Kurz bevor er sein Smartphone abgeben musste, hat Matthias Mangiapane in den sozialen Netzwerken noch einmal kräftig Werbung für sich gemacht. Der Reality-TV-Darsteller aus Diebach (Lkr. Bad Kissingen) will beim RTL-Dschungelcamp unter die letzten Drei kommen. Diesen Freitag (21.15 Uhr) startet die zwölfte Staffel der schrillen Show. Warum „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus“ so beliebt ist, weiß der Psychologe Benjamin Lange von der Universität Würzburg.
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Lange (39), der am Institut Mensch-Computer-Medien über Phänomene wie die Partnerwahl im Internet forscht, ist kein regelmäßiger Dschungelcamp-Gucker. „Aber ich kenne die Sendung vom Durchzappen.“ Nach fünf bis zehn Minuten schalte er in der Regel wieder um. „Mehr ertrage ich nicht“, sagt der Wissenschaftler und lacht. Sein Urteil fällt wenig schmeichelhaft aus: „Das Dschungelcamp ist Affektfernsehen prototypischter Machart.“ Die Macher bedienten sich in „unglaublicher Konsequenz“ an Stereotypen und Klischees.
Sendung appelliert an Instinkte
Der Medienpsychologe kann den Erfolg der Sendung jedenfalls erklären. Sie appelliere an die „menschlichen Instinkte“. Die Zuschauer könnten zugucken und sich daran ergötzen, „wie die sogenannten Promis im Dreck hocken und Würmer essen“. Dies erhebe sie zumindest vorübergehend in der sozialen Hierarchie – und vermittle ihnen so ein gutes (Selbstwert-)Gefühl. Psychologen sprechen vom „abwärts gerichteten sozialen Vergleich“. Auch andere Reality-Shows wie „Bauer sucht Frau“ oder „Schwiegertochter gesucht“ funktionierten nach diesem Prinzip. Schadenfreude und der Ekel, den die sogenannten Dschungelprüfungen auslösen, spielten ebenfalls eine Rolle, wenn es um die Wirkung geht.
Er brauche das Dschungelcamp nicht, bekräftigt Lange. Er habe einfach keinen Spaß an der Sendung, daran könnten auch die ironisch-sarkastischen Kommentare der beiden Moderatoren Sonja Zietlow und Daniel Hartwich, die das Geschehen für die Zuschauer wie ein „Erzähler“ einordnen, nichts ändern. Bedenken, von der Sendung könnten irgendwelche Gefahren für Minderjährige ausgehen, wie sie Jugendschützer vor allem während der ersten Staffeln geäußert hätten, hat der Psychologe aber nicht.
Man dürfe die Wirkung von Fernsehen nicht überschätzen, mahnt Lange zu Gelassenheit. Niemand müsse sich den Trash anschauen, kleine Kinder säßen zur Sendezeit am späten Abend „hoffentlich“ eh nicht mehr vorm Bildschirm.
„Exzentrisch und narzisstisch sind sie alle“
Über die Motive der Kandidaten, die mitmachen, möchte der Medienpsychologe nicht spekulieren. „Extrovertiert und narzisstisch sind sie alle, sonst wären sie nicht zum Fernsehen gegangen“ sagt er. RTL wähle sehr geschickt die unterschiedlichen Typen aus, hier den Schweiger, dort den Aufsprecher oder die Heulsuse. „Wer mitmacht, muss eine bestimmte Rolle spielen.“ Manchmal habe auch er angesichts eines solchen Settings in der Vergangenheit sogar Mitleid mit Kandidaten gehabt, „etwa mit dem ehemaligen ,Der Preis ist heiß'-Co-Moderator Walter Freiwald“, der sehnsüchtig hoffte, das Camp verlassen zu dürfen, von den Zuschauern aber lange nicht herausgewählt wurde.
Und was erwartet der Psychologe von Matthias Mangiapane, dem Mainfranken im aktuellen Dschungelcamp, der in manchen Boulevardmedien bereits als Mitfavorit für den Dschungelkönig gehandelt wird? Langes Antwort ist lapidar: „Matthias wer?“