
Die circa 50 Besucher, die den Weg zur Veranstaltung der Augustinus-Akademie in der Alten Aula gefunden hatten, erfuhren von Martin Jira einiges über die Karriere des Komponisten Georg Joachim Joseph Hahn in Münnerstadt . Als Rektor der Lateinschule, mit guten Verbindungen zu den Augustinern als örtliche Pfarrherrn und Leitung des Gymnasiums, war er Musiklehrer und Kantor zugleich. Er verdiente gut - "mehr als der Kaplan" - , wurde vermögend, sicher auch durch Erbschaften und war wohl auch kommunalpolitisch aktiv, was sich durch Eingaben unter anderem bei den fürstlich- kirchlichen Landesherren belegen lässt. Auch trug er den Titel eines Senators. Am 21. Januar 1772 starb Georg Joachim Joseph Hahn - vermutlich an Diphterie.
Mürschter Gymnasium besucht
Eine künftige "Georg-Joachim-Joseph-Hahn-Straße" oder/ und eine Gedenktafel am ehemaligen Wohnhaus am Anger, Ecke Salzgasse, das alles könnte sich der Provinzial des Augustinerordens, Pater Alfons Tony, sehr gut in Münnerstadt für den im Klosterarchiv ausgegrabenen Komponisten vorstellen. Wer, bitte?
Nun, Georg Joachim Joseph Hahn wurde am 24. Juli 1712 in Münnerstadt getauft, der Geburtstag ist nicht überliefert. Er ist auch in der damals noch bedeutenden Kleinstadt aufgewachsen und hat von 1725 bis 1730 das örtliche, von den Augustinern geleitete, Gymnasium besucht.
Werk weit in Europa verstreut
Mit großem Einsatz hat sich der Gymnasiallehrer für Musik und Deutsch, Martin Jira, in die Materie eingearbeitet. Nach sechs Jahren "Rettungsaktion" und Studium der Bestände in der Klosterbibliothek Münnerstadt präsentierte er den Münnerstädtern einen überregional bedeutenden Komponisten des 18. Jahrhunderts. Das Werk des geborenen Mürschters ist nach Schätzung des Referenten weit in Europa verstreut und fast nicht aufgearbeitet. Es gibt auch keine handschriftlichen Zeugnisse von Georg Joachim Joseph Hahn . Nur aus Druckwerken auf Begleittexten oder Notenblättern ist sein Schaffen und sein Wirken nachzuvollziehen.
Jira zeigte in seinem Vortrag anschaulich den damaligen musikalischen Stellenwert eines "Provinz- Komponisten" auf. Er beschrieb die musikalischen Ebenen und deren Wert. Von G.J.J. Hahn ist nicht bekannt, wo und wie er seine musikalische Ausbildung erhielt. Sicher ist, dass er eine Zeitlang in Würzburg als Praktikant tätig war. Dort existierte zu dieser Zeit eines der besten Hofmusik-Orchester Europas, was die Vermutung nahelegt, dass der junge Juliusspital-Praktikant von der Ausbildung profitierte.
Ab 1735 finden sich wieder Aufzeichnungen von Hahn in Münnerstadt . Er löste den Leiter der örtlichen Latein-Pfarrschule ab und nahm seinen Wohnsitz am Anger, dort wo sich derzeit ein Antiquariat befindet. Aus der Ehe mit Felicitas Bauer seit 1736 gingen sieben Kinder hervor. Hahn heiratete nach dem Tod seiner Frau 1750 noch ein zweites Mal. Die Verbindung blieb kinderlos.
Umfangreiches musikalisches Lebenswerk
Sein musikalisches Lebenswerk ist sehr umfänglich und hat Georg Joachim Joseph Hahn damals weithin bekannt gemacht. Als sicher gilt, dass seine Messen häufiger gespielt wurden. Mit ihm und anderen Komponisten und Musikern hatte sich im fürstbischöflichen Mainfranken eine starke musikalische Tradition entwickelt. Die Übernahme Frankens 1806 durch Bayern und die Abkehr von "theatralischen Elementen" in der katholischen Kirche im 19. Jahrhundert, wo nur noch die Orgel und der A-capella-Gesang im Mittelpunkt stehen sollte, war für Werke eines "Provinz-Komponisten", wie Hahn dann abschätzend eingestuft wurde, kein Platz mehr. Sein Werk geriet in Vergessenheit, die Spuren verblassten.
Carolin Oser-Grote, die seit einigen Jahren in der Augustiner-Bibliothek Münnerstadt forscht und seit vier Jahren immer wieder mit Vorträgen " Die Schatzkammer Münnerstadts" ins kommunale Gedächtnis rückt, ließ in einem kleinen Anhang nochmal den Umfang der circa 70.000 Materialien in der Sammlung Revue passieren. Kirchliche und weltliche Zeugnisse sind etwa zu gleichen Teilen vorhanden. Die Musikaliensammlung mit circa 3100 Titeln wird zur Hälfte mit Notenblättern und zum anderen Teil mit Büchern und Zeitschriften ausgefüllt. Die Bestandsarbeiten dazu gelten als abgeschlossen.
Dass sich Oser-Grothe und Jira große Verdienste erworben haben, drückte in seinen herzlichen Abschiedsworten nochmals Provinzial Pater Alfons Tony OSA aus.