zurück
WALDBERG
Wenn der Elferrat nach Hause kommt
Ein voller Erfolg war die Waldberger Stunksitzung, ein neues Faschingsformat bei dem der Fasching zu den Menschen nach Hause kommt.
Foto: Eckert | Ein voller Erfolg war die Waldberger Stunksitzung, ein neues Faschingsformat bei dem der Fasching zu den Menschen nach Hause kommt.
Eckert, Marion
 |  aktualisiert: 15.12.2020 14:37 Uhr

Wenn die Leute nicht zum Fasching gehen, dann kommt der Fasching eben zu den Leuten. So war das schon mit dem Propheten und dem Berg und so funktioniert das in Waldberg. Die Waldberger Stunksitzung ist eine ganz spezielle Faschingssitzung und sie findet bei den Menschen zu Hause statt. Partykeller, Wohnzimmer oder Friseursalon, die Akteure kommen überall hin, wo man sie einlässt und willkommen heißt.

Im vorigen Jahr begannen sie schon mit dieser Art des Faschings und es bewährte sich, dass sie in diesem Jahr ihren Aktionsradius noch erweiterten. Zum Frauenfasching am närrischen Donnerstag waren sie im Friseursalon von Ilona Heilmann zu Gast. Stammgäste, Familie und Freunde drängten sich im Salon, als die Kapelle einmarschierte. Das Ensemble um Ulli Kiesel macht alles selbst, sie sind ihr eigener Elferrat, ihre eigene Kapelle, ihre eigenen Büttenredner.

„Alles ein wenig kürzer. Wir warten, bis jeder so weit ist, bis alle ein Sitzkissen und eine Heizdecke haben“, mahnte Kiesel gleich zu Beginn zu Gelassenheit. „Es ist wie eine Prunksitzung, nur mit weniger Prunk, wir sind ein Elferrat, nur sind wir keine elf. Alles Überflüssige wird rausgelassen. Alle Witze sind ohne Pointe, alle Lieder ohne Schlussakkord und trotzdem haben wir alles dabei: Künstler, Büttenredner, Darsteller und Sitzungskapelle mit dem fast perfekten Tusch.“ Sogar eine märchenhafte Prinzessin boten sie dem Publikum im Friseursalon. Märchenhaft war das Motto der Waldberger Stunksitzung: „Rot wie Blut, schwarz wie die CSU und weiß wie Kokain“.

Eine Sitzung in „Spielfilmlänge“ versprach Kiesel. Aber nicht wie Herr der Ringe, sondern wie ein ganz normaler tschechischer Erotikfilm, inklusive Werbung und der goldenen Stimme aus Prag, Karel Gott, in Person von Ulli Kiesel, der eine märchenhafte Verwandlung der Biene Maja Melodie zu McDonalds Werbung präsentierte.

Ob nun der neue Werbesong fürs Kreuzberger Klosterbier oder für McDonalds, die Waldberger Stunksitzungsakteure sind für fast alles zu buchen, Märchenerzähler inklusive.

Tüchtig gelästert wurde in Waldberg. Endlos erscheinende Faschingssitzungen ermüden und langweilen, die Leute gehen vor dem Finale nach Hause, weil sie genug haben. In Waldberg war das anders. Geschunkelt wurde, kürzer als „normal“, und trotzdem oder gerade deswegen hatten alle einen mächtigen Spaß.

Der Welt den Spiegel vorhalten, das möchte die Stunksitzung und wer wäre dazu besser geeignet als Till Eulenspiegel. CSU und Dr. Titel – wer betrügt, der fliegt? Da habe die CSU, auf Jahrzehnte gesehen, intern genug aufzuräumen, befand der Schalk. Truppen-Ursel, das blonde Fallbeil, das Kindersitze in Panzer einbauen und Spielplätze in Kasernen errichten lasse, führte Deutschland in eine Richtung, es frage sich nur, in welche.

Rhön-Grabfeld, der Ort, an dem keiner leben will? Die Waldberger wissen es schon lange, im Grabfeld liege der Hund begraben und bei dortigen Festen sei nichts los - „das weiß doch jeder.“ Aber die Rhön und speziell Waldberg das Rhöndorf mit der DJK, dem Bockspringen zum Kreuzberg, das sei etwas ganz anderes. Der Waldberger Till Eulenspiegel versprach wenn sich die Journalisten vom Bayerischen Fernsehen noch einmal in die Nähe wagen: „Die jag ich mit der Scheißhausbürste zum Landkreis naus.“

Derb ging es in Waldberg zu, kein Blatt nahmen die Stunksitzungs-Akteure vor den Mund und schafften es, berühmte Filmtitel „in meiner Unterhose“ zu platzieren. Da war so mancher schräger Tusch angebracht. Um die Frauenquote zu erhöhen, wurde die Oma mit Damenbart auf die Bühne geholt, die letzte Überlebende aus Johannes Heesters Krabbelgruppe, die über allerlei Mögliches und Unmögliches so ihre Gedanken machte.

Die Waldberger Stunksitzung war ein Knaller, setzte einen Gegenpol zum allseits üblichen Fasching - vielleicht ist es eine neue Form des Faschings? Im nächsten Jahr möchten sie auf jeden Fall wieder „Stunk machen“ und den Spiegel erheben, mit Augenzwinkern und dem Schalk im Nacken. So jedenfalls das Versprechen der Waldberger.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Waldberg
CSU
Erotikfilme
Johannes Heesters
Karel Gott
Propheten
Till Eulenspiegel
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top