Einen Botschafter hat man nicht alle Tage am Mittagstisch. Bei Familie Fell war es am Dienstag soweit. Im Blockhaus am Rod begann Nurlan Onzhanov seine Exkursion zu Stätten regenerativer Energieerzeugung. „Wir sind freundschaftlich miteinander verbunden“, begründete der oberste Repräsentant der Republik Kasachstan in Deutschland seine Aufwartung zum Essen. Gerne sei er von Berlin aufs Land gekommen. „Da fühlt man sich immer locker“, schmunzelt der gut gelaunte Diplomat in Begleitung von Generalkonsul Akhat Alpysbayev.
Das Diplomaten-Duo bereitet sein Land auf die Weltausstellung 2017 in Astana vor. Sie steht unter dem Motto „Energie der Zukunft“. Dazu werden in der kasachischen Steppe fünf Millionen Besucher erwartet. Bundestagsabgeordneter Hans-Josef Fell (Bündnis 90/Grüne) ist als Berater auserkoren. Er war 2012 bereits zu einem Vorbereitungskongress in Zentralasien.
„Deutschland ist Vorreiter bei erneuerbaren Energien“, lobt Onzhanov beim Pressegespräch in gutem Deutsch. Er habe sich gründlich eingelesen und sei auf der Suche nach Pionieren dieser Entwicklung auf Fell gestoßen. Vom ihm erwartet er Impulse, wie das Thema in seinem Heimatland befördert werden kann.
Traditionell gut seien die Beziehungen beider Länder. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden viele Wolgadeutsche nach Kasachstan vertrieben. Von dort kamen seit Auflösung der Sowjetunion knapp 600 000 als Spätaussiedler nach Deutschland, erinnert Onzhanov.
Etliche haben in Hammelburg eine neue Bleibe gefunden, bringt Annemarie Fell ins Gespräch. Das freut den Botschafter. Nach dem Essen ging es mit dem Ehrengast zum Eintrag ins Goldene Buch der Stadt. Von guten gemeinsamen Erfahrungen sprach Bürgermeister Ernst Stross bei einem Glas Hammelburger Wein im Rathaus.
Zurück zur großpolitischen Lage: Die wirtschaftlichen Interessen beider Länder sind gegenseitig, betont Onzhanov. Kasachstan ist Deutschlands drittgrößter Öl- und Gaslieferant. Der 17-Millionen-Einwohner-Staat erhofft sich von hier Technologie für die dezentrale Energieerzeugung. Im Gegenzug besteht ein Exklusivabkommen zur Lieferung von Rohstoffen.
„Mein Land entwickelt sich dynamisch“, berichtet Onzhanov. Mit den Einnahmen aus dem Energiegeschäft kommt das Land nach schweren Zeiten in Bewegung. Von deutschen Erfahrungen profitiere man bei der dualen Ausbildung und dem Einspeisegesetz für erneuerbare Energien aus der Feder von Fell.
Die Bedeutung regenerativer Energien für Kasachstan unterstreicht auch Hans-Josef Fell. Für den heimischen Markt werde unter großer Wasserbelastung Kohle gefördert. Strom wird häufig mit Dieselaggregaten produziert. Fell schlägt vor, das Thema Biokohle zu einem Mittelpunkt der Weltausstellung zu machen. Aus Pflanzenresten der landwirtschaftlichen Produktion könne Brennstoff hergestellt werden.
Über weitere Ansätze zur Energieerzeugung informierte die anschließende Rundfahrt. „Bei uns scheint 300 Tage die Sonne“, umreißt der Botschafter Potenziale seines Landes für Solar- und Kleinwindkraftanlagen.
Die Stromerzeugung an der Rödermühle in Diebach präsentierte Ottmar Hupmann mit Tochter Christa und Enkelin Lisa Schmitt. Anlaufpunkte waren auch die Biogasanlage im Lager Hammelburg, der Windpark Gauaschach und der Solarpark Erlasee bei Arnstein.
Herr Fell wird sicherlich verschwiegen haben, dass die Energiewende in Deutschland bislang nur sinnlos Unsummen an Finanzen verschleudert, die Verfeuerung von Braunkohle begünstigt (mit negativen Auswirkungen auf die CO2-Bilanz) und die Versorgungssicherheit / Netzstabilität massiv gefährdet wird.
Wenn sich Kasachstan für erneuerbare Energien interessiert, dann kann man zumindest davon ausgehen, dass diese NICHT das ideologischen Ziel verfolgt die Kernenergie abzulösen sondern sinnvoll zum Schonen von Resoursen eingesetzt werden sollen.