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Münnerstadt
Was tut Europa für mich?
Der Ex-Münnerstädter Christian Mangold ist seit 25 Jahren in Brüssel. Seine Arbeit ist, die Arbeit des Europäischen Parlaments in die Wohnzimmer der Leute zu bringen.
Das Europäische Parlament in Brüssel. Christian Mangold aus Münnerstadt arbeitet für die Institution und versucht, Projekte der EU an die Bürgerinnen und Bürger zu vermitteln.  Foto: Benoit Bourgeois       -  Das Europäische Parlament in Brüssel. Christian Mangold aus Münnerstadt arbeitet für die Institution und versucht, Projekte der EU an die Bürgerinnen und Bürger zu vermitteln.  Foto: Benoit Bourgeois
| Das Europäische Parlament in Brüssel. Christian Mangold aus Münnerstadt arbeitet für die Institution und versucht, Projekte der EU an die Bürgerinnen und Bürger zu vermitteln. Foto: Benoit Bourgeois
Ellen Mützel, Charlotte Wittnebel-Schmitz
 |  aktualisiert: 13.11.2022 17:00 Uhr

In der ersten Geschichte mit Christian Mangold ging es um seinen Weg in die EU und seine Arbeit dort .

In der EU gibt es den Rat der EU, die Kommission, das Parlament und den Europäischen Rat. Wie kann man deren Aufgaben einfach erklären?

Deutschland hat die Regierung, das ist hier die Europäische Kommission . Etwas komplizierter wird es mit dem Rat der EU, bestehend aus den Ministern der Mitgliedsstaaten, der in zehn verschiedenen Formatierungen existiert - etwa als Transport-, Agrar- oder Justizratrat . Weil der Rat in der EU die Interessen der Mitgliedsstaaten vertritt, ist er mit dem Bundesrat vergleichbar, der in Deutschland die Interessen der Länder vertritt.

Der Bundestag ist das Europäische Parlament . Und der Europäische Rat, bestehend aus den Staats- und Regierungschefs, könnte wie eine kollektive Präsidentschaft gesehen werden. Sie geben Richtlinien und Impulse, machen aber keine Gesetzgebung.

Sie arbeiten etwa 25 Jahre beim Europäischen Parlament : Wie hat sich die Institution verändert?

Die Institution hat sich wahnsinnig geändert. Als ich angefangen habe, im September 1997, passten alle Mitarbeiter des Parlaments in ein Gebäude - in dem, wo jetzt der Ausschuss der Regionen drin ist (Anm. d. Red.: Heute sind es sieben Gebäude). Damals war das Parlament noch nicht so wichtig wie heute. Und es gab gerade mal zwei Abgeordnete , die eine Website hatten. Wenn ich die meiner Chefin updaten musste, war das Telefon belegt. Mail gab es nicht.

Physisch ist die Institution gewachsen, aber auch politisch. Wir hatten 1997 den Amsterdam-Vertrag, 2001 den Vertrag von Nizza. Aus einer geplanten, aber gescheiterten Verfassung für die EU wurde der Lissabon-Vertrag . Das war ein riesiger Schub: Das EP ist jetzt fast in allen Bereichen Mitgesetzgeber. Und es ist Haushaltsbehörde zusammen mit dem Rat.

Was hat sich dadurch geändert?

Mit den Kompetenzen bekam das Parlament mehr Gewicht: in Gesetzgebungsfragen, aber auch im Haushalt, und wie das Parlament auf die Kommission wirkt. Die Abgeordneten haben jetzt viel mehr Wirkkraft und Einfluss. Wir haben jetzt ein Gleichgewicht zwischen Rat, Parlament und Kommission.

Woran sehen die Menschen in Münnerstadt , dass das Europäische Parlament ihr Leben verbessert?

Es gibt eine Menge Vorteile. Die Entscheidungen des Europäischen Parlaments betreffen viele Lebensbereiche aller Menschen, auch in Münnerstadt , von den weggefallenen Roaming Gebühren bin hin zu sauberem Badewasser.

Das ist aus Brüssel wahrscheinlich auch schwierig. Wie kann es trotzdem klappen?

Wir versuchen, mit den Bürgern direkt zu kommunizieren. In unseren Accounts auf den Sozialen Medien haben wir insgesamt 6,5 Millionen Abonnenten.

Die Applikation "Was tut Europa für mich" ( what-europe-does-for-me.eu ) macht deutlich, wo die EU Projekte mitfinanziert, etwa für Fortbildungen, Dorferneuerungen, Straßen. Die wollen wir jetzt für Europawahl 2024 weiter ausbauen. Wir wollen es konkreter, bildhafter machen, was die EU für Bürger direkt tut. Wir versuchen dafür, einen Perspektivwechsel vorzunehmen. Ich versetze mich den Bürger, die Bürgerin. Was könnte dessen Hauptinteresse sein? Fußball, Angeln, Reisen? Oder geht es um eine Krankenschwester? Das ist gar nicht so einfach zu beantworten, denn ich habe aus den verschiedenen Politikbereichen Entscheidungen, die für eine Krankenschwester wichtig sind.

Welche Beispiele fallen Ihnen ein, die für uns alle wichtig sind?

Es gibt das gemeinsame Ladegerät, die Reisefreiheit, die Anerkennung von Diplomen, entfallene Roaminggebühren, soziale Sicherheit, Arbeitsstandards und Arbeitssicherheit. Durch Covid haben die Leute verstanden: Eine gemeinsame Impfpolitik bringt uns mehr. Weitere wichtige Themen sind Umwelt, Infrastruktur oder Klima, die Energieversorgungssicherheit, der Handel. Vieles wird auch erst sichtbar, wenn es nicht mehr da ist. Der Brexit zum Beispiel. Meine Eltern sind ein halbes Jahr in Spanien und bleiben so lange, wie sie wollen. Die Briten müssen nach 90 Tagen zurück, sie brauchen ein neues Visum.

Wenn jetzt die Leserschaft Lust auf die EU bekommen hat, was können sie tun?

Wir haben eine Plattform für Bürger, die sich für die EU engagieren wollen, die heißt "Gemeinsam für EU", auf Englisch together.eu . Das ist die Übergangsphase zur nächsten EU-Wahl 2024. In der letzten haben wir eine Bewegung gegründet, das hieß damals: "This time I'm Voting": Diesmal wähle ich. Wir hatten damals 330.000 Leute aus ganz Europa, die da mitgemacht haben.Jetzt haben wir eine eigene Plattform entwickelt, machen Aktionen zusammen mit den Büros in den Mitgliehatsdsstaaten. Ziel ist es, diesmal noch mehr Menschen vor der nächsten Europawahl zu motivieren, sich für die EU zu engagieren.

Über die Person

Christian Mangold (54) ist in Münnerstadt aufgewachsen und arbeitete während des Studiums bei einer Abgeordneten des EU-Parlamentes in Straßburg. Nach dem Studium ging er nach Brüssel. Derzeit ist er in der Generaldirektion Kommunikation, die sich um Presse, Besucher und Kampagnen kümmert. Dort leitet er den Bereich Kampagnen. emue

Das Gespräch führten Ellen Mützel und Charlotte Wittnebel-Schmitz.

 
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