Kerzen brennen vor dem Gnadenbild, ein Mariengruß wird gebetet und einige Frauen singen. Die Türen der Wallfahrtskirche am Maria Ehrenberg stehen weit offen. Leise Schritte. Jemand geht hinaus.
Nachts um halb vier kehrt Ruhe in der Wallfahrtskirche ein. Etwa 15 Personen übernachten in der Kirche, sie schlafen, beten, singen, meditieren, unterhalten sich leise, schweigen miteinander und hängen ihren Gedanken nach.
Zwiesprache mit der Gottesmutter
Sie haben sich vor der Muttergottes versammelt und nutzten diese besondere Nacht zum Hochfest Mariä Himmelfahrt, um in persönliche Zwiesprache mit Maria zu gehen. Sorgen, Nöte, Freude, Dankbarkeit, Ängste, Zweifel, alles könne bei der Mutter des Herren abgelegt werden, wird in den Gebeten und Litaneien immer wieder betont.
Aber nicht nur die Kirche, der Berg an und für sich, mit dem Wald, der sich schützend um die freie Fläche legt und dennoch den Blick zum Sternenhimmel frei gibt – die gesamte Atmosphäre lädt zum Innehalten und Durchatmen ein.
Ein Stück vom Himmel
Seit über 500 Jahren steht der Maria Ehrenberg für Glaubenserfahrungen voller Hoffnung, Trost und Zuspruch. Generalvikar Jürgen Vorndran , nennt es „Gänsehautmomente im Glauben “, die Jahr für Jahr am Vorabend des Hochfestes Mariä Himmelfahrt erlebt werden können. „Da erahnen wir ein Stück vom Himmel .“
Gut 1500 Menschen sind auf den Maria Ehrenberg gekommen. Sie versammeln sich vor dem Freialtar der Wallfahrtskirche. Die Wallfahrer waren teilweise schon am Morgen aufgebrochen und kamen zu Fuß zur „Mutter des Friedens“.
Andere kamen mit ihrem Auto und stiegen über die 252 Treppenstufen, die Himmelsleiter empor.
Seit zehn Jahren mit dabei
Unter ihnen auch Rosalinde Bähr und Gudrun Wagenhäuser. „Wir kommen seit mehr als zehn Jahren regelmäßig her“, sagte Bähr. Früher seien die beiden Bad Kissingerinnen in einer größeren Gruppe unterwegs gewesen, nun kommen sie nur noch zu zweit. „Wir haben für uns auf den Treppenstufen gebetet und gesungen.“
Die Vigilfeier auf dem Maria Ehrenberg ist für sie „das Highlight des Jahres“. Gerade diese nächtliche Atmosphäre beeindrucke und berühre sie immer wieder. „Wir haben viele Bitten für unsere Freunde mit heraufgetragen, wollen aber auch für gute Nachrichten danken.“
Immer weniger Teilnehmer
Was die Bad Kissingerinnen erleben, steht symbolisch für die Entwicklung seit einigen Jahren. Kamen vor Corona zur Vigilfeier, der nächtlichen Gebetswache, noch um die 3000 Gläubigen, lichten sich die Reihen immer mehr.
„Ältere sind verstorben oder nicht mehr mobil. Jüngere haben den Bezug zum Glauben und diesem Fest verloren“, vermutet Bernhard Kretz, der seit 40 Jahren als Küster am Maria Ehrenberg im Einsatz ist.
Das dichte Gedränge in der Kirche gehört heute der Vergangenheit an.
Neue Bänke
Dennoch mühen sich die ehrenamtlichen Helfer im Vorfeld des Festes, um es den Wallfahrern und Pilgern so angenehm wie möglich zu machen. „Wir haben die Ruhebänke beim Freialtar erneuert. Es sind die beliebtesten Plätze, sie sind jeden Sonntag besetzt“, weiß Lothar Kraus, der ebenfalls als Küster tätig ist.
Wallfahrtsrektor Pfarrer Hans Thurn fragte: „Wie dem Fest Zukunft geben?“ Denn Mariä Himmelfahrt sei ein Fest der Lebensfreunde und Zuversicht, aber eben auch ein sehr katholisches Fest mit seinen Riten. Thurn bedauerte: „Es ist längst nicht mehr das, was es war.“
Der Generalvikar und „Let it be“ von den Beatles
Warum führt ausgerechnet die Gottesmutter Maria Menschen oft zu Glaubenserfahrungen, die ein Stück vom Himmel erahnen lassen? Generalvikar Jürgen Vorndran versucht sich an einer Erklärung: „Maria steht für mich für das Emotionale an unserem Glauben , für das, was unsere Sprache und unser Verstand nicht mehr erreichen können.“
Ein Licht anzünden
Dass sich im Leben oftmals Himmel und Erde berühren, solche Sternstunden im Glauben gelte es nicht zu verpassen, allerdings können sie nur mit einem offenen Herzen erlebt werden.
In Irland habe er erleben können, wie die Gottesmutter scheinbar ruft: „Leute, glauben geht doch so einfach, warum zerredet ihr immer alles? Fangt zu singen an und zu beten, zündet ein Licht von meinem Bild an und werdet still. Da könnt ihr erleben, wie Himmel und Erde sich berühren, dabei geschieht mehr, als ihr euch vorstellen könnt.“
Und weiter: „Sie ist die Frau, die uns zeigt, wie Himmel und Erde verbunden sind.“ Als Mutter des Friedens führe sie Menschen zusammen, schenke einen Frieden und eine Geborgenheit, die von Gott komme und nicht von Menschen gemacht werden könne. „Sie kann unserem aufgewühlten Herzen Frieden schenken.“
Ihr Ja zu Gottes Plänen findet Vorndran im Song der Beatles „Let it be“, was er mit „Lass es geschehen“ übersetzt.
Maria und der Weg zum Himmel
Es sei die Botschaft, in Zeiten der Niedergeschlagenheit nicht aufzugeben, sondern auf die Kraft des Vertrauens und des Glaubens zu setzen. „Wenn wir Mariens Rat folgen, dann öffnet sich für uns der Weg zum Himmel .“
Auf Wunsch des Gerneralvikars hatte der Musikverein Hohenroth den Song einstudiert, der von den Gläubigen mitgesungen wurde.
Zum Abschluss wurden beim Te Deum „Großer Gott, wir loben dich“ die katholischen Elemente Weihrauch, Schellen- und Glockengeläut auf höchster Stufe zelebriert. Ein Gänsehautmoment, der unterstrich, wie wichtig das Hochfest Mariens für die Kirche ist.
Wallfahrt aus Burkardroth
Am Festtag selbst kamen am Morgen die Wallfahrer aus Burkardroth auf den Maria Ehrenberg . Herzlich wurden sie von Diakon Kim Sell begrüßt.
Das Hochamt feierten sie am Freialtar mit Pfarrer Gerhard Stanke. Wie schon am Vorabend wurde die geschmückte Madonna zum Freialtar getragen, diesmal jedoch ohne Lichterprozession. Dort stand sie während des Feiertags, der am Nachmittag mit einer Andacht und Krankensegnung abschloss.
Eine Bildergalerie zur Vigilfeier finden Sie hier:
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