Fast eine Dekade feierte Hammelburg Volleyball-Feste in der 2. Bundesliga . Vor voll besetzter Tribüne in der zum „Wohnzimmer“ hochstilisierten Saaletalhalle, wo die Fans mit brachialer Lautstärke die Spieler zu großartigen Erfolgen pushten. Natürlich vor allem im Derby gegen Eltmann, aber auch gegen Teams aus Freiburg, Karlsruhe oder Dachau, die in der vergangenen Saison noch Gegner der Saalestädter waren und dank großzügiger Aufstiegs-Offerte nun in der 1. Bundesliga spielen.
Umso schmerzhafter geriet der Absturz. Fast alle Leistungsträger verließen den Verein, weshalb ein Neuanfang zur obersten Hammelburger Bürgerpflicht geriet. Und zwar in der Bayernliga Nord, mit wenigen Routiniers, dafür vielen Spielern aus der eigenen Talentschmiede. Den Ton geben jetzt die Frauen an, die sich selbstbewusst die First Ladies nennen und nach dem Aufstieg in die Regionalliga nun die Protagonisten im Volleyball-Universum des TV/DJK sind.
Samstag, 16.30 Uhr. Weil der Abend für die Frauen geblockt ist, muss das Herren-Team schon am späten Nachmittag ran. Ohne Einlauf-Show, ohne Hallensprecher Olly Wendt, aber immerhin mit Musik-Einspielern und starker Unterstützung von den Rängen sowie mit gewohnt gutem Catering im Foyer. Mehr als 50 Fans aus der Kategorie „Friends and Family“ waren allerdings nicht gekommen.
Branko Damjanovic ist der Anführer
Während der FC Bayern München bei der Frankfurter Eintracht sein Waterloo erlebt, läuft es für die Truppe von Ralf Kaiser deutlich besser gegen die 2. Mannschaft der Donau Volleys aus Regensburg. Mit gutem Kader, allerdings ohne den erkrankten Trainer, der an der Seitenlinie daher von Olli Möller vertreten wird, und auch ohne den verletzten Kjeld Claßen.
Die prägende Figur auf dem Feld ist Spielertrainer Branko Damjanovic, der schon zu Zweitliga-Zeiten zu den besten Außenangreifern der Liga gehörte an der Seite von Moritz Rauber, den es nach Rottenburg zog. Den Faktor Routine erfüllt auch Marcel Drößler, der Neuzugang vom TSV Waldkirchen hat immerhin Drittliga-Erfahrung und wechselte der Liebe wegen an die Saale .
Zuspieler Nummer 1 ist Leon Greinwald, der sich diese Position in der Vorsaison mit Lennart Fuchs teilte und der als 2004er Jahrgang keineswegs ein Jungspund im Team ist. Die eigentlichen Youngster sind Bayernauswahl-Spieler Per Haase (2008) oder Mattis Hau (2007), der im erweiterten Nationalkader seiner Altersklasse steht.
Die Tabelle der Bayernliga Nord Männer
Dass David Baden vom TSV Eibelstadt zurückkehrte, war ein weiteres Zeichen dafür, dass die Mannschaft um die Meisterschaft spielen will – und das bislang auch auf dem Feld zeigt. „Das war ein komisches Spiel, nicht schön, aber erfolgreich. Wir haben die Konstanz vermissen lassen, haben aber immer wieder die Kurve gekriegt dank der vielen Regensburger Eigenfehler. Gut war natürlich, dass ich alle Spieler einsetzen konnte“, wird Olli Möller nach dem Spiel sagen, das in drei Sätzen (25:18, 25:19, 25:18) gewonnen wurde. Die unterlegenen Oberpfälzer nahmen es gelassen und organisierten sich eine Kiste Gerstensaft noch auf dem Spielfeld sitzend.
Obwohl spielfrei, bleibt der SC Memmelsdorf Tabellenführer mit sieben Punkten Vorsprung auf den TV/DJK Hammelburg , der allerdings drei Spiele weniger ausgetragen, damit noch neun mögliche Punkte im Köcher hat. Was wohl für die Saalestädter möglich wäre, wenn Haudegen wie Oscar Benner oder Aldin Dzafic aus der selbst gewählten Volleyball-Rente zurückkämen?
Ein Frauen-Krimi zur Primetime
Eine Tatort-Länge galt es zu überwinden, ehe die First Ladies zur Primetime das Spielfeld betraten im Kellerduell mit dem TV Fürth 1860, in der Tabelle nur einen Punkt besser stehend. Auch dieses Spiel coachte Olli Möller, diesmal unterstützt von Vilma Bindrum. Dass den TV/DJK-Frauen mit den verletzten Hannah Heßdörfer und Paulin Reichert sowie mit Andrea Ferrari und Lara Prokein gleich vier wichtige Spielerinnen fehlten, taugt nur bedingt als Entschuldigung für einen eher schwachen Auftritt.
