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Ramsthal
Weingut Neder beeindruckt mit Querterrassierung
Die Weinreben wachsen nicht senkrecht, sondern quer terrassiert über den steilen Hang. Lorenz Neder setzte dabei auf eine Methode, die die Bewirtschaftung steiler Weinberge nachhaltig verbessert.
Gut zu erkennen die Fahrgassen und die Böschung mit den Weinstöcken.       -  Gut zu erkennen die Fahrgassen und die Böschung mit den Weinstöcken.
Foto: Lorenz Neder | Gut zu erkennen die Fahrgassen und die Böschung mit den Weinstöcken.
Marion Eckert
 |  aktualisiert: 12.12.2024 02:36 Uhr

Der Hang oberhalb des Weges „Zum Altenberg“ in Ramsthal fällt bei einem Spaziergang sofort ins Auge: Die Reben sind waagerecht terrassiert. Dieser Hang gehört zum Weingut Neder, das für diese Querterrassierung mit dem Nachhaltigkeitspreis des Landkreises Bad Kissingen ausgezeichnet wurde.

Lorenz Neder trug die Idee der Querterrassierung sieben oder acht Jahre mit sich herum, bevor sie umgesetzt wurde. „Im Weinbau muss man in langen Zyklen denken“, sagt er.

Rebstöcke seien erst nach zehn Jahren wirklich ertragreich, sie wurzeln mit zunehmendem Alter tiefer, was die Qualität des Weins verbessere. Ein bis zu zehn Meter tief verwurzelter Weinstock erhalte auch in trockenen Sommern ausreichend Wasser und könne Mineralien und Nährstoffe aus tieferen Erdschichten aufnehmen. „Je älter der Weinstock , desto besser die Weinqualität.“

Arbeitsintensive Tätigkeit

Weinreben werden oft an Hängen angebaut, da diese Flächen kaum landwirtschaftlich genutzt werden können. Ackerflächen sind der Nahrungsmittelproduktion vorbehalten, doch Reben sind widerstandsfähig und kommen auch mit weniger Wasser an sonnigen Hängen aus.

Früher standen die Rebstöcke einzeln, was sehr arbeitsintensiv war. Heute ist die Spaliererziehung weit verbreitet, da sie die Mechanisierung im Weinbau erleichtert. So konnten jährliche Arbeitsstunden von 1500 pro Hektar auf etwa 700 bis 800 Stunden an einem Steilhang reduziert werden.

Sorge um die Kulturlandschaft

2014 wurde der heute querterrassierte Hang aus der Bewirtschaftung genommen. Die Erträge waren rückläufig, und viele Rebstöcke beschädigt. Anstatt nachzupflanzen, ließ die Familie Neder den Hang brach liegen. Doch Lorenz Neder trieb die Sorge um den Erhalt der Kulturlandschaft um.

Gut zu erkennen die Fahrgassen und die Böschung mit den Weinstöcken.       -  Gut zu erkennen die Fahrgassen und die Böschung mit den Weinstöcken.
Foto: Lorenz Neder | Gut zu erkennen die Fahrgassen und die Böschung mit den Weinstöcken.

Während einer Weiterbildung lernte er die Technik der Querterrassierung kennen. Dank Flächentausch und Zukäufen von Winzerkollegen wuchs die Fläche von einem halben auf zwei Hektar, genug, um die Terrassen diagonal anzulegen. So laufen an einem Ende jeweils zwei Ebenen zusammen, was Wendemöglichkeiten für Maschinen bietet.

Ausufernde Bürokratie im Vorfeld

Bevor jedoch die eigentlichen Bauarbeiten beginnen konnten, mussten die Neders ein zeit- und kostenaufwendiges Genehmigungsverfahren durchlaufen. „Unnötig kompliziert“, kommentiert Neder die Bürokratie. Wo ein einfacher Anruf genügt hätte, wurden stattdessen umfangreiche Schriftsätze verfasst. Allein 543 Seiten Gutachten zur Massenbewegung waren erforderlich. Nach einem dreiviertel Jahr erhielten die Neders schließlich die Baugenehmigung.

2020 sollten die Erdbauarbeiten beginnen, doch das Frühjahr und der Sommer waren so trocken, dass es unmöglich war, die Böschung zu sichern. Die maschinellen Erdarbeiten und das Anpflanzen der Reben , das von Hand vorgenommen wurde, mussten in das Frühjahr 2021 verschoben werden.

