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Reiterswiesen
Verzicht für den Glauben
Otto und Beatrix von Botenlauben waren sehr gläubige Menschen. Das erklärt ihre Handlungsweise: Verzicht auf Reichtümer und Besitz.
Herausragendes Denkmal in der Klosterkirche Frauenroth. Grabplatten: Otto und Beatrix von Botenlauben.  Foto: Werner Vogel       -  Herausragendes Denkmal in der Klosterkirche Frauenroth. Grabplatten: Otto und Beatrix von Botenlauben.  Foto: Werner Vogel
| Herausragendes Denkmal in der Klosterkirche Frauenroth. Grabplatten: Otto und Beatrix von Botenlauben. Foto: Werner Vogel
Werner Vogel
 |  aktualisiert: 17.08.2022 09:10 Uhr

Die Rückkehr der Botenlauber vor rund 800 Jahren ist Gelegenheit, ihren außergewöhnlichen Lebensweg aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten. Der Glaubenstiefe des Grafenpaares ist bisher weniger Beachtung geschenkt worden. Zu Unrecht, denn sie ist ein Schlüssel, der ihre Handlungsweise vor dem Hintergrund der Zeit verständlich macht, wie nachfolgender Text zeigt:

"Siehe es kommt der ewige Herr und Gott, der die Grenzen des Erdreiches gründete. Er ruft uns mit des Erzengels Stimme und mit der letzten Posaune zu jener allgemeinen Versammlung, auf dass er allen den Lohn erteile, den sie verdienen. Glücklich daher und vielfach gesegnet die, welche sorgen Gutes zu säen in der Gegenwart, um in der Zukunft zu ernten!"

Das ist eine von tiefer Symbolik getragene Beschreibung des Jüngsten Tages. Sie stammt aus der Feder des Minnesängers Otto von Botenlauben . Das wortgewaltige Manifest - Mahnung und Verheißung zugleich - hat der Kreuzfahrer im November 1231 der Gründungsurkunde des von ihm und seiner Gemahlin Beatrix gegründeten Klosters Frauenroth vorangestellt.

Überlieferte Beschreibung des Grabmals

Ein Vermächtnis, das zeigt, welche Glaubenstiefe den Kreuzfahrer, aber auch seine Gemahlin auszeichnete. So steckt auch in der Schleiersage von Botenlauben ein Hinweis auf reale Ereignisse, denn sie stellt ausdrücklich Beatrix in den Mittelpunkt des Geschehens.

Wie nahe die Sage der Realität kommt, davon legt eine Beschreibung des Grabmals beredtes Zeugnis ab. Sie ist im Privilegienbuch der Zisterzienserabtei Maria Bildhausen (wurde ab 1650 geführt. Bildhausen war da vorgesetztes Kloster für Frauenroth) erhalten und darin ist Beatrix mit ehrenden Worten gepriesen: "Gestorben ist die erlauchte Gründerin, Gräfin Beatrix, aus königlichem Stamm, von den Küsten des Meeres hierhergebracht, hat sie im Leben gestrahlt, von Tugenden umkränzt. Im Himmel sei sie (nun) mit Christus verbunden, die gläubige ehrwürdige Dame."

Graf Otto wird im gleichen Buch so beschrieben: "Der edle Graf, der reich (war), ein berühmter Fürst, weise, stark und hochherzig, rüstig im Kriegsdienst, unbesiegt, ruhmbedeckt und kunstreich, liegt hier verborgen, jetzt aber teilhaftig des himmlischen Lichtes".

Für Gott und Christ ins Heilige Land...

Die Frömmigkeit des Grafen ist augenfällig durch Kreuzzugteilnahme belegt, die der Eheleute durch Güterschenkungen aus den Besitzungen der Beatrix an Johanniter- und den Deutschen Orden.

Diese Verbindung zu dokumentieren, war dem unbekannten Künstler des Grabmals in Frauenroth wohl als Gestaltungsauftrag mitgegeben worden. So trägt Beatrix auf der linken Schulter ein Schild mit dem Johanniterkreuz. Die leider schlecht erhaltene Agraffe auf Ottos Brust wird indes als "redendes Henneberg Wappen" (Henne auf einem Berg) gedeutet: Diplomat des Kaisers als Freund.

Es ist vor allem die Verbindung zum Großmeister des Deutschen Ordens Hermann von Salza, die wichtige Weichen für das Leben des Grafenpaares in der Levante (Historische geografische Bezeichnung für die Länder am östlichen Mittelmeer) stellt. Der Diplomat, als Mittler zwischen den Stauferkaisern Heinrich VI. , Friedrich II. und den Päpsten Innozenz III. und Honorius III. eine der großen Figuren der Zeitgeschichte, darf als Freund des Grafen bezeichnet werden. Mit dem Thüringer Landsmann siegelt Otto viele Urkunden. Teils in eigener Sache, vor allem aber als gefragter Zeuge in Angelegenheiten des Deutschen Ordens.

