Wenn Wildfleckens Feldgeschworenen-Obmann Walter Vorndran zu einer öffentlichen Grenzbegehung einlädt, dann kann er mit vielen interessierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern rechnen. Seit 2015 bietet er alle zwei Jahre solche Tagestouren an. Die für 2021 angesetzte Route musste er um ein Jahr verschieben. "Ich hätte nicht mit so vielen Teilnehmern gerechnet", freute sich Vorndran, als am Guckaspass-Parkplatz immer mehr Wanderer zur Gruppe hinzustießen. Mit 53 Personen startete die Tour schließlich, die jüngste Teilnehmerin war neun Jahre alt, der älteste 83 Jahre.
"Es ist wichtig, dass die Bürger den Grenzverlauf der Gemarkung kennenlernen. Das trägt zur Identifikation mit der Heimat bei." Außerdem sei es Aufgabe der Feldgeschworenen, Grenzbegehungen für die Bevölkerung anzubieten, um für die besonderen Aufgaben der "Siebener" zu sensibilisieren. Natürlich kam die Rede auch auf das Siebenergeheimnis, dass ein Feldgeschworener indes niemals verraten würde.
"Unsere Gemarkungsnachbarn sind: Sandberg, Langenleiten, Oberweißenbrunn, Frankenheim, Haselbach und Oberbach", stellte Vorndran vor. Eine Besonderheit stelle der Bereich am großen Auersberg dar. Es handelt sich um ein großes gemeindefreies Gebiet, das von Wildflecken über Oberbach bis ins Diesbachtal nach Riedenberg reicht. Der Markt Wildflecken bemühe sich seit Jahren um die "Eingemeindung" der Fläche, für die schon die standesamtliche Zuständigkeit bestehe, auch wenn es nur Wiesen und Wälder sind.
Doch im Zuge der Recherchen kam zutage, das sich die Riedenberger Kapelle ebenfalls auf diesem gemeindefreien Gebiet befinde. Nun bemühe sich die Gemeinde Riedenberg ihrerseits um die "Eingemeindung" des Kapellengebietes. Derzeit sei der Landkreis Bad Kissingen für das gemeindefreie Gebiet zuständig.
Vom Guckaspass aus ging es in Richtung Kissinger Hütte und weiter zur Schlöglalm. Unterwegs machte Vorndran auf viele Details aufmerksam, die alte Straßenführung nach Langenleiten, die Geschichte der Quelle, er erklärte die althergebrachten Flurnamen, die heute schon teilweise in Vergessenheit geraten sind. Dass in der Nähe der "Eisernen Hand" einmal ein Gefangenenlager der Alliierten war, war für viele der Teilnehmer neu. Vorndran hat die Information der Publikation "Historische Kulturelemente" des Biosphärenreservates entnommen.
Heimatforscher Walter Kömpel (Oberbach) berichtete über die Entstehung der Auers- und Schwarzerhöfe. Auf dem alten Radweg zwischen Wildflecken und Oberbach gab es eine Kuriosität zu bestaunen. Die beschauliche Ruhebank steht genau auf der Grenze zwischen den Gemarkungen Wildflecken und Oberbach. Vorndran und sein Oberbacher Kollege Karl Max Kirchner nahmen gerne Platz, natürlich jeder auf seiner Seite der "Grenze". Zu einem Grenzbegang gehört auch das traditionelle Stauchen von örtlichen Persönlichkeiten. In diesem Jahr ereilte es Gemeinderat Walter Rüttiger, der am Drei-Märker-Grenzstein von Paul Gundelach und Christian Breitenbach in die Höhe gehoben und mit dem Gesäß auf dem Stein gestaucht wurde. "Niemand vergisst, wo er einmal gestaucht wurde", erklärte Vorndran die Tradition. So werde ein Bewusstsein für die Gemarkungsgrenzen entwickelt.
Nicht alle Grenzsteine konnten angesteuert werden. Wo das Gelände zu unwegsam war, konnten zumindest die vorher angebrachten Markierungen wahrgenommen werden. So eine Grenzbegehung ist für die Feldgeschworenen eine aufwendige Angelegenheit, die viel Vorbereitung benötigt. Grenzsteine wurden mittels gelber Stangen markiert. Vorndran bittet Spaziergänger und Wanderer, diese Markierungen nicht zu entfernen. Nicht alle Grenzsteine seien zu sehen, daher seien die Markierungen wichtig. Einige der Grenzsteine weisen Inschriften auf. "KW steht für Königlicher Wald ", erläuterte Vorndran. Er verfügt über einen großen Wissensschatz zur Flur, der Historie und ihrer Bedeutung für die Menschen damals und heute.