Münnerstadt
Von wegen Friede, Freude, Weihnachten
Zum 4. Mal luden die Litera(n)ten in den Keller des Bayerischen Hofs zur Weihnachtslesung.

Fanklubs sind Ausdruck großer Sympathien. So etwas gibt es auch im Kleinen. Ein, zwei oder drei Personen - je nachdem, wer Zeit findet - folgen den Litera(n)ten bei ihren Lesungen. Sie nehmen für circa 200 Kilometer vier Stunden Fahrzeit auf sich, um von Heidenheim nach Münnerstadt und zurück des Genusses wegen zu reisen. Was aus einer Urlaubsbekanntschaft alles werden kann.
Wie bereits seit der ersten Lesung, musste die Gäste rechtzeitig erscheinen, um die begehrten Zuhörerplätze zu ergattern. Bärbel Fürst, Bernt Sieg und Jens Müller-Rastede gaben sich wieder die passenden Sprechrollen, ließen die Farbigkeit der Texte aufblitzen und kalkulierten mit Kunstpausen die Lacher des Publikums gekonnt ein. Kein Wunder, dass die Veranstaltungsreihe, die aus dem "else !"-Projekt 2013 heraus entwickelt wurde, mit großen Erwartungen ins fünfte Jahr gehen wird.
Das gesellschaftliche Abbild wurde in Texten wiedergegeben und wortreich "bespielt". Aber von wegen Friede, Freude, Weihnachten. Es gibt Autoren, die ihr persönliches Erinnerungsbild ihren Lesern oder Zuhörern ziemlich grausam vorstellen können, zumindest in den ersten Satzteilen wirkt das so. So schlimm ist es aber nicht, wie das Leben, das Wirken und das Ableben einer Gans in köstlicher Form aus der Predigt des ehrwürdigen Pfarrers Junghans aus dem Jahr 1644 zeigte. Fast 400 Jahre später finden wir uns selbst bei der Beschreibung "gänslicher" Tugenden und Laster im feinsinnigen Unterschied zu menschlichen Unzulänglichkeiten wieder. Weniger schön, doch genussreich und menschlichen Bedürfnissen folgend, ist die Nachhaltigkeit "gänslichen" Daseins als Martinsbraten, als flauschiges Federbett oder als Schreibkiel, der selbst Martin Luther von Wittenberg nach Rom in der Tasche begleitete und natürlich Pfarrer Junghans und uns eine vergnügliche Geschichte hinterlassen hat.
Erich Kästners Anti-Weihnachtsgedicht von 1928 und Elke Heidenreichs persönliche Weihnachtsgeschichte, sowie Loriots Advents Einlassung, sie gehörten ebenso zum Programm , wie die jährlich wiederkehrenden sozialkritischen Nadelstiche von Bärbel Fürst, die sehr nachdenklich mit den ungeheuren Summen von Fußballstars - wie Toni Kroos und Neymar - im Vergleich zu den Einkommensunterschieden von Männern und Frauen in Deutschland "spielte". Als Ergebnis dieser niederschmetternden Rechnung blieb die Erkenntnis, dass Frauen circa 340 Jahre arbeiten müssten um den Einkommensausgleich zu erreichen.
Die Kapitalismuskritik verschwand angesichts lustiger Kinderwünsche an das Postamt Himmelstadt sehr schnell hinter dem Christbaum. Haben und hatten Kinder immer wieder auch sehr unkonventionelle Anlässe, die sie dem Weihnachtsmann oder dem Christkind unverhohlen schrieben. Die Litera(n)ten konnten die oft kuriose Schreibweise der Briefe nur unvollkommen wiedergeben. Ein Zeichen dafür, dass Lesungen mitunter zum Nachschauen anreizen sollten. Oder Nachhören, wie das Lied " ob Blond, ob Braun, ob Henna" der Kölner Rockpoetin Ina Deter, einer Vertreterin der Neuen Deutschen Welle. Der Wunsch, dass es "Weihnachten neue Männa" geben wird, ist so illusorisch, wie der gute Wille in der Geschichte "Was schenken wir Oma?" Egal, was passiert, der Vorfreude folgt oft die Ernüchterung, auch mit einem Magenbitter.
Jens-Müller Rastede ist fasziniert vom "Antwerpener Krippenbild". Nein, nicht das berühmte in einer Antwerpener Kirche, Rastedes Bild könnte noch berühmt werden, wenn er es öfter vortragen würde. Ein Kneipenwirt stellt seine Oberkörper frei und zeigt "sein" Krippenbild. Seine Gäste sind verzückt über die Fähigkeit, per Muskelspiel die Figuren zum Leben zu erwecken. Natürlich passen die Darstellungen zu den entsprechenden Muskelpartien. Einfach herrlich, eine Weihnachtsgeschichte zum Fühlen.
Sehr einfühlsam im Dreierpack, die Litera(n)ten Tour mit dem Navi. Jens ist in die samtene Stimme der "Navi-Frau" verliebt, denn sie verzeiht wirklich jeden Fehler. Bernt Sieg und Bärbel Fürst spielen in sprachlicher Verderbtheit das "wahre" Vergnügen einer gemeinsamen Autofahrt von Mann und Frau. "Nach 50 Metern rechts abbiegen und dann dem Straßenverkehr 800 Meter folgen", für Jens Müller-Rastede Poesie, für Bernt Sieg Bevormundung. Das Leben ist so different.
