Vor fast 30 Jahren wurde der Gradierbau bereits erneut aufgebaut. Nun gibt es wieder Probleme: Die Stahlverbindungen haben unter der andauernden Feuchtigkeit gelitten und rosten.
„Es tut weh, wenn man durch die Presse mitbekommt, wie das Gradierwerk in Bad Kissingen in sich zusammenfällt. Unseren Vorfahren, die das Bauwerk vor uns aufbauten, wäre das nicht passiert“, schrieb dazu Karl-Heinz Mauer in einem Leserbrief. Er ist Zimmerermeister in Ruhestand aus Bad Kissingen .
Über Zaun geklettert und Gradierbau ausgemessen
Mit dem Gradierwerk hatte er sich vor 30 Jahren ausführlich beschäftigt. Damals habe ihn ein Bekannter gebeten, sich den zerfallenden Bau genauer anzusehen, um für einen Bericht im Fernsehen eine Einschätzung zu geben. Wegen seiner Instabilität war er damals jedoch eingezäunt.
„Also habe einen Kollegen aus dem Schweinfurter Kreis angerufen und sagte: ,Pass auf, ich brauch dich heute Abend, wir fahren mal nach Kissingen‘“, erzählt der Zimmerermeister. „Also sind wir nach Bad Kissingen gefahren, mit der Leiter über den Zaun und haben das ganze Ding ausgemessen. Am Abend habe ich mich hingesetzt und mir alles angesehen.“
So wusste er über Maße, Material, Volumen und den Arbeitsaufwand, der darin steckte, Bescheid.
Auftritt im BR-Bericht
Der TV-Bericht des Bayerischen Rundfunk aus den frühen 90ern handelte damals von dem schlechten Zustand des Baus: „Kein Wasser rieselt mehr. Der Nordteil steht kurz vor dem Einsturz“, sagt der Sprecher des Beitrages. Laut dem Bericht des BR sei der Bau mindestens 200 Jahre alt gewesen, andere Quellen zeigen ein noch höheres Alter das Gradierbaus auf.
In dem Bericht schlug Zimmerer Karl-Heinz Mauer damals vor, das Gebäude komplett abzubauen. „Zwei Drittel von dem Holz sind kaputt, aber ein Drittel könnte man wohl noch verwenden“ schätze er. Er schlug vor, es zu machen, „wie man es früher gemacht hat“: Zimmermansmäßig mit Holzverbindungen – ohne Schrauben.
Vorschlag lag beim Landbauamt
Die Kostenaufstellung, die Karl Heinz Mauer für seine Variante errechnete, liege bereits beim Landbauamt, hieß es in dem Bericht. „Die Baubehörde findet die Vorstellungen solide, mindestens um ein Drittel billiger wären sie auch, aber man muss alles noch prüfen“, klärt der Sprecher des Beitrages auf.
Nach Ausstrahlung des Berichts sei Mauer vom Leiter des Landbauamtes einbestellt worden, weil er sich unerlaubt auf dem Bau aufgehalten hatte. Ein halbes Jahr bis Jahr später sei die Ausschreibung vom Landbauamt Schweinfurt gekommen, jedoch sei die Ausführung mit Stahl und Stahlblechverbindungen geplant gewesen.
„1994 haben die die Mittel für die Erneuerung des Baus eingestellt, also sind es nicht mal 30 Jahre, und jetzt fällt das Ding wegen dieser Stahlteile auseinander“, ärgert sich der Zimmerer. Er versteht nicht, warum der Bau nicht wieder so aufgebaut wurde, wie es schon die Vorfahren taten.
Bauamt wollte auf Außenstreben verzichten
Beim Staatlichen Bauamt , das früher das Landbauamt war, nachgefragt, sagt Pressesprecherin Nina Marder: „Über die konkreten Gründe für die damals getroffenen Entscheidungen lassen sich mittlerweile leider nur noch Mutmaßungen anstellen.“ Die vorhandenen Unterlagen ließen darauf schließen, dass man bei der Erneuerung des Gradierbaus auf die Außenstreben verzichten wollte.
„Es ist davon auszugehen, dass man dadurch das Ziel verfolgte, die Zugänglichkeit des Gradierwerks für Besucherinnen und Besucher zu verbessern. Der Entfall dieser Stützen machte voraussichtlich dann den Einsatz von Stahlbauteilen zur Aussteifung notwendig.“
Es sei außerdem dokumentiert, dass Informationen zu anderen Gradierwerken eingeholt und Vergleichsobjekte wie die Gradierbauten in Bad Salzungen und Bad Orb besichtigt wurden.
„Um die Standsicherheit nachweisen zu können und fortan die Auswechselbarkeit einzelner Konstruktionsteile im Bauunterhalt zu verbessern, wurde von der üblichen Pfosten-Riegel-Streben-Konstruktion abgewichen und eine sogenannte Pfosten-Zangen-Konstruktion gewählt“, heißt es weiter aus dem Bauamt .
Neubau mit Holzverbindungen
Nachdem die damals Zuständigen Stellungnahmen zur Beschaffenheit der Stähle eingeholt hatten, entschieden sie sich bei den „unumgänglich notwendigen Stahlteilen“ der Neukonstruktion für eine verzinkte Ausführung mit zusätzlichem Schutzanstrich.
„Es ist davon auszugehen, dass dies aus Sicht des damaligen Landbauamts die sicherste und wirtschaftlichste Lösung darstellte“, so Nina Marder aus dem Staatlichen Bauamt . Karl-Heinz Mauer schätzt: „Wahrscheinlich hat man nicht bedacht, dass die Verzinkung abplatzt, wenn die Schraube in das Loch geklopft wird und die Mutter darauf gedreht wird.“
Pläne für Neubau mit Holzverbindungen
Nun gibt es die Pläne für den Neubau. Würde man nur die Stahlverbindungen austauschen, würden diese nicht ewig halten und müssten intensiv gewartet werden, hieß es nach einer Prüfung des Freistaats im Jahr 2022.
Der Ersatzneubau soll also mit zimmermannsmäßigen Holzverbindungen im Tragwerk gebaut werden – also so, wie Mauer es damals vorschlug. Die Holzkonstruktion komme zwar teurer, halte aber doppelt so lange wie mit den Stahlverbindungen.
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Das passiert eben, wenn Leute ohne Ausbildung und Berufserfahrung Entscheidungen treffen müssen, für die sie nicht qualifiziert genug waren.
Dennoch erhalten diese ihre Pensionen, ohne jemals zur Verantwortung gezogen werden zu können.
Das ist die Krux am Beamtenstaat.
Unsere Vorfahren haben verantwortungsvoller zum Wohle der Gesellschaft agiert.
Man sieht das an der Haltbarkeit ihrerBauten.
Die Nachkriegsgeneration hat da wenig geleistet, wenn man die zu sehende Haltbarkeit zu Grunde legen möchte.
Schade für das versemmelte Steuergeld…