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Machtilshausen: „Schutzengelich“ bleiben heuer aus
Die Wallfahrt von Machtilshausen nach Münnerstadt geht auf das Jahr 1851 zurück. 2019 fand sie zum letzten Mal statt, der Neustart ist nicht geglückt.
167 Mal sind die Wallfahrer aus Machtilshausen zum Schutzengelmarkt nach Münnerstadt gekommen, zuletzt 2019. Der Versuch, die Wallfahrt nach Ende der Pandemie neu zu beleben, ist bislang gescheitert.       -  167 Mal sind die Wallfahrer aus Machtilshausen zum Schutzengelmarkt nach Münnerstadt gekommen, zuletzt 2019. Der Versuch, die Wallfahrt nach Ende der Pandemie neu zu beleben, ist bislang gescheitert.
Foto: Kilian Trabert/Archiv | 167 Mal sind die Wallfahrer aus Machtilshausen zum Schutzengelmarkt nach Münnerstadt gekommen, zuletzt 2019. Der Versuch, die Wallfahrt nach Ende der Pandemie neu zu beleben, ist bislang gescheitert.
Ralf Ruppert
 |  aktualisiert: 30.09.2024 15:30 Uhr

Die Wallfahrt nach Münnerstadt Anfang September hat für viele Machtilshäuser ganz selbstverständlich dazu gehört. „Selbst wenn die Kartoffeln rausgemusst hätten: Wenn’s nach Münnerstadt ging, ist alles liegen gelassen worden“, erzählt Elisabeth Simon.

Bereits als Kind sei sie regelmäßig mitgelaufen, berichtet die 56-Jährige. Auch Gemeinderat Elmar Zier (55) war schon als Ministrant mit dabei.

Kreuz, Marienbild und Fahnen haben auch unterwegs immer dazugehört.       -  Kreuz, Marienbild und Fahnen haben auch unterwegs immer dazugehört.
Foto: Archiv/Oswald Zier | Kreuz, Marienbild und Fahnen haben auch unterwegs immer dazugehört.

Im Jahr 2019 zogen noch rund 50 Machtilshäuser in Münnerstadt zum Schutzengelfest ein. „Damals fand die Wallfahrt nach unseren Unterlagen vom 167. Mal statt“, berichtet Elisabeth Simon. Leider war es vermutlich auch das letzte Mal.

Ab 2020 pandemiebedingte Pause

2020 machte die Corona-Pandemie den Machtilshäusern einen Strich durch die Rechnung. Wie viele andere Wallfahrten fiel auch die Schutzengel-Wallfahrt aus.

Mitten im Wald schmeckt die Brotzeit besonders gut.       -  Mitten im Wald schmeckt die Brotzeit besonders gut.
Foto: Archiv/Oswald Zier | Mitten im Wald schmeckt die Brotzeit besonders gut.

Während sich viele Wallfahrten aus der Region – zum Kreuzberg, nach Retzbach, Walldürrn oder Dettelbach – jedoch erholt haben und zum Teil mehr Teilnehmer als früher haben, scheiterte eine Neuauflage in Machtilshausen . „Wir haben schon 2022 einen Aufruf in den Pfarrbrief geschrieben, aber es haben sich nur wenige gemeldet“, berichtet Elisabeth Simon von der Kirchenverwaltung.

Name geht auf Bettelorden zurück

Sie bedauert, dass eine so lange Tradition so jäh ende. „Wenn wir in Münnerstadt eingezogen sind, hieß es immer: Die Schutzengelich aus Machtilshausen kommen“, erinnert sich die 56-Jährige.

Der Name stammt aus der Zeit, in der die Augustiner noch auf dem Land um Lebensmittel bettelten. Dazu wohnten die Ordensbrüder bei ortsansässigen Familien. Diese Gastgeber seien dann von den Augustinern als Dankeschön eingeladen worden, das Titularfest Maria Trost in Münnerstadt mitzufeiern.

Augustiner dankten ihren Gastgebern

Bei den Augustinern habe man diese Wohltäter „Schutzengel“ genannt, heißt es in einer Wallfahrtschronik. Dieser Begriff sei auch auf das Schutzengelfest übergegangen, obwohl in der katholischen Kirche das Schutzengelfest bereits im 17. Jahrhundert eigentlich auf den 2. Oktober verlegt wurde.

Engagierte Musikerinnen und Musiker begleiten unterwegs die Lieder.       -  Engagierte Musikerinnen und Musiker begleiten unterwegs die Lieder.
Foto: Archiv/Oswald Zier | Engagierte Musikerinnen und Musiker begleiten unterwegs die Lieder.

