„Mein Handy explodiert gerade“, sagt Victor Kleinhenz . Seit der Bekanntgabe seines Wechsels zur kommenden Saison zum FC 05 Schweinfurt ist der 32-Jährige nicht nur am Telefon ein gefragter Mann. Für die Heimatzeitung nimmt sich der A-Lizenz-Inhaber aus Wartmannsroth (Landkreis Bad Kissingen) die Zeit für ein ausführliches Gespräch über die Hintergründe seiner Entscheidung.
Cheftrainer bei der in der Junioren-Bundesliga spielenden U19 des FC Augsburg schien das ideale Sprungbrett für den Schritt in den Profibereich. Warum haben Sie sich nun für den FC 05 Schweinfurt entschieden, der den Weg der Amateurisierung ja eher noch forcieren will?
Victor Kleinhenz : Die U19-Bundesliga hat definitiv ihren Reiz, das ist eine inhaltlich sehr komplexe Liga. Und der Fußball ist natürlich ein anderer als im Herrenbereich. Ich selbst habe sehr viel neuen Input bekommen und unheimlich dazugelernt, gerade im Austausch mit U23-Trainer Tobias Strobl, U17-Trainer Markus Feulner oder meinem Co-Trainer Stefan Aigner. Aber der FC 05 Schweinfurt ist halt mein Verein, der meine Jugend geprägt hat. Als Fan stand ich auf der Gegengeraden und war auch bei Auswärtsspielen dabei. Außerdem ist die Regionalliga Bayern im Vergleich zur U19-Bundesliga schon eine andere Hausnummer, was die Zuschauer und die Emotionen angeht. Da habe ich extrem Lust drauf.
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Welche Rolle hat die Familie in Ihren Planungen gespielt?
Eine sehr wichtige. Ich bin schon stolz darauf, wie meine Familie den Wechsel nach Augsburg mitgestaltet hat. Für meine Entwicklung war es wichtig, diesen Weg zu gehen. Jetzt freue ich mich umso mehr darauf, die Kinder daheim aufwachsen zu sehen. Das ist das höchste Gut.
Auf dem vom FC 05 Schweinfurt veröffentlichten Bild sind Sie zu sehen mit U19-Coach Marcel Kühlinger und Sportleiter Andreas Brendler. Bleiben diese Personen in diesen Rollen an Ihrer Seite?
So ist der aktuelle Stand. Marcel bleibt U19-Trainer und unterstützt Andy Brendler in der sportlichen Leitung. Das sind gemeinsam mit Geschäftsführer Markus Wolf die Macher im Verein.
Werden Sie das Traineramt beim FC 05 hauptberuflich ausüben?
Nein, das ist nicht der Fall. Ich bleibe Vermögensberater in meiner Regionaldirektion in Hammelburg.
Das Gesicht der Mannschaft für die kommende Saison ist noch unbekannt. Können Sie da überhaupt schon Saisonziele formulieren?
Nein, das ist aktuell nicht möglich. Grundsätzliches Ziel ist es, den eingeschlagenen Weg zu forcieren. Das heißt, die Mannschaft zu verjüngen und noch regionaler aufzustellen. Zusätzlich wollen wir die Truppe spielerisch weiterentwickeln und die aktuelle Intensität und Begeisterung im Team aufrechterhalten.
Bleibt Adam Jabiri Ihr spielender Co-Trainer?
Mein Job in Augsburg hat aktuell oberste Priorität, wir wollen die Saison mit der FCA-U19 bestmöglich abschließen. Dennoch werde ich parallel in den nächsten Wochen viele Gespräche führen. Mit Adam, aber auch mit anderen Spielern, die ihren neuen Trainer kennenlernen wollen.
Mit Torwart Lukas Wenzel, Verteidiger Nils Piwernetz und Stürmer Andre Rumpel haben Sie schon beim Regionalliga-Konkurrenten TSV Aubstadt zusammengearbeitet. Bleibt dieses Trio in Schweinfurt?
Auch mit diesen Spielern stehen Gespräche an. Generell habe ich einen guten Draht zu den Spielern aus meiner Aubstädter Zeit. Das ist sicher kein Nachteil, dass die Jungs mich und meine Idee vom Fußball kennen.
Wissen Sie, welches Budget für die Mannschaft vorgesehen ist?
Nein. Die finanziellen Geschichten regeln Andy Brendler und Markus Wolf , da mische ich mich nicht ein. Ich bin ausschließlich für die sportlichen Sachen zuständig.
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Dürfen Sie verraten, wie diese Vertragsverhandlungen in den vergangenen Wochen abliefen? Wer hat da wen kontaktiert? Gab es heimliche Treffen auf Autobahn-Raststätten?
Nein (lacht). Das lief ganz normal. Mein Vertrag beim FCA war von Beginn an auf ein Jahr ausgelegt. Der erste Kontakt mit Schweinfurt war telefonisch, als Andy Brendler bei mir anrief. Wir kennen uns ja schon aus gemeinsamen Bezirksliga-Zeiten, als ich Spielertrainer beim FC Thulba und er in Unterspiesheim war. Später gab es auch das ein oder andere Testspiel unserer Vereine. Dann wurden die Gespräche mit Andy und Markus Wolf nach und nach konkreter. Wie gesagt, ganz normal.
Kleinere Brötchen zu backen in einem durchaus anspruchsvollen Umfeld hört sich kompliziert an. Werden Sie auch den Kontakt zur Fanszene suchen?
Beim FC 05 gehört der gute und regelmäßige Kontakt zum Umfeld, zum Beispiel bei Fan-Treffen, dazu. Ich bin generell jemand, der solche Kontakte pflegt und den konstruktiven Austausch sucht.
Haben Sie vor, den Fußball-Lehrerschein, die sogenannte Uefa-Pro-Lizenz zu erwerben? Und wäre der FC Augsburg mit seinem Nachwuchsleistungszentrum hierfür nicht die bessere Adresse gewesen, um die Chancen zu erhöhen?
Ob NLZ oder ein Job als Regionalliga-Trainer, beides sind wichtige Kriterien. Ja, die Uefa-Pro-Lizenz will ich in den nächsten Jahren unbedingt in Angriff nehmen. Aber ich spüre da keinen Zeitdruck.
Was lassen Sie beim FC Augsburg zurück?
Grundsätzlich ist bei einer U19 eines Bundesligisten die Zielsetzung eine andere wie im Herrenbereich. Die Entwicklung der Spieler steht über den mannschaftlichen Erfolg. Schließlich geht es darum, den einen oder anderen Spieler an die Profi-Elf heranzuführen. Ich denke schon, mit meinem Team Voraussetzungen geschaffen zu haben, damit möglichst viele Jungs Anschluss an den Herrenbereich finden. Zurück lasse ich natürlich auch Kollegen und Freunde sowie viele Spieler, deren Familien man auch kennenlernen durfte.
Hand aufs Herz: Verfolgen Sie in den Kommentar-Funktionen der sozialen Medien, wie über Ihren Wechsel zum FC 05 geurteilt wird?
Verfolgt ist übertrieben, aber gelesen habe ich tatschlich einige, ohne daraus Schlüsse zu ziehen. Eine positive Grundstimmung ist immer wichtig. Wenn man in der Verantwortung steht, wird aber nicht jeder mit allem einverstanden sein. Das muss einem bewusst sein, wenn man so einen Job wie den beim FC 05 Schweinfurt antritt.