Schon während seines Studiums der katholischen Theologie begann der angehende Gymnasiallehrer Hans-Jürgen Beck (62), sich für das Judentum zu interessieren.

Die bis dahin kaum erforschte jüdische Geschichte seiner Heimatstadt Bad Kissingen machte er 1987 zum Thema seiner Zulassungsarbeit, die nach gemeinsamer Arbeit mit Rudolf Walter , seinem späteren Kollegen am Jack-Steinberger-Gymnasium , als erweiterte Buchausgabe mit dem Titel „Jüdisches Leben in Bad Kissingen “ erschien.

Zweibändige Ausgabe

Nach vielen weiteren Veröffentlichungen in Fachzeitschriften sowie seiner 2022 auf der Kissinger Webseite veröffentlichten und ständig erweiterbaren Online-Publikation „Kissingen war unsere Heimat über Jahrhunderte“  erschien kürzlich im wissenschaftlichen Fachverlag J. H. Röll (Dettelbach) seine zweibändige Buchausgabe „Annäherung an Jeschua“.

Darin verbindet Beck auf insgesamt 848 Seiten zeitgenössische Ergebnisse der Bibelwissenschaft über Jesus von Nazareth mit Deutungsansätzen aus Kunst, Literatur und Musik sowie aktuellen Problemen wie Krieg und Gewaltlosigkeit, Antisemitismus , Zölibat, Frauenpriestertum und der Suche nach neuem Kirchenverständnis.

Zeitliche Einbindung

Besonderen Wert legte er dabei auf die Einbindung des Juden Jeschua ben Joseph in das Judentum seiner Zeit, „wodurch sich eine gewisse Verbindung zu meiner bisherigen Arbeit über das jüdische Leben ergab“, antwortete Beck im Interview mit dieser Zeitung.

Wer war dieser Jeschua ben Joseph eigentlich? Wie war sein Verhältnis zum Judentum? Wollte er wirklich eine neue Religion gründen? „In meinem Buch zeichne ich kein völlig neues, revolutionäres Bild des Jesus von Nazareth “, erklärt Hans-Jürgen Beck angesichts unzähliger Werke anderer Autoren zum Thema.

Eigene Akzente gesetzt

Doch habe er zusätzlich zu den Forschungsergebnissen renommierter Bibelforscher, unter denen seine ehemaligen Professoren Hans Josef Klauck und Karlheinz Müller eine zentrale Rolle einnehmen, versucht, „eigene Akzente zu setzen, mögliche kritische Einwände aufzugreifen und meine Ausführungen auch für Nichttheologen verständlich zu formulieren“.

Der Theologe und Judaist Karlheinz Müller (1936 bis 2020), Professor für Biblische Einleitung und Biblische Hilfswissenschaften an der Universität Würzburg , war es damals, der beim Studenten Hans-Jürgen Beck das Interesse für das Judentum geweckt hatte. Beck war mit seinen Eltern 1979 aus Leverkusen nach Bad Kissingen umgezogen, hatte hier 1982 sein Abitur gemacht und studierte in Würzburg katholische Theologie.

Persönliche Kontakte

Durch die Recherchen für seine Zulassungsarbeit „Juden in Bad Kissingen während der Zeit des Nationalsozialismus“ (1987) hatte er zahlreiche persönliche Kontakte zu Angehörigen jüdischer Familien gewonnen, die rechtzeitig vor der Verfolgung durch das NS-Regime ins Ausland fliehen konnten. Beck: „Nicht wenige von ihnen wurden für mich zu Freunden und wichtigen Wegbegleitern. Diese Kontakte motivierten mich, meine Nachforschungen fortzusetzen.“

Anlässlich des 50. Jahrestages der Pogromnacht vom 9. November 1938 schlug Beck dem damaligen Bad Kissinger Oberbürgermeister Georg Straus vor, eine Ausstellung zum jüdischen Leben in der Kurstadt zu gestalten. „Da ich selbst mitten in den Examensprüfungen steckte, fragte ich meinen ehemaligen Geschichtslehrer Rudolf Walter , ob er bereit wäre, mit Schülerinnen und Schülern seines Geschichtsleistungskurses die Ausstellung vorzubereiten.“

Dauerausstellung

Ursprünglich nur als temporäre Veranstaltung geplant, blieb sie fortan als Dauerausstellung im ehemaligen jüdischen Gemeindehaus bestehen, wo sie noch heute jeweils dienstags von 15 bis 17 Uhr kostenfrei besichtigt werden kann. Erst nachdem Beck 1993 als Lehrer ans Kissinger Gymnasium versetzt worden war, „konnte ich mich selbst in die Erweiterung der Dauerausstellung einbringen“.

Nach Becks gesundheitlich bedingter Frühpensionierung im August 2000 wurden die Jüdischen Kulturtage zum weiteren Meilenstein seiner Beschäftigung mit dem Judentum. Auf seine Anregung hin wurde die Veranstaltungsreihe zur Erinnerung an die jahrhundertealte jüdische Tradition in und um Bad Kissingen erstmals 2002 mit Unterstützung der Stadt und des Landkreises durchgeführt.

Vielfalt jüdischen Lebens

In Konzerten, Vorträgen, Lesungen und Ausstellungen werden seitdem unter Mitwirkung zahlreicher prominenter Künstler, Wissenschaftler und anderer Persönlichkeiten die Vielfalt jüdischen Lebens sowie der jüdischen Kultur und Religion in Vergangenheit und Gegenwart vermittelt.

Hohe Auszeichnung

Für sein Engagement um die Erforschung der jüdischen Geschichte Bad Kissingens und für die Durchführung der Jüdischen Kulturtage wurde Hans-Jürgen Beck 2013 mit dem Obermayer German Jewish History Award, kurz Obermayer Award, ausgezeichnet. Er wird seit 25 Jahren alljährlich von der amerikanischen Obermayer Foundation an nichtjüdische Deutsche vergeben, die sich in besonderer Weise um die Bewahrung und Dokumentation der jüdischen Geschichte und Kultur in ihrer Gemeinde verdient gemacht haben.

Nach 20-jähriger Leitung gab Beck die Organisation der Jüdischen Kulturtage im Jahr 2022 aus gesundheitlichen Gründen an die Volkshochschule Bad Kissingen /Hammelburg ab. Nun konnte er sich der Fertigstellung seines gewaltigen Buchprojekts über den Juden Jeschua ben Joseph widmen, das jetzt in zwei Bänden beim Verlag J. H. Röll erhältlich ist.

Informationen zum Buch: Hans-Jürgen Beck: „Annäherung an Jeschua“ (zwei Bände), Verlag J. H. Röll, gebunden, 848 Seiten, 42 farbige Abbildungen, Preis: 159 Euro, ISBN 978-3-89754-650-9

Veranstaltungshinweis: „Annäherung an Jeschua“, Vortrag von Hans-Jürgen Beck, 27. Mai 2025, 19.30 Uhr, Pfarrsaal der Herz-Jesu-Gemeinde, Hartmannstraße 2.