Bau der Terrassen am Weinberg       -  Bau der Terrassen am Weinberg
Foto: Michael Bohl | Bau der Terrassen am Weinberg
Mit schweren Maschinen wurde der Hang umgebaut       -  Mit schweren Maschinen wurde der Hang umgebaut
Foto: Michael Bohl | Mit schweren Maschinen wurde der Hang umgebaut

Um sicherzustellen, dass die Begrünung schnell anwächst und nicht durch Regen ausgespült wird, wurde eine hydraulische Ansaat verwendet. Dabei handelt es sich um sogenanntes Regio-Saatgut, das aus heimischen und regionaltypischen Pflanzen besteht, die an die trockenen Bedingungen im Weinberg angepasst sind.

70 Prozent des Saatguts besteht aus Gräsern, 30 Prozent aus Kräutern, die nicht zu hochwachsen, damit sie die Rebstöcke nicht bedrängen. Auf diese Weise wurde der Weinberg zu einem Biotop, das extensiv gepflegt wird, was bedeutet, dass je nach Witterung einmal im Jahr gemäht wird.

Die begrünte Böschung als Lebensraum       -  Die begrünte Böschung als Lebensraum
Foto: Steffi Büttner | Die begrünte Böschung als Lebensraum

Nur noch halb soviel Rebstöcke

Die Querterrassierung habe die Arbeit auf dem Hang erleichtert und sicherer gemacht. Außerdem verlangsame sie bei Starkregen den Wasserfluss und damit die Erosion. Zwar gibt es durch die Terrassierung weniger Rebstöcke, doch Lorenz Neder sieht Potenzial für qualitativ hochwertige Weine. „Es sind halb so viele wie vorher“, sagt Neder.  

Die Silvaner- und Grauburgunderreben wurden per Hand gepflanzt.       -  Die Silvaner- und Grauburgunderreben wurden per Hand gepflanzt.
Foto: Lorenz Neder | Die Silvaner- und Grauburgunderreben wurden per Hand gepflanzt.

Auf dem Hang wachsen hitze- und trockenheitstolerante Silvaner- und Grauburgunderreben. Ziel ist es, Spitzenweine zu erzeugen. In diesem Jahr fand die erste Weinlese auf der querterrassierten Fläche statt, wobei etwa 200 Liter pro Sorte geerntet wurden.  

Leidenschaft für den Weinbau

Trotz der hohen Investition einer sechsstelligen Summe würde Neder diesen Schritt heute nicht mehr wagen. „Nicht unter den heutigen Bedingungen.“ Die Kostensteigerungen könne er nicht an die Kunden weitergeben. Ob Löhne, Materialkosten, Energie oder Transport – alles sei teurer geworden. Ein Beispiel seien die Pflanzstäbe und Drähte, deren Preis sich seit 2020 verdoppelt habe, während der Weinpreis nur sehr geringfügig gestiegen ist.

Dennoch bleibt die Leidenschaft für den Weinbau ungebrochen. Das Preisgeld des Nachhaltigkeitspreises von 2000 Euro möchte Neder in Informationstafeln über die Querterrassierung investieren.

In der dritten Generation

Das Weingut Neder wird in der dritten Generation geführt. Lorenz Neder, gelernter Winzer und Techniker für Weinbau und Kellerwirtschaft, übernahm den Betrieb 2022 von seinen Eltern.

Auf zwölf Hektar bewirtschaftet das Weingut heute seine Weinberge und produziert jährlich etwa 50.000 Liter Weiß- und Rotwein, wobei der Rotweinanteil bei etwa 15 Prozent liegt. Die Hälfte des Weins wird direkt im eigenen Laden verkauft, die andere Hälfte an Gastronomen in der Region sowie über den eigenen Onlineshop.  

Alkoholfreie Weine bietet das Weingut Neder nicht an, auch wenn die Nachfrage durchaus vorhanden sei. Stattdessen empfiehlt er lieber Traubensaft: „Das ist aus unserer Sicht die bessere Alternative und ein natürliches Produkt.“

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Lorenz Neder im querterrassierten Weinberg       -  Lorenz Neder im querterrassierten Weinberg
Foto: Marion Eckert | Lorenz Neder im querterrassierten Weinberg
 
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