
Bei Frank Röhlich hat sich schon immer alles um Motorräder , Werkstätten und um den Spaß am Schrauben gedreht. Als er mit 14 Jahren seine ersten Mofas frisiert hat, hat er noch nicht geahnt, dass ihn 40 Jahre später einmal Menschen aus ganz Europa und sogar Promis dafür bezahlen würden, damit er ihre Maschinen umbaut. "Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht", sagt er heute.
Besonders fasziniert haben ihn in der Anfangszeit Kawasaki Zed-Modelle. Als er 1996 seine Firma RF Biketech gegründet hat, hat sich alles quasi nur im diese Motorräder gedreht. "Die waren damals schon Kultbikes. Wir haben sie aus Italien importiert, restauriert und umgebaut. Das hat sich dann immer weiterentwickelt", sagt er.
Von Choppern, Bobbern und Cafe-Racern
Customizing nennt sich das. Röhlich, seine Frau und ihre vier Mitarbeiter nehmen Motorräder , die sie entweder nach dem eigenen Geschmack umkrempeln oder so, wie ihre Kunden sich die Maschinen vorstellen. "Manche haben irgendwo etwas gesehen, das ihnen gefällt, und sie schicken Fotos oder Zeichnungen. Das fertigen wir dann so an", erklärt er. Das können Änderungen sein wie neue Fußrasten, Lenker und Felgen oder Umbauten wie extrabreite Reifen und entsprechende Schwingen. "Wir bedienen das, was Motorrad- und Zubehörhändler nicht anbieten", sagt er. Alles verkehrssicher und so gefertigt, dass der TÜV seinen Segen gibt.
Manchmal bauen sie bei RF Biketech Motorräder auch so grundlegend um, dass danach nicht mehr zu erkennen ist, um was es sich vorher gehandelt hat. Da werden x-beliebige Straßenmaschinen zu beeindruckenden Superbikes, Chopper zu minimalistischen Bobber-Bikes und simple Basismodelle zu schnittigen Cafe-Racern. "Wir haben auch schon limitierte Serien gebaut, die wir weltweit verkauft haben" erzählt Röhlich. Von der "Suzuki B-King" made in Nüdlingen wurden um die 20 Motorräder verkauft , die jetzt sogar in Südafrika und in Moskau über den Asphalt brettern.
Außerhalb der Motorrad-Szene ist die Firma zwar unbekannt, in der Szene hat sich Röhlich jedoch über die Jahre einen Ruf erarbeitet und sein Geschäft kontinuierlich vergrößert. Aus einer kleinen Hinterhof-Werkstatt hat sich ein international tätiges Unternehmen entwickelt - mit siebenstelligen Jahresumsatz. Für die Handwerkskammer Unterfranken ist RF Biketech deshalb auch so etwas wie ein Geheimtipp - ein Hidden Champion, also ein unscheinbarer Betrieb , der in seiner Branche zur Spitze gehört. Statistisch lässt sich das aber nur schwer belegen, weil das "Customizing" laut Handwerkskammer nicht gesondert erfasst wird. Auch der deutsche Zweiradverband erhebt dazu keine genauen Zahlen. Wie Felix Lindhorst für den Zweiradverband erläutert, besteht die Szene nicht nur aus gewerblichen Fachwerkstätten, sondern zu einem großen Teil aus Schraubern, die Spezialanfertigungen eher im Hobby-Bereich und nicht zum Lebensunterhalt anbieten.
Geschäft ausgebaut
Seit 1999 hat das Unternehmen seinen Sitz im Mühlweg im Nüdlinger Gewerbegebiet. Auf inzwischen 1500 Quadratmetern befinden sich neben der Werkstatt auch Ausstellungsräume, in denen Röhlich fabrikneue Motorräder und Quads verschiedener Marken ausstellt und verkauft . RF Biketech ist also Händler, Vertragswerkstatt und Experte für Sonderanfertigungen in einem. "Der Bereich Neufahrzeuge und das Customizing machen jeweils etwa die Hälfte vom Arbeitsaufwand aus", berichtet Röhlich. Außerdem betreibt die Firma einen Online-Shop , über den sie ein festes Sortiment ihrer Spezialteile vermarktet.
Der Sound der Hinterhofwerkstatt
Vier bis fünf Tonnen Aluminium verarbeitet die Firma für ihre Motorradteile im Jahr, 15 bis 20 Anfragen für Sonderanfertigungen und Umbauten kommen in der Woche rein. "Was das Customizing betrifft haben wir kaum Kunden aus der Region. Die meisten nehmen dafür richtig weite Strecken in Kauf", sagt der Nüdlinger Bike-Papst. Die meisten seien meist schon jenseits der 40 und haben das nötige Kleingeld auf dem Konto, um sich ihre Maschinen zu individuellen Schmuckstücken umbauen zu lassen. In erster Linie gehe es um die Optik, aber auch die Motorleistung ist ein Thema.
Sechs Wochen dauern die Umbauten in der Regel. Röhlich schraubt heute in der Werkstatt nicht mehr selbst, sondern übernimmt im Vorfeld die Planung und die Konstruktion. "Umbauten, die aufwendig sind, machen mir am meisten Spaß ", sagt er. Etwa der Auftrag der Ehrlich-Brothers. Die Magier wollten für ihre Bühnenshow ein Motorrad haben, mit dem sie sich auf die Bühne zaubern. Röhlich: "Die Ehrlich Brothers waren mit ihren Vorstellungen sehr anspruchsvoll. Sie haben uns Handskizzen geschickt und uns die technische Umsetzung überlassen." Damit es im Dunkeln aussieht, als würde das Bike schweben, wurden die Felgen zum Beispiel daus durchsichtigem Makrolon gearbeitet. Ein weiteres Highlight: Für die Prosieben-Wintergames rüstete die Nüdlinger Firma einige Simson Schwalben, also Motorroller, so um, dass sie auf Schnee fahren konnten - auf Skiern anstelle eines Vorderrades.
Steht die Planung, geht es an die Fertigung der Einzelteile. "Wir kaufen nichts zu, sondern stellen alles individuell her", sagt er. Die Konstruktion erledigt Röhlich mittels CAD-Software, in verschiednen Fräß- und Drehmaschinen entstehend die einzelnen Komponenten, Sand- und Glasperlstrahler sowie eine Poliererei sorgen für den letzten Schliff. Nach der Montage kommt das Motorrad auf den Leistungsprüfstand, auf dem die Feinabstimmung vorgenommen wird. Das ist der Moment, der Röhlich immer Spaß macht: Wenn das Motorengeräusch eines fertigen Bikes in der Werkstatt zu hören ist. Fast wie damals, als Jugendlicher in der Hinterhofwerkstatt.