Zum Ende "Noch´n Gedicht". Heinz Erhard hat auch Weihnachten zugetextet. Zum Stück "Feste" reimt der Wortakrobat über die Ankunft des Herrn:" ... die Traurigkeit am Weihnachtsbaum ist völlig unverständlich ... denn ER erscheint doch endlich! Zu Ostern, da wird jubiliert ... Da lacht man gern - dabei ist ER vorgestern verstorben."
Wie bereits seit der ersten Lesung, musste die Gäste rechtzeitig erscheinen, um die begehrten Zuhörerplätze zu ergattern. Bärbel Fürst, Bernt Sieg und Jens Müller-Rastede gaben sich wieder die passenden Sprechrollen, ließen die Farbigkeit der Texte aufblitzen und kalkulierten mit Kunstpausen die Lacher des Publikums gekonnt ein. Kein Wunder, dass die Veranstaltungsreihe, die aus dem "else !"-Projekt 2013 heraus entwickelt wurde, mit großen Erwartungen ins fünfte Jahr gehen wird.
Leben, Wirken und Ableben einer Gans
Das gesellschaftliche Abbild wurde in Texten wiedergegeben und wortreich "bespielt". Aber von wegen Friede, Freude, Weihnachten. Es gibt Autoren, die ihr persönliches Erinnerungsbild ihren Lesern oder Zuhörern ziemlich grausam vorstellen können, zumindest in den ersten Satzteilen wirkt das so. So schlimm ist es aber nicht, wie das Leben, das Wirken und das Ableben einer Gans in köstlicher Form aus der Predigt des ehrwürdigen Pfarrers Junghans aus dem Jahr 1644 zeigte. Fast 400 Jahre später finden wir uns selbst bei der Beschreibung "gänslicher" Tugenden und Laster im feinsinnigen Unterschied zu menschlichen Unzulänglichkeiten wieder. Weniger schön, doch genussreich und menschlichen Bedürfnissen folgend, ist die Nachhaltigkeit "gänslichen" Daseins als Martinsbraten, als flauschiges Federbett oder als Schreibkiel, der selbst Martin Luther von Wittenberg nach Rom in der Tasche begleitete und natürlich Pfarrer Junghans und uns eine vergnügliche Geschichte hinterlassen hat.
Sozialkritische Nadelstiche
Erich Kästners Anti-Weihnachtsgedicht von 1928 und Elke Heidenreichs persönliche Weihnachtsgeschichte, sowie Loriots Advents Einlassung, sie gehörten ebenso zum Programm , wie die jährlich wiederkehrenden sozialkritischen Nadelstiche von Bärbel Fürst, die sehr nachdenklich mit den ungeheuren Summen von Fußballstars - wie Toni Kroos und Neymar - im Vergleich zu den Einkommensunterschieden von Männern und Frauen in Deutschland "spielte". Als Ergebnis dieser niederschmetternden Rechnung blieb die Erkenntnis, dass Frauen circa 340 Jahre arbeiten müssten um den Einkommensausgleich zu erreichen.Die Kapitalismuskritik verschwand angesichts lustiger Kinderwünsche an das Postamt Himmelstadt sehr schnell hinter dem Christbaum. Haben und hatten Kinder immer wieder auch sehr unkonventionelle Anlässe, die sie dem Weihnachtsmann oder dem Christkind unverhohlen schrieben. Die Litera(n)ten konnten die oft kuriose Schreibweise der Briefe nur unvollkommen wiedergeben. Ein Zeichen dafür, dass Lesungen mitunter zum Nachschauen anreizen sollten. Oder Nachhören, wie das Lied " ob Blond, ob Braun, ob Henna" der Kölner Rockpoetin Ina Deter, einer Vertreterin der Neuen Deutschen Welle. Der Wunsch, dass es "Weihnachten neue Männa" geben wird, ist so illusorisch, wie der gute Wille in der Geschichte "Was schenken wir Oma?" Egal, was passiert, der Vorfreude folgt oft die Ernüchterung, auch mit einem Magenbitter.
Jens-Müller Rastede ist fasziniert vom "Antwerpener Krippenbild". Nein, nicht das berühmte in einer Antwerpener Kirche, Rastedes Bild könnte noch berühmt werden, wenn er es öfter vortragen würde. Ein Kneipenwirt stellt seine Oberkörper frei und zeigt "sein" Krippenbild. Seine Gäste sind verzückt über die Fähigkeit, per Muskelspiel die Figuren zum Leben zu erwecken. Natürlich passen die Darstellungen zu den entsprechenden Muskelpartien. Einfach herrlich, eine Weihnachtsgeschichte zum Fühlen.
Litera(n)ten Tour mit dem Navi
Sehr einfühlsam im Dreierpack, die Litera(n)ten Tour mit dem Navi. Jens ist in die samtene Stimme der "Navi-Frau" verliebt, denn sie verzeiht wirklich jeden Fehler. Bernt Sieg und Bärbel Fürst spielen in sprachlicher Verderbtheit das "wahre" Vergnügen einer gemeinsamen Autofahrt von Mann und Frau. "Nach 50 Metern rechts abbiegen und dann dem Straßenverkehr 800 Meter folgen", für Jens Müller-Rastede Poesie, für Bernt Sieg Bevormundung. Das Leben ist so different.Zum Ende "Noch´n Gedicht". Heinz Erhard hat auch Weihnachten zugetextet. Zum Stück "Feste" reimt der Wortakrobat über die Ankunft des Herrn:" ... die Traurigkeit am Weihnachtsbaum ist völlig unverständlich ... denn ER erscheint doch endlich! Zu Ostern, da wird jubiliert ... Da lacht man gern - dabei ist ER vorgestern verstorben."
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