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Bad Kissingen
Holger Engel (AfD): „Rechtsruck kann ich nicht sehen“
Holger Engel ist im Stimmkreis 603 Direktkandidat der AfD (Alternative für Deutschland). Vor einem Dexit hat er keine Angst. Vielmehr spricht er von Sorge wegen eines „Bevölkerungsaustausches“.
Holger Engel in seinem Garten in Bad Kissingen. Seine Frau hat sich die Deko und den Staketenzaun gewünscht. „Das erfülle ich ihr gern“, sagt der 52-Jährige Handwerker.       -  Holger Engel in seinem Garten in Bad Kissingen. Seine Frau hat sich die Deko und den Staketenzaun gewünscht. „Das erfülle ich ihr gern“, sagt der 52-Jährige Handwerker.
Foto: Susanne Will | Holger Engel in seinem Garten in Bad Kissingen. Seine Frau hat sich die Deko und den Staketenzaun gewünscht. „Das erfülle ich ihr gern“, sagt der 52-Jährige Handwerker.
Susanne Will
 |  aktualisiert: 26.11.2024 12:25 Uhr

Holger Engel hat ein Problem. Der Chef des Kreisverbands Unterfranken Nord der AfD wurde von der Entscheidung seiner Stellvertreterin Freia Lippold-Eggen, die AfD aufgrund rechtsextremistischer Tendenzen zu verlassen, überrascht. Der Direktkandidat: „Den gern genannten ,Rechtsruck’ der Partei kann ich nicht sehen.“ „Mit Freia Lippold-Eggen im Vorstand bin ich immer gut ausgekommen“, sagt er. Nun muss er Ersatz finden – in einer Zeit, die er mit Wahlkampf füllen sollte.

Sein Thema: Barrierefreiheit

Der 52-Jährige ist Zimmermann und Dachdecker und wohnt mit Frau und Hund in Bad Kissingen . Das gemietete Häuschen ist kuschlig mit viel Nippes eingerichtet – hier machen es sich zwei Menschen wohnlich, die einen engen Radius haben. Das liegt an der chronischen Erkrankung seiner Frau, aus der er ein Wahlthema schöpft: „Ich kämpfe für Barrierefreiheit“, sagt Engel . Weitere Themen, sollte er mit Listenplatz 7 in den Landtag kommen: Entlastung des Mittelstands , Bürokratie-Abbau, weniger Belastungen für Arbeitgeber im Bereich der Lohnnebenkosten.

Selfie mit Höcke

Auf seinem Facebook-Account ist ein Selfie zu sehen, das ihn mit dem thüringischen AfD-Chef und Rechtsextremisten Björn Höcke zeigt. „Das habe ich auf der Trauerfeier für die Opfer des Messerstechers in Würzburg aufgenommen, ich wusste gar nicht, dass Höcke kommt.“ Da waren viele Würzburger besser informiert. Der Auftritt Höckes führte zu einer massiven Gegendemo. Ist er Fan des Mannes, der Nazi genannt werden darf? „Nein. Bei manchem stimme ich ihm zu, bei manchem nicht. Aber Nazis, das waren andere – dieser Begriff wird heute viel zu schnell verwendet. Ich gehe davon aus, dass er Thüringens nächster Ministerpräsident wird.“

Gläubig, aber kein Kirchgänger

Konfrontiert mit geprüften Aussagen von AfDlern wirkt er ehrlich überrascht. Ob er es tatsächlich ist, ist nicht zu ergründen. Beispiel: Als Antwort auf „Wer Homosexualität auslebt, dem droht dafür eine Gefängnisstrafe“ antwortete der AfDler Andreas Gehlmann: „Das sollten wir in Deutschland auch machen.“ Engels dazu: „Jeder, wie er will – ob das mit dem Glauben vereinbar ist, ist eine andere Sache.“ Die Engels sind sehr gläubige Menschen, ohne Kirchgänger zu sein.

