Was haben die über 600 Kilometer Luftlinie entfernte ungarische Puszta und der kleine Ort Kleinwenkheim gemeinsam? Zwei sogenannte Puszta-Brunnen, Ziehbrunnen in einer charakteristischen Form und Bauweise.
In Ungarn dienen sie heute noch vor allem als beliebtes Fotomotiv für Touristen, auf dem flachen Land auch zum Tränken des Viehs. Nicht umsonst bekam Kleinwenkheim einst den Beinamen „Puszta-Dorf“, denn es hatte zur Wasserversorgung mehrere dieser Brunnen .
In der Chronik von Wendelin Volk aus dem Jahr 1988 ist von fünf Brunnen im Jahr 1835 die Rede. Nur zwei von ihnen, am „Eck“ beim Kriegerdenkmal und in der Michael-Christ-Straße, blieben erhalten, nachdem 1971 die Gemeinde an die Wasserversorgung von Münnerstadt angeschlossen worden war. Anfang der 1990er Jahre wurden die beiden Erinnerungsstücke aus vergangenen Zeiten im Zuge der Dorferneuerung hergerichtet. Da der Zahn der Zeit stark an ihnen nagte, setzte sich vor allem Ortsreferent Oliver Jurk nachdrücklich und letztendlich erfolgreich für ihre Sanierung ein.
Anlaufpunkt der Klosterrunde
Am Sonntag konnte im Rahmen eines Brunnenfestes ihre Einweihung mit zahlreichen Gästen aus dem Stadtteil und weit darüber hinaus gefeiert werden. Die Brunnen sind nicht zuletzt wichtige Anlaufpunkte der so genannten „Klosterrunde“ des neuen Kulturweges.
Angefangen hatte die Brunneneinweihung schon am Morgen. Genau 40 Wanderer (nach einer Zählung von Stadtrat Arno Schlembach) starteten zu einer mehrstündigen Wanderung über die so genannte Klosterrunde des im vorigen Jahr eingeweihten Kulturweges. Dieser führt von Kleinwenkheim über das Kloster Maria Bildhausen und den Rindhof zurück zum Brunnen am „Eck“, wo den ganzen Tag über gefeiert wurde.
Wichtig für die Identität
„Diese Brunnen sind wichtig für die Identität des Stadtteils. Es ist unglaublich, was die Stadt und die Ortsteile an Attraktionen zu bieten haben“, betonte Bürgermeister Michael Kastl ( CSU ) bei der Begrüßung der zahlreichen Gäste. Zur Weihe der beiden Brunnen war Stadtpfarrer Pater Markus Reis OSA gekommen. Er erwähnte, dass Brunnen in der Bibel öfter erwähnt werden als Ort zur Begegnung, zum Leben, als Treffpunkte. Er vermisste deshalb eine Bank an dem Brunnen , wo sich die Bürgerinnen und Bürger begegnen können. „Das Holz braucht den Segen nicht so sehr, aber die Menschen hier“, betonte er, als er sie mit Weihwasser besprengte.
„Es ist schon etwas Besonderes, dass die beiden Brunnen hier noch stehen“, hob Ortsreferent Oliver Jurk hervor. Die Sanierung beider Brunnen sei gerade noch rechtzeitig vor dem geplanten Eröffnungsfest fertig geworden. Für ihn sind die beiden Brunnen „Erinnerungsstücke aus der guten alten Zeit, die erhalten werden sollten“.
Grundlegende Sanierung
Deshalb wurden die Brunnen auch abgebaut und grundlegend saniert, denn das Holz war morsch, vor allem die so genannten Schwingbäume. Der Stadtrat und der Bürgermeister ließen sich überzeugen, dass die beiden Brunnen Ortsbild-prägend sind und stellten die nötigen Gelder, 27.000 Euro, zur Verfügung. Anträge für eine Förderung eines Landesdenkmalamt und an den Bezirk wurden gestellt.
Einen besonderen Gag hatten sich die Verantwortlichen ausgedacht, als der erste Kübel mit Wasser aus dem Brunnen geschöpft werden sollte. Er enthielt nämlich Blumen und drei Flaschen „Wasser“, die Oliver Jurk an Bürgermeister Michael Kastl , Kulturmanager Nicolas Zenzen und Gerrit Himmelsbach, dem Projektleiter des Archäologischen Spessart-Projekts, weitergab.
Das Fest zur Einweihung der beiden Brunnen wurde musikalisch umrahmt vom Musikverein Kleinwenkheim unter der Leitung von Dirigent Martin Ziegler. Während die Erwachsenen auf den Bänken Platz nahmen und sich unterhielten, gab es für die Buben und Mädchen ein umfangreiches und unterhaltsames Kinderprogramm mit vielen Spielen.