Was treibt einen Menschen dazu, über einen Zeitraum von sechs Jahren immer wieder nachts in fremde Gärten zu steigen und Pools und Planschbecken zu zerstören? Diese Frage stellen sich viele Menschen in Deutschland, seit auch Boulevardmedien über den Pool-Schlitzer von Münnerstadt (Lkr. Bad Kissingen) berichten. Über das Motiv und den Täter, der bislang 37-mal zugeschlagen hat, wird viel spekuliert.
Einer, der sich von Berufs wegen mit Hypothesen beschäftigt, ist der Sprachprofiler Raimund Drommel. Der ehemalige beratende Sachverständige des Generalbundesanwaltes in Karlsruhe hat sich auf Bitten unserer Redaktion mit dem Fall beschäftigt. Drommel ist zwar kein Spezialist für „Operative Fallanalyse“ wie sie Profiler betreiben, sondern versucht Tätern auf die Spur zu kommen, indem er Texte untersucht, die von ihnen verfasst wurden. Seine Einschätzung basiert vielmehr auf einer fast 30-jährigen praktischen Erfahrung mit Straftaten verschiedener Art.
Laut Drommel ist der Pool-Schlitzer ein „hochinteressanter Fall“. Er glaubt eher nicht, dass der Täter lärmende Kinder hasst, wie die Polizei vermutet. Seine Hypothese: „Wut gegen aufgeblasene Wohlstandsbürger“, denen der Täter im wahrsten Sinne des Wortes die Luft rauslässt.
Interessant ist für Drommel insbesondere, dass der Täter mit seinem Messer nicht in blindem Hass wie wild auf die Planschbecken einhackt, was auf einen Sadisten hindeuten könnte. Vielmehr setzt er gezielte Schnitte, was auf einen planenden Täter hinweise und möglicherweise Ausdruck eines ganz persönlichen Bedürfnisses sei. Die Kriminaltechnik könnte anhand der Schnittspuren herausfinden, ob es sich um einen Links- oder Rechtshänder handelt.
Zum Täter: Nach Drommels Einschätzung handelt es sich um einen Einzelgänger, der die Berichterstattung über ihn genau verfolgt und der seine Macht genießt. „Das Phantom der Kleinstadt, den keiner kriegt. Und die Familien haben Angst.“
Mit der Einschätzung, inwieweit dem Pool-Schlitzer auch noch gravierendere Straftaten zuzutrauen wären, hält sich Drommel zurück. Kein Profiler würde behaupten, der Täter werde sich nicht auch an Personen heranwagen. Es seien verschiedene Szenarien denkbar. Ihn in den Medien als harmlos darzustellen, könnte Gegenreaktionen auslösen nach dem Muster: „Denen werde ich es zeigen.“
Raimund Drommel
Der 69-Jährige ist in Großeibstadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) geboren. Er jagte einst Terrorristen der RAF mit einem von ihm selbst entwickelten Sprachprofiling. Heute lebt er in Zimmerau, einem Ortsteil von Sulzfeld (Lkr. Rhön-Grabfeld) und arbeitet freiberuflich im Sicherheitsbereich. Als Autor ist er durch das Buch „Der Code des Bösen“ bekannt geworden, in dem er unter anderem auch den Tod von Uwe Barschel untersucht hat. Text: old