Die Familie Well - genauer die Nummern 12, 13 und 14 der 15 Kinder umfassenden Familie - füllten als "Well-Brüder aus'm Biermoos" das Kurtheater Bad Kissingen bis auf den letzten Platz. Im Gepäck hatte das Trio nicht nur ein chaotisch anmutendes Sammelsurium an Instrumenten, sondern auch messerscharfen Witz und intelligente Boshaftigkeiten.
Die Familie Well steht mit ihren unterschiedlichen Formationen nicht nur für musikalische Qualitäten, die sie mit alpenländischer Volksmusik und zahlreichen Querverbindungen zu Rap , schottischen Melodien oder südlichen Rhythmen beweisen. Sie ist auch bekannt für bissige, satirisch-politische und gesellschaftskritische Texte, die schon mal und zu recht als "Stachel im Fleisch der Obrigkeit" gelobt werden. Mit Karl, Michael und Christoph "Stofferl" Well wird nicht nur die Tradition der Biermösl-Blosn fortgesetzt, sondern auch die Zusammenarbeit mit Gerhard Polt . Dass die drei auch ohne den bayrischen Grandseigneur des Politkabaretts können, bewiesen sie mit einem zweistündigen Auftritt vor begeistertem Publikum in einem Ambiente, das die drei lobten und den Wunsch aussprachen, dass das Kurtheater möglichst bald renoviert und noch vor dem "Berliner Flughafen" fertig werde.
Garitzer Gretchenfrage
Doch nicht nur mit dem Kurtheater hatten sie sich im Vorfeld beschäftigt. Ihr erstes Gstanzl beschäftigte sich mit Bad Kissingen als "Geriatrie am Saalestrand", mit dem Durchschnittsalter von "noch unter oder schon über 100 Jahren", mit Landrat und Kurdirektorin und der seit Jahrtausenden schwelenden Frage: "Gehört Garitz zu Kissingen oder Kissingen zu Garitz?" Mindestens ebenso alt ist ihr imaginärer Ort Hausen, der symbolisch für viele Orte steht, die durch Kreisverkehre den LF8 der Feuerwehr ausbremsen, wo die Kinder mit dem "SUV" zum Kindergarten gebracht und "im SUV gemacht" werden oder eine Städtepartnerschaft mit dem kubanischen Havanna zu einem "Che-Guevara-Landler" animiert. Hausen und die erfolgreichen "Rupp Rohre " aus dem Nachbarort Rohrbach ziehen sich wie ein roter Faden durch den Abend und sind immer für eine Anekdote und für einen Lacher gut. Sie geben vor allem Stichwörter für ihre musikalischen Auseinandersetzungen mit Söders CSU , der AFD-Polemik, Gabaliers "massentauglicher Alpenmusik-Reduktion" oder dem "Artenschutz für die bayrische SPD ".
Allerhand Instrumente
Skurrile Übergänge zwischen der musikalisch-anarchischen Aufarbeitung der Themen sind das Markenzeichen der drei Well-Brüder, die sich dabei schon mal gegenseitig ins Wort fallen. Weder dadurch, noch durch aktuelle Bezüge verlieren sie ihren roten Faden - eher amüsiert es das Trio auf der Bühne ebenso wie die Gäste. Danach darf dann die Händel-Suite in vier Sätzen programmatisch ein Feuerwehrfest ausgestalten, an anderer Stelle wird das kleine Latinum in den hervorragend eingespielten Rap "Scola Bavaria chaotikum" gepresst oder Straches Oligarchinnen-Affäre kumuliert im Refrain "Bist du deppert, is die scharf". Instrumentalisch wird alles genutzt, was chaotisch auf der Bühne herumliegt: geblasen wird von der Flöte bis zum Alphorn ("Daraus haben wir in der Pubertät geraucht."), die Harfe wird gezupft, die Leier gedreht, die Ziehharmonika gequetscht, der Brummtopf malträtiert, die Gitarre geklampft, das Hackbrett geschlagen.
Ausbau der Milchstraße
In ihren Stücken geht's um "00Söder" und seine "Bavaria One"-Ankündigung und den achtspurigen Ausbau der Milchstraße, um das Bayrische Haus der Geschichte mit der Erstausgabe der Doktor-Guttenberg-Bibel oder Otto Wiesheus Blasröhrle, um den "Alpenismus tropical" mit der Skihütte "Hazienda" und Pulverschnee von Bofrost oder um den Großbauern mit dem Hausnamen "Prom-Bauer", der dank riesiger Biogasanlage zum "Gazprom-Bauern" aufsteigt. Den Protest zu den Milchpreisen performt MC Stofferl im Milchbauern-Rap "40 Cent oder der Müllermilch brennt!", ein "Integrations-Jodler" mit Refrain bindet auch die Kurgäste ein, die Familiengeschichte der McWells aus Schottland wird mit Dudelsack, weiß-blauem Schottenrock und der Frage nach dem darunter beantwortet: "Die Zukunft Bayerns".
Im bayrischen Paradies scheint vor den Brüdern nichts sicher zu sein, denn seit vier Jahrzehnten gehen ihnen die Themen nicht aus - der Dumpfheit, der Ignoranz, dem Filz, der CSU und "Rupp Rohre Rohrbach" sei Dank. Dankbar waren die Gäste für zwei Stunden sarkastisches Granteln, kabarettistisches Derblecken und musikalischen Leckerbissen. Stehender Schlussapplaus wurde mit Zugaben belohnt, unter anderem mit einem lustigen "Beerdigungslied", denn "Lachen und Humor sind Notwehr gegenüber Sachen, gegen die man machtlos ist - der Tod, die CSU , der FC Bayern".