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LKR Bad Kissingen
„Koarde raus“ für faire Sportler
Der Ruf nach einer Karte ist immer mit der Aufforderung an den Schiri verknüpft, einen Kicker zu bestrafen – zumindest bislang.
Daniel Ruppert
 |  aktualisiert: 03.06.2024 13:15 Uhr

Normalerweise findet das Stadtderby zwischen den Frauenteams von Benfica und Sporting Lissabon außerhalb Portugals keine Beachtung. Beim Pokalspiel vor wenigen Tagen war das jedoch anders. Auch hierzulande berichteten große Zeitungstitel über die Partie. Dass Benfica klar mit 5:0 gewann, war Randaspekt. Schon vor Anpfiff war das Spiel historisch. 15.032 Zuschauer bedeuteten einen neuen Rekord für ein Frauenfußballspiel in Portugal. Für weit mehr Aufsehen sorgte jedoch eine Entscheidung von Catarina Campos kurz vor der Halbzeitpause. Die Schiedsrichterin verteilte die erste Weiße Karte im professionellen Fußball.

Mannschaftsärzte eilen zur Hilfe

Was war passiert? Wie einige Medien berichteten, sei einer Zuschauerin auf der Gegengeraden übel geworden. Nachdem daneben stehende Personen darauf aufmerksam gemacht hätten, seien die Mannschaftsärzte beider Teams zur Hilfe geeilt und hätten den Fan gemeinsam wieder aufgepäppelt. Für diese Aktion wurden sie von der Schiedsrichterin nicht etwa bestraft, wie bei Gelben und Roten Karten üblich, sondern belohnt. Campos hielt die Weiße Karte hoch und zeigte auf die Ärzte, die etwas verdutzt dreinblickten.

Portugal setzt auf „pädagogische Karte“

Die Weiße Karte ist im Weltfußball nahezu unbekannt, in Portugal gibt es sie in anderen Sportarten schon seit 2015. Dort ist sie Teil der staatlichen Initiative „Nationaler Plan für Ethik im Sport“ und soll „ethisch relevantes Verhalten“ von Spielern, Trainern und auch Zuschauern „anerkennen und belohnen“. Es handelt sich um eine „pädagogische Karte “.

Inzwischen auch im Fußball: Anfangs gab es sie nur im Futsal und Kinderfußball, doch nach ein paar Jahren galt sie als großer Erfolg und wurde daraufhin vom portugiesischen Verband eingeführt – mit Ausnahme des Profifußballs . Da der Pokalwettbewerb offiziell nicht darunterfällt, kamen die weiblichen Profis aus Lissabon dennoch damit in Berührung.

Wir haben Akteure aus der Region gefragt, was sie von der Weißen Karte im Fußball halten.

Michael Moritz findet die Idee cool

Michael Moritz aus Eltingshausen pfeift für den TSV Münnerstadt : „Ich habe vom Zeigen der weißen Karte im Fußball aus Portugal gehört. Grundsätzlich finde ich die Idee eine echt coole Möglichkeit. Allerdings sehe ich dies schwer im Amateurfußball umzusetzen. Die Frage stellt sich: Was ist eine besonders faire Aktion, dass man dem Spieler die weiße Karte zeigt. Aktuell ist es schon möglich, ein besonders faires Verhalten an den Bayerischen Fußballverband zu melden. Dieses Meldung wird für die Person, die sich fair verhalten hat, und auch der Schiedsrichter und die Schiedsrichterinnen werden vom BFV honoriert. Um ein faires Verhalten im Elektronischen Spielberichtsbogen (ESB) eintragen zu können, muss man als Schiri einen Haken setzen und dann eben eine Meldung schreiben. Analog wie eine Meldung bei einem Feldverweis (rote Karte ) oder bei Fehlverhalten von Zuschauern oder ähnlichem. Ich glaube, dass in der heutigen Zeit die Schiedsrichter schon einiges vor dem Spiel und währenddessen zu tun haben und vor allem danach im ESB eintragen müssen. Jedes Jahr gibt es Regeländerungen, die schon die Aufmerksamkeit fordern. Daher kann ich mir vorstellen, dass das Einführen der weißen Karte auch bei den Referees als so wichtig beachtet wird. Ich befürchte, dass das Zeigen der weißen Karte auch nicht dazu führen wird, dass sich Spieler/Spielerinnen und Trainer/TRainerinnen fairer verhalten werden, um eine gezeigt zu bekommen. Faires Verhalten gehört in meine Augen sowieso zum Fußball und so habe ich den Sport kennengelernt.“

Fabian Frühwirth sieht aktuell kein Thema

Fabian Frühwirth (46) aus Würzburg ist seit 2018 Pressesprecher des Bayerischen Fußballverbands : „In unseren Gremien ist die Weiße Karte aktuell kein Thema. Wir setzen auf die Meldungen der Schiedsrichter. Dadurch erhalten wir bayernweit durchschnittlich ein Dutzend Fälle, aus denen der Fairplay-Sieger des Monats gekürt wird. Dieser erhält eine Ehrung sowie einen Gutschein oder freien Eintritt ins DFB-Museum . Auch alle anderen Gemeldeten bekommen ein Dankesschreiben und einen Sachpreis. Der Jahressieger wird vom DFB zu einem Länderspiel eingeladen. Die einzelnen Schiedsrichtergruppen sind da sicher unterschiedlich stark engagiert, aber dort, wo gerade jemand ausgezeichnet wurde, entsteht oft eine Eigendynamik. Ob es als Symbol die Weiße Karte braucht, weiß ich nicht.“

Wirsching denkt an die Reaktion der Mitspieler

Dr. Reiner Wirsching (60) aus Bad Kissingen ist Teamarzt des Regionalligisten FC Schweinfurt . Früher spielte er unter anderem für den Club, den TSV Vestenbergsgreuth und den SC Weismain: „In so einem Fall finde ich die Weiße Karte übertrieben, weil die medizinische Hilfe selbstverständlich ist, dafür sind wir doch da. Andererseits freut man sich natürlich über jede Anerkennung.

Als Spieler war ich wahrscheinlich viel zu ehrgeizig, um für eine Weiße Karte infrage zu kommen. Ich war mal bei einer Fairplay-Veranstaltung in Würzburg und hielt die Laudatio auf einen Spieler, der zugegeben hatte, dass es kein Elfmeter war. Da hab’ ich meinen größten Respekt geäußert und gesagt, dass ich so etwas nie gemacht hätte. Ich denke, die Einführung einer Weißen Karte würde das Thema mehr ins Bewusstsein rücken, es würde aber ein Nischenprodukt bleiben. Man muss ja auch die Reaktion der Mitspieler bedenken, wenn ich durch eine Fairplay-Aktion eine Niederlage verursache.“

Fabian Frühwirth.       -  Fabian Frühwirth.
Foto: BFV | Fabian Frühwirth.
Reiner Wirsching.       -  Reiner Wirsching.
Foto: privat | Reiner Wirsching.
Michael Moritz.       -  Michael Moritz.
Foto: privat | Michael Moritz.
 
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