Früher seien einfach rund um das Maria-Trost-Fest viele Menschen zum Teil mit Leiterwagen in die Stadt gekommen. Deshalb wurde die Tradition beibehalten.

Termin wäre heuer der 2. September gewesen

Anders als viele andere Marienfeste, etwa der Feiertag Mariä Himmelfahrt am 15. August, ist das Maria-Trost-Fest kein Festtag im Kirchenkalender.

In Münnerstadt wird es traditionell am Wochenende nach dem Augustinustag (28. August) gefeiert, in diesem Jahr wäre die Wallfahrt auf den 2. September gefallen.

Heimatfest erinnert an Rettung der Stadt

Ans Titularfest Maria Trost schließt sich in Münnerstadt der Marienfeiertag Mariä Geburt am 8. September an.

Bei der besonders festlichen Schwedenprozession danken die Münnerstädter bis heute der Muttergottes, dass sie den Ort 1641 vor schwedischen Truppen bewahrt haben soll. Die glücklich verlaufene Belagerung ist auch Thema des Heimatspiels.

Erste Wallfahrt im Jahr 1851

In Machtilshausen ist laut Elisabeth Simon überliefert, dass Bürger aus dem Ort das Schutzengelfest in Münnerstadt miterlebten. Sie seien so beeindruckt gewesen, dass sie ab 1851 jährlich eine Wallfahrt organisierten.

Die war in ihrer Geschichte vielen Änderungen unterworfen: Zu Beginn wurde angeblich ein schweres Holzkreuz mitgetragen, das heute in der Kreuzkapelle hängt. Später wurde eigens ein Marienbild für die Wallfahrt angefertigt. Die Ministranten hätten aber zusätzlich immer auch ein Prozessionskreuz und Fahnen mitgetragen, erzählt Elisabeth Simon.

Teil der Strecke wurde per Bahn zurückgelegt

Am Anfang liefen die Machtilshäuser wohl am Samstag hin und am Sonntag zurück. Als 1924 die Bahnlinie Hammelburg-Bad Kissingen in Betrieb ging, fuhren die Machtilshäuser bis nach Bad Kissingen, später stiegen sie auf den Bus um.

Erst ab dem Jahr 2011 gab es wieder eine echte Wallfahrt , gleichzeitig wurde laut Elisabeth Simon die Strecke geändert: Um viel befahrene Straßen zu vermeiden, geht es zum Beispiel nicht mehr durch Nüdlingen, sondern durch den Wald oberhalb von Reiterswiesen.

 

Fußgruppe startete um 6 Uhr

Morgens um 6 Uhr startete die Fußgruppe, die vorbei an Trimberg und Euerdorf durchs Saaletal unterwegs war. Rund 40 Mal sei sie selbst mitgelaufen, berichtet Elisabeth Simon, ab 2011 als Wallfahrtsführerin.

Allerdings hätten sich immer mehrere das Vorbeten geteilt: „Jeder, der wollte, konnte sich beteiligen.“ Auch einige Musikerinnen und Musiker liefen den kompletten Weg. Um 9.30 Uhr fuhr dann immer der Bus ab, beide Gruppen trafen sich bei Nüdlingen für den restlichen Weg bis Münnerstadt.

Bereits ein Jahr Pause im Jahr 2013

„Es ist immer schwieriger geworden, noch Leute zu finden“, erinnert sich der Machtilshäuser Gemeinderat Elmar Zier an den Niedergang der Wallfahrer. Im Jahr 2013 sagte die Kirchenverwaltung die Wallfahrt deshalb zum ersten Mal ab.

Nach einem Jahr Pause gab es damals jedoch einen Neustart. Damit rechnet Elisabeth Simon aktuell nach der vierjährigen Corona-Pause nicht mehr. „Es gibt mal die ein oder andere Nachfrage, aber das reicht nicht“, sagt die 56-Jährige, die selbst nach einer Knie-OP nicht mehr den ganzen Weg laufen könne.

 

Kirchenverwaltung würde Neustart unterstützen

„Wir wollen ja auch nicht mit zehn Leuten nach Münnerstadt reinlaufen, das wäre ein jämmerliches Bild“, ergänzt sie. Ganz aufgeben will Elisabeth Simon die Hoffnung trotzdem nicht: Wenn sich Interessierte finden, würde die Kirchenverwaltung einen Neustart der Wallfahrt sicherlich unterstützen.

Vielleicht würden die Machtilshäuser Musikanten zumindest bei der Lichterprozession spielen: „Aber darum müssten sich die Münnerstädter selbst kümmern“, betont Elisabeth Simon.

Mehr zum Schutzengelfest in Münnerstadt und Wallfahrten in der Region:

 
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