Noch schwächer besetzt waren nämlich die Mittelfranken, die nur zwei Wechsel-Optionen hatten und nach dem letzten Ballwechsel im dritten Satz eine Mittelblockerin verletzungsbedingt verloren. Vor ähnlicher Kulisse wie bei den Herren entwickelte sich ein spielerisch limitiertes, aber ungemein spannendes Spiel über fast zweieinhalb Stunden. Kurios, dass beide Teams in blauen Trikots antraten. Und nervig aus Sicht der Fans, dass sich die TV/DJK-Frauen immer wieder selbst im Wege standen mit schwachen Aufschlägen und vielen Eigenfehlern, während der Gast vor allem bei der Abwehrarbeit überzeugte, was einige spektakuläre Ballwechsel ermöglichte.
Einen 16:20-Rückstand hatten die First Ladies wettgemacht, sich sogar einen Satzball erspielt, um den ersten Satz doch abgeben zu müssen (25:27). Der zweite Satz lief bis zum 17:17 auf Augenhöhe, ehe sich erneut die zähen Fürtherinnen mit 25:20 durchsetzten, damit bereits einen von drei möglichen Punkten in der Tasche hatten.
Immerhin ein gutes Zeichen, dass die Saalestädterinnen nicht einknickten, stattdessen den Kampfgeist auspackten und den dritten Satz an sich rissen (25:22). Henriette Haase, Stammkraft in der 2. Mannschaft, hatte inzwischen komplett die Zuspiel-Rolle übernommen, sodass sich Maxi Bindrum auf der Diagonalposition austoben konnte. Zur Punkte-Garantin avancierte aber insbesondere Hanna Schmitt, was den nächsten Satzgewinn (25:23) ermöglichte.
Spitz auf Knopf blieb es im Tiebreak, in dem die First Ladies nach einer kleinen Angabenserie von Hanna Schmitt schon mit 12:10 führten, den Satz und damit das Match aber doch noch abgeben mussten (13:15). Es passte ins Bild, dass der finale Punkt höchst umstritten war und zur insgesamt schwachen Leistung des Unterparteiischen passte. „Schade, dass die engen Entscheidungen fast immer zu unseren Ungunsten ausfielen. Verloren haben wir aber vor allem deshalb, weil wir viele Angaben verschlagen haben und im Mittelangriff zu wenig Druck aufbauen konnten. Unter dem Strich war es die Summe von Kleinigkeiten, die zur Niederlage gegen einen extrem abwehrstarken Gegner führten“, bilanzierte Vilma Bindrum.
Die Tabelle der Regionalliga Frauen
Das Mittagessen am folgenden Tag zur Stärkung musste für die TV/DJK-Spielerinnen ausfallen, denn schon auf 13 Uhr war das Spiel gegen das Spitzenteam vom TB/ASV Regenstauf terminiert, in dem das Heimteam nicht nur aufgrund des Kräfteverlustes vom Vorabend krasser Außenseiter war. Umso erstaunlicher der gute Start samt 12:10-Führung, ehe der Favorit mit einem 6:0-Lauf die Kräfteverhältnisse gerade rückte, den Auftaktsatz mit 25:18 gewann und gleich konsequent im Eiltempo nachlegte (25:11). Dafür bewiesen die Hammelburgerinnen im dritten Satz tolle Comeback-Qualitäten, führten nach Rückstand sogar mit 19:16 und 23:19.
Der Satzgewinn als Belohnung folgte nicht viel später – auch wenn es ohne ein bisschen Drama nicht ging beim 26:24. Mehr Entgegenkommen gab es freilich nicht vom Gegner, der zur Stammformation zurück rotierte und die Zügel entscheidend anzog und sicher zum Sieg marschierte (25:15). „Wir haben super gekämpft und uns im gewonnenen dritten Satz weniger Eigenfehler erlaubt gegen einen sehr dominanten Gegner, der mehr Erfahrung und ebenso mehr Körpergröße in die Waagschale werfen konnte“, kommentierte Vilma Bindrum den Ausgang des Spiels.
Die 2. Bundesliga an der Fränkischen Saale ist Geschichte, die sich so schnell nicht wiederholen wird. Guten Volleyball-Sport gibt es dennoch zu sehen in Hammelburg . Nur dass das Wohnzimmer wieder eine ganz normale Sporthalle ist.