Stellenweise verwilderte Gräber und teilweise meterhohes Gras auf den Grünflächen sorgen bei manchen Besuchern des Bad Kissinger Parkfriedhofs für Unmut. Doch ist die Kritik an der gärtnerischen Pflege berechtigt? Wer ist überhaupt verantwortlich?
"Unbestritten sind in den vergangenen Jahren teilweise in einigen Bereichen des Parkfriedhofs Missstände aufgetreten, die wir nach und nach bereinigen werden", gesteht die Stadtverwaltung auf Nachfrage. Deshalb werden aktuell ungepflegte Grabstellen aufgenommen." Doch für die Gräber sind die jeweiligen Grabnutzungsberechtigten allein verantwortlich.
"Die Grabstätten sind stets in einem ordnungsgemäßen Zustand zu halten und zu pflegen", heißt es deshalb ausdrücklich in der Friedhofsordnung, die am Eingang aufgestellt ist. Wenn einzelne Gräber ungepflegt erscheinen, kann die Stadt diese nicht einfach selbst räumen, "da dies rechtlich nicht möglich ist, solange ein Grabnutzungsrecht besteht", argumentiert Björn Denner, städtischer Abteilungsleiter Zentrale Dienste. "Deshalb können Gräber im Einzelfall erst nach eingehender Prüfung geräumt werden", was allerdings schwierig sein kann, wenn der Nutzungsberechtigte nicht kontaktiert werden kann. Dies werde allerdings durch die im Januar erlassene Friedhofssatzung künftig erleichtert. So konnten Anfang April bereits 20 verwahrloste Grabstellen aufgelöst und eingeebnet werden.
Als ungepflegt fällt manchem Friedhofsbesucher je nach Jahreszeit auch das meterhohe Gras auf den Grünflächen um die Grabfelder auf. Doch dies ist als Teil des landkreisweiten Umweltprojekts "Grüngitter" ausdrücklich gewollt, um Wildbienen, Schmetterlingen und anderen Insekten Lebensraum zu bieten. Diese naturbelassenen Wiesenflächen werden nur selten gemäht, was nicht nur der Umwelt, sondern auch dank geringeren Personaleinsatzes dem städtischen Haushalt nützt. Immerhin investiert die Stadt jährlich "eine sechsstellige Summe" allein in den Unterhalt des acht Hektar großen Parkfriedhofs.
"Der Pflegezustand des Friedhofs ist vielleicht nicht mehr hundertprozentig", stimmt Mona Meder ( Bestattungen Meder ), deren Unternehmen auf etwa 50 Friedhöfen der Region im Einsatz ist, vereinzelt zu hörender Kritik zu. Allerdings seien die von der Stadt erhobenen Friedhofsgebühren längst nicht kostendeckend, ist sie sich mit ihrem Kollegen Rüdiger Fehr (Apfelbacher & Fehr) einig. Deshalb müsse man gewisse Abstriche zulassen.
Zudem wächst der Trend zu Wald-, Baum und Wiesenbestattungen, weshalb es immer mehr aufgelassene Grabstellen gibt. Auch der unerlaubt auf naturnahen Grabfeldern abgelegte Blumenschmuck muss immer wieder von der Stadt entsorgt werden. "Das ist personal-, arbeits- und zeitintensiv", gibt Fehr zu bedenken. Generelle Kritik wollen beide Bestatter deshalb nicht gelten lassen.
"Nicht herausragend, aber angemessen gepflegt", vergleicht Fehr den städtischen Friedhof mit denen anderenorts. "Kleinere Friedhöfe in den Dörfern sind vielleicht besser gepflegt", weiß Meder aus ihrer täglichen Arbeit. "Aber auf dem Land ist die Eigeninitiative der Dorfbewohner auch stärker als in der Stadt." Auf dem Parkfriedhof ist die Grüne Truppe der Lebenshilfe "fast täglich im Einsatz", versichert Denner.
Bei allem Verständnis für diese Argumente wünscht sich ein Kissinger (Name ist der Redaktion bekannt) eine gepflegtere Anlage der Kindergräber. "Dort sieht es leider sehr verwahrlost aus." Wenn dort seit Monaten statt eines Grabes nur ein Erdhaufen mit Metallumrandung zu sehen sei, "finde ich dies sehr pietätlos". Dem entgegnet Björn Denner auf Nachfrage: "Es kommt immer wieder vor, dass Angehörige eine Zeit brauchen, um die Grabstelle zu gestalten."
Auch für die "Himmelswiese", die Ruhestätte für totgeborene Kinder und Embryos, wünscht sich der Kritiker eine passendere Gestaltung als die Unkrautwiese mit einem "Gestänge, unter dem sich niemand etwas vorstellen kann". Nach seiner Vorstellung wäre eine hübsche Blühwiese mit einem schönen Baum in der Mitte eine würdigere Grabanlage. Doch auch dieser Kritik widerspricht Denner ausdrücklich: Die Himmelswiese sei "dank des Engagements der Klinikseelsorge und der Christian-Presl-Stiftung geschaffen und mit Bildhauer Reinhard Kraft ein Künstler gefunden worden, der diesen Ort für 'Sternenkinder' gestaltet hat". Auf einer halbkreisförmigen Kiesfläche steht eine "Sternschale" aus Marmor. Seitlich versetzt bewegt sich der "Sternenflügel", ein Mobile an einer gebogenen Rute, das sich auch als Engel deuten lässt.