern.

Wenn Claus Schenk gerufen wird, gibt er Tipps und klärt auf: "Die Hornisse hält dir die Schadinsekten weg." Er manövriert den Helm samt Nest ein paar Meter weiter, wo es sicher vor Erschütterungen ist. Heute ein schneller Umzug ohne Sauger und Co.: "Ich habe Hornissen noch nie auf einem Tablett serviert bekommen." Zu 30 Hornissen-Einsätzen wurde er heuer bisher gerufen. "Noch nie waren die Leute so bereitwillig zu helfen." Der Artenschutz sei im Bewusstsein angekommen.

Roland Lenhart kann Leute nicht verstehen, die sich die Wespe am liebsten einfach wegwünschen würden. Das Insekt ist ein Bestäuber und frisst andere Insekten - ist also nützlich, für uns Menschen, erklärt er. "Die Wespe gehört zur Natur. Wenn sie fehlen würde, fehlt ein Rädchen im großen Ganzen."

Tipps und Tricks Es kursieren verschiedenste Hausmittel, die helfen sollen, Wespen fern zu halten: glimmender Kaffeesatz, ausgelegte Kupfermünzen, keine knalligen Farben am Körper, Zitronen gespickt mit Gewürznelken , ein Basilikumtöpfen auf der Kaffeetafel, eine selbstgebastelte Wespennest-Attrappe aus einer Papiertüte, ätherische Öle wie Lavendel ... Was der eine für das Allheilmittel hält, wirkt beim nächsten nicht die Bohne. Was ist wirklich effektiv, um draußen seine Ruhe vor den gelb-schwarzen Insekten zu haben? Roland Lenhart rät: den Kuchen abdecken und den Tisch rechtzeitig abräumen. Ablenkungsmanöver seien vielversprechend: ein paar Meter entfernt süße Leckerei platzieren. Besser als mit Aufstrichen wie Marmelade und Honig klappt der Trick mit überreifen Weintrauben.

So nicht Das Kohlendioxid im Atem signalisiert den Wespen eine Art Alarm, also: nicht wegpusten. Erschütterungen mögen sie nicht besonders und sie wollen nicht geärgert werden. Außerdem: Abstand vom Nest halten und das Einflugloch nicht versperren. Wer Obstbäume rechtzeitig aberntet, lockt mit dem Fallobst erst gar keine Wespen an. Die Stadt Münnerstadt hat deshalb beschlossen, die Ernte ihrer städtischen Obstbäume zu verschenken.

Zugestochen Hat es einen doch erwischt, sollte man den Stich kühlen. Eine halbierte Zwiebel und Insektencremes können helfen. Allergiker sollten immer ein Medikament bei sich haben.

Wer hilft? Infos und Tipps im Umgang mit Wespen gibt´s beim Landratsamt Bad Kissingen unter Tel.: 0971/801 41 15. bcs

50 000 Euro kann es kosten , wenn jemand ein Nest beschädigt oder zerstört. Auch das wird teuer :

Wespen fangen, verletzen oder töten. Wild lebende Tiere werden vom deutschem Naturschutzgesetz geschützt. Wer sich nicht daran hält, kassiert ein Bußgeld.

 
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