Das Abwasser im Landkreis regelmäßig auf Coronaviren zu untersuchen, um stets über die aktuelle Verbreitung des Virus und seiner Mutanten im Bilde zu sein, fordert die AfD-Fraktion in einem Antrag an den Kreistag. In dem Schreiben, das am Montag im Kreisausschuss zur Diskussion stand, lautet der Appel, möglichst bald ein Abwasser-Überwachungssystem in den Kommunen einzurichten. Die AfD bezieht sich dabei auf eine Empfehlung der EU von Anfang Mai.
Der Hintergrund: Die EU-Kommission hatte die 27 Mitgliedsstaaten dazu aufgerufen, zur Eindämmung der Pandemie künftig regelmäßige Kontrollen des Abwassers in den Städten und Gemeinden vorzunehmen. Laut EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius könnte diese Maßnahme eine kostengünstige, schnelle und verlässliche Quelle für Informationen sein, was die Verbreitung des Virus in der Bevölkerung angeht. Die Abwasserüberwachungssysteme einzurichten, ließe sich nach Sinkevicius‘ Ansicht, innerhalb von sechs Monaten auf die Beine stellen.
Zweimal wöchentlich Stichproben
In den Kommunen des Landkreises könnten zweimal wöchentlich Stichproben genommen werden, heißt es in dem AfD-Antrag. Sei das Virus nicht im Abwasser zu finden, könnte das dafür sprechen, dass das untersuchte Gebiet ein geringes Corona-Risiko hat. Dies müsste dann automatisch zur Lockerung der Einschränkungen der Grundrechte führen, so die Kreistagsfraktion weiter.
In der Region Berchtesgadener Land setze bereits auf Abwasseranalysen und es gebe eine Studie aus Weiden in der Oberpfalz in Zusammenarbeit mit der TU München, werden in dem Antrag zwei Beispiele genannt. Die AfD verweist in diesem Zusammenhang auf die Aussage von CSU-Ministerpräsident Markus Söder, der in einer Fernsehsendung geäußert hatte, dass das Pandemie-Geschehen und die Impfungen seiner Vermutung nach in den kommenden Jahren Alltag werden würden.
EU-Appell ging an die Länder
Die Herrschaft über die Kläranlagen in den Städten und Kommunen liegt nicht beim Landkreis, beleuchtete Regierungsdirektor Thomas Schoenwald die rechtliche Situation im Ausschuss und verwies darauf, dass der EU-Appell an die Länder gerichtet sei. Die TU München hat im Berchtesgadener Land zwar ein Modellprojekt gestartet, daraus könne man jedoch nicht einfach verlässlichen Daten für alle ableiten, sagte Schoenwald. Vielmehr müsste das Umweltministerium aus dieser Studie nun erst Ergebnisse ableiten und Wege für die Kommunen aufzeigen. "Man müsste wissen, welche Daten man braucht." Jetzt schon den Anlagenbetreibern irgendetwas vorzugeben, sei nicht möglich.
AfD-Kreisrätin Freia Lippold-Eggen zeigte Verständnis dafür, dass offenbar derzeit noch die rechtliche Basis im Kreis fehlt, ein Frühwarnsystem für Kläranlagen einzuführen. "Aber man könnte jetzt mit den Anlagebetreibern sprechen und Pläne machen." Nach Schoenwalds Ansicht seien dazu aber Erkenntnisse aus Analysen notwendig, die von den zuständigen Ämtern zuvor auch überprüft wurden. "Es fehlt noch das Handwerkszeug."
Im Abwasserzweckverband schwer umsetzbar
Maßbachs Bürgermeister Matthias Klement verwies auf die Schwierigkeit, solche Daten in Kommunen der Abwasserzweckverbände überhaupt zu erheben. Im Abwasserzeckverband Obere Lauer zum Beispiel, dem er selbst vorsteht, sind Kommunen aus drei Landkreisen zusammengeschlossen. "Da kann ich gar keine Erkenntnisse gewinnen."
Landrat Bold verwies darauf, dass das Thema inhaltlich nicht weiter diskutiert werden könne, weil der Kreis nicht zuständig ist. Lippold-Eggen zog den Antrag zurück. Sie gab jedoch zu bedenken, dass im abgelaufenen Corona-Jahr von verschiedenen Seiten Kritik an der Bundespolitik geübt worden sei: Politiker haben während der Pandemie zu spät auf Situationen reagiert, die eigentlich absehbar waren, hätten Kritiker moniert. Dem habe die AfD-Kreistagsfraktion mit ihrem Antrag etwas entgegensetzen wollen.
Kein Verständnis bei B'90/Die Grünen
B'90/Die Grünen-Fraktionssprecher Volker Partsch hatte dafür kein Verständnis. Die AfD habe überregional lange Zeit Anti-Corona-Maßnahmen "blockiert" und sich beispielsweise gegen das Tragen von Schutzmasken gewehrt, entgegnete er. Im Landkreis Bad Kissingen sei jedoch in der Corona-Krise sehr viel bewegt worden. Einer Oppositionspartei müsse man das Recht zusprechen, Kritik zu üben, fand hingegen AfD-Kreisrat Peter Eggen und verwies darauf, dass der Antrag seiner Fraktion nicht auf der Landespolitik seiner Partei aufbaue, sondern auf die Gegebenheiten im Landkreis abziele.