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Hammelburg
Vorne beim Lokführer auf der Saaletalbahn unterwegs
Die Deutsche Bahn hat im Sommer 20 Millionen Euro in die Saaletalbahn investiert: Lokführer Matthias Pancochar erläutert, was das konkret an Änderungen mit sich bringt. Ab dem kommenden Jahr könnten sich auch die Fahrtzeiten zwischen Bad Kissingen und Gräfendorf verkürzen.
Neue Schranken und separater Fußgängerüberweg: Der Bahnübergang über die Fuldaer Straße sowie die Einfahrt in den Hammelburger Bahnhof wurden neu gestaltet. Foto: Ralf Ruppert       -  Neue Schranken und separater Fußgängerüberweg: Der Bahnübergang über die Fuldaer Straße sowie die Einfahrt in den Hammelburger Bahnhof wurden neu gestaltet. Foto: Ralf Ruppert
| Neue Schranken und separater Fußgängerüberweg: Der Bahnübergang über die Fuldaer Straße sowie die Einfahrt in den Hammelburger Bahnhof wurden neu gestaltet. Foto: Ralf Ruppert
Ralf Ruppert
 |  aktualisiert: 17.08.2022 02:46 Uhr

Über Wochen war die Saaletalbahn im August und September gesperrt, immer wieder kam es zu Behinderungen: Rund 20 Millionen Euro hat die Deutsche Bahn in die Modernisierung der Strecke zwischen Elfershausen und Gräfendorf investiert. Was bringt das dem Fahrgast ganz konkret? Wir fragten bei einer Fahrt mit der Erfurter Bahn direkt bei einem der Lokführer nach.

Lokführer Matthias Pancochar aus Aschach arbeitet bei der "Erfurter Bahn" und ist regelmäßig auf der Saaletalbahn unterwegs. "Die Strecke ist jetzt auf alle Fälle sicherer als vorher", nennt der 29-Jährige den wichtigsten Vorteil der neuen Technik. Allerdings habe alles zwei Seiten: "Wenn natürlich mal etwas nicht funktioniert, ist kein Mensch mehr vor Ort", kommentiert er den Abzug der Fahrdienstleiter an den Bahnhöfen Elfershausen und Gräfendorf.

Technisch sei die entscheidende Neuerung, dass jetzt alle Signale entlang der Strecke rein elektronisch funktionieren. Früher wurden sämtliche Signale über Drahtseilzüge mechanisch bewegt: Wo bisher Scheiben aufrecht standen oder lagen, sind jetzt Lichtsignale wie bei Ampeln angebracht. Zudem gebe es auf den Strecken eine digitale Anzeige der zulässigen Höchstgeschwindigkeit: Die Zahlen müssen mit zehn multipliziert werden und ergeben dann das erlaubte Höchsttempo. Eine 6 steht also für 60 Kilometer pro Stunde. Die Farben sind wie im Straßenverkehr : Rot ist Halt, grün erlaubt die Weiterfahrt. Lediglich die Entfernungen sind größer: Ist ein Einfahrsignal rot, leuchtet rund einen Kilometer vorher das gelbe Signal für "Halt erwarten".

Außerdem erleichtert die Umstellung den Arbeitsalltag von Matthias Pancochar: "Früher musste ich in jedem Bahnhof per Funk melden, dass der Zug vollständig eingefahren ist", nennt er als Beispiel. Zudem mussten die Fahrdienstleiter untereinander Rückmeldungen geben. Das sollte sicherstellen, dass keine Waggons mitten auf der Strecke stehen. Erst nach der Rückmeldung konnte ein anderer Zug auf die Strecke. Seit der Umstellung gebe es an allen Streckenabschnitten Achszähler. "Das geht jetzt alles viel flüssiger, man ist kaum im Bahnhof angekommen, springt das Signal schon auf grün", berichtet der 29-Jährige Lokführer .

So genannte Zug-Kreuzungen, also das Aneinander-Vorbeifahren an zwei verschiedenen Bahnsteigen in einem der Bahnhöfe , kosten weniger Zeit. Langfristig dürfte das auch die Fahrtzeit verkürzen: "Ab dem Fahrplanjahr 2022/23 kann mit Fahrzeitverkürzungen von einigen Minuten gerechnet werden", kündigt Oliver Schulz , Chefplaner der Erfurter Bahn, an. Im Fahrplanjahr 2021/22 werde sich die Modernisierung der Strecke noch nicht direkt im Fahrplan widerspiegeln, aber immerhin verbessere sich die Betriebsstabilität weiter, ist sich Schulz sicher.

Aus Sicht des Chefplaners ist die Inbetriebnahme auf der Saalebahn Mitte September "grundsätzlich gut abgelaufen". "Die Signaltechnik funktioniert", sagt Schulz. Matthias Pancochar war bei der Abnahmefahrt mit dabei: "Eigentlich sollte die Abnahme bis 20 Uhr dauern, aber ich war bis 1.30 Uhr unterwegs", erzählt er von der ersten Fahrt nach vier Wochen Umbau. Es habe Software-Probleme gegeben, zum Teil mussten auch Geräte ausgetauscht werden. Aber die gute Nachricht war: "Wir hatten am ersten Tag nach der Umstellung am Montag nur ein paar kleinere Verspätungen."

Nachvollziehen kann Pancochar, dass einzelne Weichen ausgebaut wurden: "Ich habe da noch nie einen Zug stehen sehen", sagt er während der Vorbeifahrt an stillgelegten Gleisen auf einem Firmengelände. Der helle Schotter auf der Strecke markiert die Stelle, an der die Weiche ausgebaut wurde. Dagegen stört ihn, dass die Möglichkeit von Rangierfahrten in den Bahnhöfen Elfershausen und Gräfendorf gestrichen wurde. "Im Falle einer Störung, Sperrung oder Baumaßnahme war es problemlos möglich, die Züge von einem Gleis ins andere zu rangieren", sagt der Lokführer . Nun sei ein schriftlicher Befehl notwendig, den der Fahrdienstleiter allerdings auch diktieren dürfe. "Im Normalbetrieb stört das nicht", betont Pancochar, allerdings erschwere es die Arbeit bei Störungen. Im Bahnhof Ebenhausen sei das Signal bereits im vergangenen Jahr abgebaut worden. "Das hat uns schon Zeit und Arbeit gekostet, die im Zweifel dann auf Kosten der Fahrgäste und deren Anschlüsse gehen."

Zu den Gründen, die zum Abbau des Rangiersignals geführt haben, hat sich die Deutsche Bahn trotz mehrfacher Nachfrage bisher nicht geäußert. Die kurze Bilanz des Regionalbüros München lautet: "Die Inbetriebnahme des elektronischen Stellwerks Saaletalbahn und der Verkehrsstation Gräfendorf verliefen planmäßig."

 
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