Nach ihrer Internatszeit „unter lauter Mädchen war es eine ziemliche Umstellung, sich plötzlich an der Berufsschule als einziges Mädchen unter Auszubildenden wiederzufinden“, erinnert sich Helga an das Jahr 1977. Doch für das einzige Kind ihrer Eltern Hugo und Rosa war es eine Herzenssache, den Handwerksbetrieb weiterzuführen.
„Ich war immer von allen akzeptiert“, sagt die zierliche Helga. Mit 21 Jahren schon ist sie Schmiede- und Schlossermeisterin und regelmäßig auf Lehrgängen. „Die Lehrer haben mir immer ihre Dusche überlassen, weil es damals noch keine eigenen Kabinen für Frauen gab.“ Was daran lag, dass jene Berufssparte eben fest in Männerhand war.
Ihre 71-jährige Mutter Rosa weiß noch vieles aus einer Zeit, als ein Schmied noch Pferde beschlug oder verbogene Pflugscharen wieder gerade richtete. „Bei den Bauern musste immer alles schnell gehen. Die kamen auch am Sonntag.“ Linus, ihr Schwiegervater sei noch mit 75 Jahren am Kohlefeuer gestanden. „Das war schon eine schwere Arbeit.“
Heute schwingt Enkel Thorsten den Hammer über dem Amboss. Seit diesem Jahr ist der 25-Jährige Teilhaber am Familienunternehmen. „Die Berufsbezeichnung Schmied oder Schlosser gibt es so ja heute nicht mehr.“ Er habe sich gern für die Ausbildung entschieden, sagt er. „Man kann kreativ sein, die Arbeit ist vielschichtig.“
Während sein Ururgroßvater Heinrich noch mühsam mit Kohlen die Eisen erhitzte, hat es Thorsten heute ungleich leichter. Eine Gasflamme sorgt in der Esse, dem Schmiedeofen, für die nötigen Temperaturen. Hergestellt werden Geländer, Zäune, Treppen, „und das oft mit Füllmaterial, das der Opa noch nicht einmal kannte“, sagt Thorsten.
Die Verantwortung in wirtschaftlich unsicheren Zeiten scheut der Jungunternehmer nicht. „Freilich war es früher leichter“, meint Helga, die nun hauptsächlich Schreibarbeit erledigt. Heute sei die Konkurrenz größer, die Ansprüche der Kunden vielfältiger und die Freizeit knapper bemessen, so die 48-Jährige. Dennoch, so die Ansicht aller Schlotters, die Zusammenarbeit mit anderen Eltingshäuser Firmen sei sehr gut. „Man ergänzt sich da gegenseitig und hilft sich aus“, sagt Thorsten.
Der Juniorchef hat zudem eine weitere Einkommensquelle erschlossen. Weil er ein Faible für mittelalterliches Allerlei hat, treibt er auch Handel mit Schwertern, Kettenhemden, Helmen und vielem mehr. Für die Fränkischen Passionsspiele in Sömmersdorf hat die Firma Lanzen für die römischen Soldaten geliefert. „Auf Wunsch fertigen wir auch selbst oder verzieren etwas individuell.“
Während die Vorfahren meist alleine schuften mussten, arbeiten mit Thorsten und seinem Vater Michael heute zwei Meister. Zusätzlich gibt es drei Gesellen. Rohware und anderes Material wird von Großhändlern geliefert. „Der Linus“, erzählt Rosa, „ist damals noch mit dem Zug nach Schweinfurt gefahren“, um Nägel und anderes Kleinzeug einzukaufen. „Das hat er dann im Rucksack vom Bahnhof heimgetragen.“