Der Bund Naturschutz (BN) hat mit der Akademie Heiligenfeld einen Vortrag zum Thema Grundwasser als Quelle des Lebens ausgerichtet. Anita Schmitt von der Akademie Heiligenfeld begrüßte die Zuhörerinnen und Zuhörer mit dem Gedanken, dass zum nachhaltigen Leben das nachhaltige Verhalten gegenüber der Natur gehöre, heißt es in der Pressemeldung vom Bund Naturschutz. Daher freue sie sich, dass die BN-Kreisgruppe seit 2012 jährlich ausgewiesene Experten zu Wald, Wasser, Klima und Gesundheitsverhalten in der Natur nach Bad Kissingen hole. BN-Vorsitzender Franz Zang wies in seiner Begrüßung darauf hin, dass für einen Bäderlandkreis die Sicherung des Quell- und Grundwassers wichtig sei.
Einleitend stellte Dr. Hans-Jürgen Hahn, Grundwasser-Ökologe und Privatdozent von der Universität Landau, Grundwasser als ältesten und größten Lebensraum vor, aus dem 75 Prozent des Trinkwassers gewonnen werden. Faszinierend sei die Tierwelt im Grundwasser . „Das Grundwasser ist ein lebendes Museum. Wären die Tiere, unter ihnen sogar eine Fischart, an der Oberfläche, würden sie alle unter Naturschutz stehen. Es gibt hier sehr seltene Tiere, viele Endemiten, lebende Fossilien und Reliktformen. „Man weiß hierüber noch sehr wenig. Die Untersuchungsdichte ist hier sehr gering,“ so Hahn.
Mehr als eine Laune
Auch wenn es dieses Frühjahr mit dem ausreichenden Niederschlag im Landkreis so aussieht, als sollte es genügend Grundwasser geben, trüge der Schein. In der Kooperationsveranstaltung von Bund Naturschutz und Akademie Heiligenfeld referierte Hahn über das Verschwinden des Wassers. Es sei mehr als eine Laune der Natur. Vielerorts werde jeden Sommer wegen extremer Trockenheit der Notstand ausgerufen. Bäche werden zu Rinnsalen, Flüsse haben Niedrigwasser, der Wasserverbrauch werde eingeschränkt. Beim Wasser hängt alles mit allem zusammen. Seit 2003 ist es trockener, heißer geworden. Die Grundwasserpegel sind in Bayern in dieser Zeit um ein Fünftel, in Rheinland-Pfalz sogar um ein Viertel gesunken. Verstärkte Verdunstung durch die Klimaerwärmung, verstärkte Bewässerung in der Landwirtschaft, Übernutzung und Landschaftsveränderungen sind die Ursachen. 2023 war ein ausreichend nasses Jahr, aber die Grundwassersysteme reagieren langsam. Das Niederschlagswasser fließt oberflächlich ab und gelangt großteils nicht ins Grundwasser . Verstärkt wird der Abfluss durch die zunehmende Flächenversiegelung, weniger Wasserrückhalt in den großen landwirtschaftlichen Flächen und durch die senkrecht zum Hang angelegten Rückegassen im Wald. Grundwasser bildet sich vor allem bei niedrigen Temperaturen, besonders im Winter.
Über den Landschaftswasserhaushalt erläuterte Hahn die Auswirkung von Landnutzung und Klimawandel: Wasser werde zunehmend ein knapperes Gut. Die erneuerbaren Wasserressourcen nehmen ab. Trinkwasser und Grundwasserökosysteme seien gefährdet. Durch sinkende Grundwasserspiegel komme es zu einer Druckumkehr zwischen Oberflächenwasser und Grundwasser . Feuchtgebiete und Gewässer fallen trocken.
Jeder einzelne ist gefragt, seinen Beitrag zu leisten, um Regenwasser zurückzuhalten und weniger Trink- und Brauchwasser zu verbrauchen. Neue Forschungsansätze und Konzepte zur Verbesserung der Grundwasserneubildung sind notwendig und sollten regional abgestimmt und umgesetzt werden.
Hahn wies darauf hin, dass die Dimension des Problems bisher völlig unterschätzt wird und dass alle Prognosen auf eine Verschärfung hinweisen: „Wir müssen Drainagen aus den Flächen holen und eine ökologische Flurbereinigung anstoßen, die Trennkanalisation von Niederschlagswasser und Abwasser vorantreiben. Über das Baurecht lassen sich Schwammstädte schaffen. Wo ist der Anreiz, Wasser zu sparen?“
Die Veranstaltung fand im Rahmen des Quellenkartierungsprojektes der BN-Kreisgruppe statt. Interessierte können sich melden und mithelfen, Quellen in ihrer Umgebung geschult zu erfassen, per App und nach Einweisung durch Projektleiterin Carina Kömpel. red