Gerichte sollen entscheiden

Oder: „Das Pack erschießen oder zurück nach Afrika prügeln“ (Dieter Görnert, AfD ), dazu sagt Engel: „Menschen darf man nicht als Pack bezeichnen. Aber man sollte sie (Flüchtlinge, red) gleich zurück in den Heimathafen schicken.“ Auch wenn dort Folter droht? Engel antwortet mit einer Gegenfrage: „Und was droht uns? Stichwort Messerstecher? Wer bleiben darf, sollen Gerichte entscheiden. Wer wirklich Hilfe braucht, muss aufgenommen werden.“

„Auf dem Boden der Demokratie“

Holger Engel sieht die AfD „auf dem Boden der Demokratie“. Und wiederholt Begriffe, die aus dem ultrarechten Spektrum kommen wie der „Bevölkerungsaustausch“. Der finde, sagt Engel, statt. Die „Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus“ erklärt den Begriff so: Er steht für die aus rechtsextremen Kreisen stammende Verschwörungserzählung, eine geheime „Elite“ plane einen Austausch der Bevölkerung, mit dem Ziel, die Weißen zu eliminieren. Das glaube Engel nicht, aber er sehe, dass „der Islamismus immer mehr gefördert wird“. Er beobachte das am Bau neuer Minarette und beim Spaziergang durch Schweinfurt, „da gibt es einen sehr hohen Ausländeranteil“. Dass es sich dabei hauptsächlich um die Nachkommen der in den 60er Jahren benötigten „Gastarbeiter“ handelt, weiß er.

Engel erzählt, dass nach AfD-Treffen gern das Deutschlandlied gesungen werde – alle drei Strophen. Die erste ist verpönt, sie beginnt mit „Deutschland, Deutschland über alles in der Welt“. „Wenn man die singt, gilt man als Nazi – aber als Patriot sollte Deutschland doch über allem stehen.“

EU reformieren

Das Vorhaben der AfD , die EU zu reformieren und wenn das nicht klappt, den Dexit anzustreben, begrüßt er. Auch wenn dann deutsche Waren im Ausland teurer werden. „Wenn wir wieder zur Qualität Made in Germany zurückkehren, wäre der Absatz da.“ Würde die Regierung dann die Energiekosten subventionieren, „dann könnten wir billiger produzieren“. Oder Atomreaktoren wieder hochfahren. Wo er den Atommüll entsorgen will? „Das wird nicht leicht. Niemandem gefällt der strahlende Abfall vor der Haustür.“

Die nach einem Dexit zu schützenden 4000 Grenzkilometer sieht er nicht als Problem: „Die Grenzen wurden früher ja auch verteidigt – außerdem wissen wir dann, wer reinkommen will.“

Wäre er kein Mitglied der AfD , dann „wäre ich ein Protestwähler, der sein Kreuz bei der AfD macht“. Gründe: Vor allem die hohe Inflation. Die, sagt er, hätte man eindämmen können. Auf die Frage nach dem Wie sieht er sich „zu weit weg vom Thema“. Er möchte, dass die AfD an die Regierung kommt, „um zu zeigen, was sie kann. Wenn wir nichts können, haben unsere Kritiker Recht gehabt, dann müssen wir wieder gehen“.

Zur Person

Holger Engel wurde am 15. März 1971 in Bad Brückenau geboren. Er lebt mit seiner Frau und einem sehr lebhaften kleinen Mischlingshund in Winkels in einer Doppelhaushälfte zur Miete.

Der Dachdecker und Zimmermann unterstützt seine chronisch kranke Ehefrau, wo immer es ihm möglich ist. Deshalb hat er auch die Barrierefreiheit in sein Wahlkampfprogramm aufgenommen. „Die hört auch im Winter nicht auf, wenn Schnee so zusammengeschoben wird, dass mit einem Rollator auf dem Gehsteig kein Durchkommen mehr ist.“

Mehr zur Landtagswahl und den Kandidaten finden Sie hier:

 
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