Anfang September hat in Ramsthal der neue Wald-Kindergarten "Weinbergschneckle" seinen Betrieb aufgenommen. In rekordverdächtiger Zeit haben es die Verantwortlichen des Trägervereins "Waldkindergarten Ramsthal " mit Unterstützung der beteiligten Behörden, der Gemeinde und aktiven Mitgliedern geschafft, das Projekt zu realisieren. Auch coronabedingte Beeinträchtigungen führten zu keinen nennenswerten Verzögerungen. Eine Eröffnung und Einweihung mit Teilnahme der Öffentlichkeit fand aber bislang nicht statt. Das soll nachgeholt werden, sobald die Pandemie es zulässt.
Nach etlichen Tagen mit schlechterem Wetter und Anlaufschwierigkeiten läuft der Betrieb mittlerweile in festen Bahnen: Der Leiter des Kindergartens , Stephen Rundell, betreut mit Erzieherin Steffie Netzel, Kinderpflegerin Heidi Wolf und Sozialpädagogin Gabriele Morath inzwischen 17 Kinder, die zum großen Teil aus Ramsthal kommen. Alle Mitarbeiter verfügen nach Angaben des Trägervereins über langjährige Erfahrung. Steffie Netzel macht zurzeit zusätzlich eine Ausbildung zur Naturführerin.
Als besondere Anforderungen an die Betreuer nennt der Verein eine hohe Aufmerksamkeit und Wachsamkeit wegen der nicht begrenzten Spielfläche, dem Einsatz von Werkzeugen durch die Kinder und beim Kontakt mit giftigen Pflanzen. Eine Erste-Hilfe-Ausbildung sei genauso selbstverständlich wie ein Handy für Notfälle und eine Kontaktliste der Kinder. Grundvoraussetzung seien Liebe, Verständnis und Begeisterung für die Natur, betont das Team. Der gesamte Ramsthaler Wald stehe als Lern- und Erfahrungsraum zur Verfügung.
Der Kindergarten ist von 7.30 bis 14.45 Uhr geöffnet. Im pädagogischen Konzept geben die Jahreszeiten viele Abläufe vor. Für die Kinder spielen auch besondere Plätze eine Rolle. So kommen sie immer wieder zum "Waldsofa", zum "Drachennest" und zur "verwunschenen Buche". Auch im Bereich der "Wolfslöcher" soll noch ein Platz für die Aktivitäten der Kinder eingerichtet werden.
Die Witterung stellt nach Angaben von Stephen Rundell kein Problem dar. Wichtig seien gutes Schuhwerk sowie wetterentsprechende Jacken und Hosen. Das Erkrankungsrisiko ist nach seiner Ansicht und den bisherigen Erfahrungen geringer als in einem Regelkindergarten, weil die Kinder immer an der frischen Luft sind. Der Leiter der Ramsthaler Einrichtung verweist darauf, dass nach dem Lockdown im Frühjahr die Wald-Kindergärten früher als die Regel-Kindergärten ihren Betrieb wieder aufnahmen.
Die Erziehung der Kinder sei durch die Natur geprägt. Bei Spaziergängen würden zum Beispiel Abfälle und Unrat gesammelt und anschließend entsorgt. Die Vorschulausbildung der Kinder wird in das laufende Programm integriert. Unterschiede gebe es in der Freiheit und Betätigung der Kinder. So freuen sich die Drei- und Vierjährigen, dass sie Fangen spielen und mit Werkzeugen wie Hammer und Schere umgehen dürfen. Kinder ab fünf Jahren dürfen sogar schnitzen.
Die Kinder Lilly und Emma berichten, dass ihnen am besten im Waldkindergarten der Regen und die Sonne gefallen und dass sie immer draußen sein dürfen. Eine Mutter äußert sich erstaunt, dass sich ihr Kind am Morgen freut, wenn es regnet. Spaß hätten die Kinder, wenn sie gemeinsam Lieder singen.
Anders als in Regel-Kindergärten ist das andauernde Engagement der Eltern gefordert. Ein Brauchwasserdienst und ein Reinigungsdienst werden von den Eltern voll übernommen.
Der Vorsitzende des Trägervereins, Andreas Günder, dankt der Gemeinde für das Vertrauen und die finanzielle Unterstützung als Starthilfe. Sehr erfreut zeigt er sich über das Engagement des Personals und den Einsatz der Eltern im Vorlauf zum Start des Wald-Kindergartens. Ob der Bau des Blockhauses, der Komposttoilette oder Arbeiten zum Herrichten der Fläche, immer konnte er Helfer aus dem Verein zählen.
"Durch ehrenamtliche Tätigkeit und Spenden wurde alles, was jetzt steht, für weniger als 20 000 Euro realisiert", sagt Günder. Die Bedarfsanerkennung sei für 20 Plätze vorhanden. Eingeplant seien dabei sechs Plätze für Kinder unter drei 3 Jahren. Ursprünglich habe der Verein mit drei Mitarbeitern beginnen wollen, auf Grund der vielen Anmeldungen wurde inzwischen auf vier Kräfte aufgestockt. Durch die gute Auslastung trage sich der Kindergarten wirtschaftlich inzwischen selbst. Der Startzuschuss der Gemeinde Ramsthal wurde laut Günder nur teilweise abgerufen und soll entgegen der ursprünglichen Vereinbarung wieder zurückgezahlt werden.
Durch den unerwartet hohen Anteil an Ramsthaler Kindern im Waldkindergarten sei es zu einer spürbaren Entlastung bei der Belegung des Regelkindergartens gekommen. Für den Kindergartenverein sei aber die Erarbeitung gemeinschaftlicher Konzepte mit dem Regelkindergarten wichtig. "Ramsthaler Kinder von beiden Einrichtungen sollen sich begegnen können", wünscht sich Günder.