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Detter
Warum in Weißenbach der Pfarrer gerne ein Gespräch am Gartenzaun führt
Nils Hönerlage ist zum evangelischen Pfarrer auf Lebenszeit ernannt worden. Warum er glaubt, dass der klassische Sonntagsgottesdienst keine Zukunft mehr hat und wie er künftig die Menschen erreichen will.
Installation Installation von Niels Hönerlage (rechts) zum Pfarrer. Links  Dekan Till Roth.       -  Installation Installation von Niels Hönerlage (rechts) zum Pfarrer. Links  Dekan Till Roth.
Foto: Verena Schiffler | Installation Installation von Niels Hönerlage (rechts) zum Pfarrer. Links Dekan Till Roth.
Marion Eckert
 |  aktualisiert: 26.08.2022 03:37 Uhr

Im Garten blühen die Kräuter. Das Hochbeet ist gut eingewachsen. Niels Hönerlage freut sich über das üppige Grün direkt am Gartenzaun. Bewusst habe er das Hochbeet direkt an der Gartenmauer angelegt, um auch in Corona-Zeiten mit der Bevölkerung ins Gespräch zu kommen und in Gespräch zu bleiben. Niels Hönerlage ist evangelischer Pfarrer in Weißenbach, mit den Kirchengemeinden Detter und Heiligkreuz.

Drei Jahre lebt er bereits mit seiner Frau und den zwei Katzen im schmucken Weißenbacher Pfarrhaus. Es waren drei Jahre des Kennenlernens und des Ankommens. Der Probedienst war im März diesen Jahres beendet und Hönerlage wurde im Rahmen eines festlichen Gottesdienstes zum Pfarrer auf Lebenszeit ernannt. Die sogenannte "Installation" wurde von Dekan Till Roth vorgenommen.

Niels Hönerlage hat sich bewusst für die Pfarrstelle in Weißenbach entschieden. Kennt er die Region doch schon von Kindheit an. Geboren und aufgewachsen ist er in Bad Brückenau. Nach dem Abitur war er ein Jahr beim CVJM in Schweinfurt in der Jugendarbeit tätig. Diese Zeit, aber auch sein Aufwachsen in Bad Brückenau, die Jugendzeit bei den Jesus Freaks, vor allem aber der Kontakt zum evangelischen Pfarrer Gerd Kirchner haben ihn stark geprägt. "Er ist ein positives Beispiel für einen Pfarrer."

Nach dem Abitur war sich Hönerlage gar nicht so sicher, was er studieren möchte, Medizin oder Lehramt kamen in Frage, aber eben auch die Theologie. "Am Ende wurde es Theologie. Es blieb von den vielen Ideen übrig."

In Erlangen studierte Niels Hönerlage evangelische Theologie. Das waren die Jahre 2008 bis 2015. Immer wieder legte er sich im Studium Schwerpunkte. "Altgriechisch fand ich faszinierend. Da habe ich im Neuen Testament viel gemacht."

Ein Jahr war Hönerlage in Hamburg, dort ging es um praktische Theologie , um Seelsorge. Er absolvierte ein halbjährliches Praktikum in einem Krankenhaus. Es folgte ein Liturgisches Semester mit Schwerpunkt Gottesdienstgestaltung und wiederum praktischer Theologie.

Ein Semester beschäftigte er sich nahezu ausschließlich mit Ethik und ethischen Fragen in der Medizin. "Ich habe mit Zeit gelassen mit dem Studium, weil ich mich sehr vieles interessiert hat." Auch in Geschichte und Psychologie besuchte er Vorlesungen.

Zunächst war für Niels Hönerlage gar nicht so klar, dass er Pfarrer werden würde. "Ich wollte nicht nur Fachwissen anhäufen, sondern rechts und links schauen." Nach dem Studium arbeitete er ein Jahr in der Flüchtlingshilfe in Göttingen, wo seine Frau damals studierte.

Im Anschluss ging es nach Würzburg, Hönerlage begann im Stadtteil Heuchelhof in der Gemeinde mitzuarbeiten. "Eine tolle Gemeinde. Ich hatte viele Freiheiten und viel Rückdeckung. Ich konnte mich ausprobieren und sammelte viel praktische Erfahrungen." Zweieinhalb Jahre dauerte das Vikariat. Während dieser Zeit sind ihm vor allem die gut 20 Taufen in guter Erinnerung geblieben. Aber auch belastende Situationen erlebte er, Beerdigungen nach Suizid beispielsweise. "Das Vikariat hat mich auf die Pfarrstelle vorbereitet."

Am 1. März 2019 kam Familie Hönerlage nach Weißenbach und hat sich sofort in dem Ort und den Gemeinden wohlgefühlt, wie Hönerlage erzählt. Dankbar sei er, dass er zumindest ein Jahr vor der Pandemie die Gemeinden habe kennen lernen können und gemeinsam mit dem Kollegen aus Bad Brückenau und der Kollegin aus Zeitlofs bereits die Grundlagen für die Zusammenarbeit legen konnte.

In seinen Gemeinden ging es Hönerlage zunächst gar nicht so sehr um neue Impulse, sondern um Bestätigung und Bestärkung des bereits vorhandenen lebendigen Gemeindelebens. "Es begeistert mich, wie viele Ehrenamtliche sich hier engagieren und wie viele junge Leute mit Begeisterung dabei sind." 750 Gemeindemitglieder hat Hönerlage, gut 100 seinen in der einen oder anderen Weise ehrenamtlich aktiv. "Sensationell" sei das und mache ihm die Arbeit als Pfarrer leicht, zumal die Menschen aufgeschlossen und interessiert seien.

Den Tauferinnerungsgottesdienst, einen Mitsinggottesdienst zur Weihnachtszeit, den Kindergottesdienst in Detter und die Kinder-Abendmahlfeier nannte er als einige Neuerungen. Gerade die Kinder-Abendmahlfeier liegt Hönerlage am Herzen. Wichtig sei ihm auch die Zusammenarbeit mit den Kollegen, im Altlandkreis Bad Brückenau, um vakante Pfarrstellen für künftige Kandidaten so attraktiv wie möglich zu gestalten. So wurde in diesem Jahr ein gemeiner Pfarrbrief der Pfarreien Bad Brückenau, Weißenbach und Zeitlofs herausgegeben, weitere Gemeinden könnten sich anschließen. Ab Herbst werde bei der Vorbereitung auf die Konfirmation zusammen gearbeitet. Eine gemeinsame Homepage sei in Planung.

In der Corona-Zeit wurden Andachten und Impulse auf Youtube veröffentlicht. "Ich sehe mich auch als Netzwerker. Wir müssen in Zukunft enger zusammen arbeiten."

Das Thema Kirchenaustritte treibt Niels Hönerlage um. Es sei ein Trend der Zeit. "Der klassische Sonntagsgottesdienst wird keine Zukunft haben. Es geht vielmehr um neue Gottesdienstformen, zielgruppengerecht." An der Botschaft des Evangeliums gebe es indes keinen Zweifel. "Die Botschaft ist hoch relevant, gerade in dieser Zeit. Gott heißt uns so, wie wir sind, willkommen, mit all unseren Fehlern." Dieses Gefühl möchte Hönerlage den Menschen, die ihm als Pfarrer anvertraut sind und die ihm begegnen vermitteln - und wenn es nur beim Gespräch am Gartenzaun ist.

 
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