Die besondere Atmosphäre auf dem Maria Ehrenberg am Vorabend des Hochfestes Mariä Himmelfahrt ist einzigartig. Zahlreiche Kerzen und Lichter erhellen die Nacht, vertraute Marienlieder erklingen, und das Wiedersehen mit alten Bekannten sowie Gespräche über Gott und die Welt tragen zur festlichen Stimmung bei.
Die Abläufe des Abends sind den Menschen, die zum Gebet und Gottesdienst kommen, vertraut, was ein Gefühl von Geborgenheit und Heimat vermittelt.
Den Maria Ehrenberg erleben
Der Kommandant des Truppenübungsplatzes, Torsten Ziese, will ebenfalls mehr über das Mysterium erfahren. Der Oberstleutnant ist seit November letzten Jahres für den Truppenübungsplatz Wildflecken zuständig, in dessen Bereich der Maria Ehrenberg liegt.
Dabei interessieren ihn nicht nur praktische Aspekte wie den Brandschutz bei einer solch großen Veranstaltung, sondern auch der persönliche Kontakt zu den Wallfahrern, den ehrenamtlichen Helfern und den Gläubigen, um zu erfahren, welche Bedeutung dieser Berg für die Menschen hat. „Ich möchte es einmal selbst miterleben“, sagte er.
Maria in die Augen schauen
Dass der Maria Ehrenberg ein ganz besonderer Berg in der Rhön ist, das macht auch Domvikar Paul Weismantel zu Thema. Er leitet die Vigilfeier, die mit dem Rosenkranzgebet und einer Lichterprozession um die Kirche beginnt.
Die Gläubigen hatten zuvor die Möglichkeit, dem Gnadenbild der „Mutter der Barmherzigkeit“ nahezukommen, das während des Jahres in einer Nische im Altarraum steht und von einer goldenen Scheibe umgeben ist. Bevor die Statue, geschmückt mit Blumen, feierlich zum Freialtar getragen wird, steht sie im Altarraum. Eine Besucherin sagt: „Es ist schön, ihr so nahe zu sein und ihr in die Augen schauen zu können.“
Katholische Volksfrömmigkeit
Unterdessen trägt Küster Bernhard Kretz den Kelch mit 1200 Hostien nach draußen. Das bedeutet jedoch nicht, dass nur rund 1000 Menschen zur Vigilfeier gekommen sind. „Nur gut die Hälfte geht zur Kommunion“, erklärt er und verweist auf seine langjährigen Beobachtungen.
In den vergangenen 42 Jahren als Küster hat er die Veränderungen sehr bewusst wahrgenommen. Vor etwa zehn Jahren waren noch fast 5000 Menschen zu diesem Fest gekommen.
Viele ältere Gläubige sind verstorben oder so krank, dass sie nicht mehr auf den Berg kommen können, und bei der jüngeren Generation fehle oft der Bezug zur Kirche und zum Glauben sowie zur katholischen Volksfrömmigkeit, wie sie an einem solchen Abend mit Ministranten, Kerzen, Marienliedern, Rosenkranz, Weihrauch, Glocken- und Schellengeläut sowie roten Teppichen im Altarraum zelebriert wird.
Nachtgespräche am Maria Ehrenberg
Nach dem offiziellen Teil ist für viele Gläubige noch nicht Schluss. In der Kirche spielt eine Abordnung der Sandberger Musikanten eine Andacht. Der Musikverein Hohenroth, der bereits die musikalische Begleitung am Freialtar übernommen hatte, spielt eine Andacht für alle verstorbenen Wallfahrer.
Nach weiteren Darbietungen an der Orgel, Gebeten und Litaneien kehrt gegen zwei Uhr nachts Ruhe auf dem Maria Ehrenberg ein. Es ist die Zeit für persönliche Gespräche mit Gott, nächtliche Unterhaltungen zwischen Freunden, Gebet, Besinnung, Meditation und Schlaf. Manche machen es sich auf den schmalen Kirchenbänken bequem; die leisen Schnarchgeräusche stören die besinnliche Stimmung keineswegs.
Trost erfahren
„Es sind diese Nachtstunden auf dem Maria Ehrenberg, die mir Ruhe, Hoffnung und Trost schenken“, bemerkt eine Besucherin und greift damit die Worte Paul Weismantels auf. In seiner Predigt sprach er darüber, dass die Menschen durch Maria neue Hoffnung erfahren und wahren Trost finden, nicht bloß eine oberflächliche Vertröstung. Trost spenden in schweren Zeiten bedeutet, zuzuhören, verlässlich zu sein, Schweigen und Schluchzen auszuhalten.
Gläubige erleben dies seit 503 Jahren auf dem Maria Ehrenberg, und genau deshalb kommen die Wallfahrer – weil sie wissen, dass sie dort ihr Herz ausschütten dürfen.
In diesem Jahr waren viele Einzelpersonen, kleine Freundesgruppen, Paare und Familien dabei. Die angemeldeten Wallfahrtsgruppen kamen aus Fladungen, Nordheim, Leubach, Hohenroth, Stangenroth und Umgebung sowie Wegfurt und Sandberg am Vorabend des Hochfestes. Am Festtag selbst feierten die Wallfahrer aus Burkardroth mit Erzbischof em. Ludwig Schick bei strahlendem Sonnenschein das Hochamt am Freialtar.
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