Wegen Volksverhetzung in fünf Fällen hatte sich ein 25-jähriger Angeklagter vor dem Bad Kissinger Amtsgericht zu verantworten. Mit Rücksicht auf sein umfassendes Geständnis und seine psychische Labilität kam er nach nur halbstündiger Verhandlung allerdings mit einer milden Freiheitsstrafe von fünf Monaten zur Bewährung und 50 Arbeitsstunden noch gut davon.
Im März 2021 hatte der damals 23-Jährige unter einem Spitznamen in einer 200 Mitglieder großen WhatsApp-Gruppe an drei verschiedenen Tagen einen so genannten Sticker gepostet, der die 1945 im KZ Bergen-Belsen von den Nazis ermordete Anne Frank auf einem Haufen Asche zeigte. Ergänzt war das Bild mit dem englischen Satz (übersetzt) „Das ist noch nicht einmal meine letzte Form“.
Verharmlosung und Rassenhass
Die Staatsanwaltschaft warf dem Angeklagten nun vor, damit bewusst den millionenfachen Mord an Juden und anderen Minderheiten zur Zeit des „ Dritten Reichs “ als Witz zu verharmlosen und insbesondere auch Anne Frank als Opfer dieses Völkermords verächtlich zu machen.
Ebenfalls im März 2021 hatte der Angeklagte in zwei weiteren Fällen einen anderen Sticker mit einer Maschinenpistole gepostet, der mit dem Satz „Rennt der Neger frei herum, schalt auf Automatik um“ ergänzt war. Damit habe der Angeklagte beabsichtigt, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, Menschen dunkler Hautfarbe das Lebensrecht abzusprechen.
Störung des öffentlichen Friedens
Dem Angeklagten sei dabei bewusst gewesen, dass die Inhalte durch die Mitglieder dieser WhatsApp-Gruppe unmittelbar wahrgenommen und weiterverbreitet werden konnten. Somit habe der damals 23-Jährige in Kauf genommen, „dass diese Inhalte der Chat-Gruppe auch geeignet waren, den öffentlichen Frieden zu stören“. Mit seinen Handlungen habe der Angeklagte gegen Paragraf 130 des Strafgesetzbuches verstoßen.
Psychisch labil
„Es war Scheiße, was ich gemacht habe“, bereute der heute 25-Jährige seine Tat vor Gericht. „Ich kann mich nur entschuldigen.“ Wie sich im Laufe der Verhandlung herausstellte, leidet der junge Mann noch immer unter den Folgen einer schweren Erkrankung und psychischer Labilität. Eine Ausbildung musste abgebrochen werden. Seitdem ist der Angeklagte arbeitslos, geht hin und wieder ins Fitnessstudio und beschäftigt sich ansonsten mit Internet-Spielen: „Ich zocke mit Freunden.“
Heute distanziere er sich von seinen zwei Jahre zurückliegenden Taten. „Damals fand ich es lustig, später fand ich es dumm. Ich will es gar nicht kleinreden“, antwortete er auf Befragen der Richterin , wie er darauf gekommen sei. Sein im Gerichtssaal anwesender Betreuer verwies ergänzend auf die psychische Labilität des jungen Mannes , der allerdings im Herbst mit einer neuen Ausbildung beginnen will.
In ihrem Plädoyer berücksichtigte die Staatsanwältin das Geständnis des Angeklagten und die gezeigte Reue. Außerdem anerkannte sie sein Bemühen, sein Leben neu zu strukturieren. Negativ musste sie allerdings seine frühere Geldstrafe in ihre Überlegungen einbeziehen.
Arbeitsstunden statt Zocken
Nach reiflicher Abwägung aller Für und Wider beantragte sie eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung sowie die Auferlegung von gemeinnütziger Arbeit, „damit der Angeklagte von der Spielkonsole wegkommt und sein Leben zu strukturieren lernt“.
Der Sozialbetreuer, der den 25-Jährigen seit über zwei Jahren begleitet, bat für seinen Schützling um ein gnädiges Urteil. Statt einer Freiheitsstrafe schlug er mit Ausblick auf künftige Stellenbewerbungen eine Geldstrafe vor.
Geldstrafe nicht möglich
Doch das Gericht konnte dieser nachvollziehbaren Bitte nicht folgen. „Ich kann gar nichts anderes verhängen als eine Freiheitsstrafe“, begründete später die Richterin ihr Urteil von fünf Monaten auf Bewährung mit einer Frist von zwei Jahren. Denn der Paragraf 130 des Strafgesetzbuches sieht in Absatz 1 eine Mindeststrafe von drei Monaten vor.
Urteil noch nicht rechtskräftig
Gegen ein milderes Urteil sprach außerdem, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt seiner Taten schon volljährig und deshalb nach Erwachsenenstrafrecht zu verurteilen war. Zusätzlich verurteilte ihn die Richterin zu 50 Arbeitsstunden, verteilt auf mehrere Monate. Da sich der Angeklagte noch mit seinem Betreuer beraten wollte, ist dieses Urteil noch nicht rechtskräftig.
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