So auch die Folgenschwerste vor der Rückkehr nach Botenlauben , am 30.5.1220, als Otto - mit notarieller Zustimmung von Beatrix - dem Deutschen Orden, den gesamten, "Seigneurie de Joscelin" genannten, umfangreichen Land- und Rechtebesitz seiner Frau verkauft und so dem Deutschen Orden zu dringend benötigtem Landbesitz in Outremer (Die in Syrien und Palästina errichteten Kreuzfahrerstaaten) verhilft.

Blutsverwandt mit zwei heiligen Frauen

Die im Laufe seines Lebens immer deutlicher zutage tretende christliche Grundhaltung des Kreuzfahrers ist nicht nur vor dem Hintergrund der Zeit und seiner Geisteshaltung, sondern auch mit seiner Herkunft zu erklären. Otto ist in die hoch angesehene Familie der Henneberger hineingeboren worden, die in bemerkenswerter Weise mit dem Christentum verbunden ist.

Herausragende Kirchenvertreter sind im familiären Umfeld bezeugt. Über seine Mutter Sophia von Andechs-Meranien, ist Otto mit der Hl. Hedwig von Schlesien verwandt, sie war seine Cousine. Bischof Eckbert, der als Erbauer des Bamberger Doms in die Geschichte eingegangen ist, ist Cousin des Grafen.

Prägendste Zeitgenossin dürfte aber Elisabeth von Thüringen , seine blutsverwandte Großcousine gewesen sein. Sie war im Geiste eines Franz v. Assisi zum Fixstern damaliger Glaubenswelt geworden und ist die bis heute populärste Heilige überhaupt.

Anlass zur Klostergründung

Ihre Abkehr vom adelig vorgezeichneten Lebensweg zu radikal-christlicher Hingabe, zu aufopfernder Pflege von Armen und Kranken, mit der Elisabeth in ganz Europa Aufsehen erregte, kann nicht ohne Einfluss auf den zurückgekehrten Kreuzfahrer geblieben sein. Wirkte sie doch keine Tagesreise von Botenlauben entfernt auf der Wartburg , dem berühmten Minnesängertreff.

Mit der Abkehr aus dieser glanzvollen Umgebung löste die geborene ungarische Königstochter eine nie gekannte, religiöse Frauenbewegung aus. Schon zu Lebzeiten wurde die "Mutter der Armen" genannte Landgräfin wie eine Heilige verehrt (Der religiöse Eifer der Zeit, die Sehnsucht nach Nähe zu Heiligen durch den Besitz einer Reliquie führte zu grotesker Verstümmelung des Leichnams. Tausende zogen am Sarg der aufgebahrten Elisabeth vorbei trennten Fetzen aus dem Gewand, rissen der Toten Haarbüschel aus, schnitten Ohrläppchen, Nasenspitze, sogar Brustwarzen ab, bis ihr Beichtvater den Sarg schließen ließ), was sich in der Gründung von zehn Zisterzienserklöstern allein im Bistum Würzburg in der ersten Jahreshälfte des 13. Jahrhunderts manifestieren sollte.

So erstaunt es auch nicht, dass Otto und Beatrix noch im Monat von Elisabeths frühem Tod, im November 1231, die ersten Schritte zur Klostergründung in Frauenroth unternehmen.

Neubeginn auf Botenlauben

Wie gestaltete sich indes das Leben des Grafenpaares ab 1220, nach der Ankunft auf Botenlauben ? Da ist von einem Kulturschock für Beatrix auszugehen, stammt sie doch aus "königlichem Geblüt", dem einflussreichen französischen Hochadelsgeschlecht derer von Courtenay, die ihr in Akkon, Hauptstatt des Königreichs Jerusalem, ein standesgemäßes Leben ermöglicht hatte und sie zu einer selbstbestimmten, ja emanzipierten Persönlichkeit werden ließ. Hatte sie doch nicht den seit Kindheitstagen versprochenen Bruder des Königs von Jerusalem, sondern den Kreuzfahrer Otto geheiratet.

Jetzt kommt sie in ein Land, dessen Sprache sie nicht spricht, deren Sitten und Gebräuche ihr fremd sind und die, auf der damals noch bescheidenen Burg , ein eher karges Leben erwartet. Höfisches Treiben, Minnesängertreffen, Ritterturnier, das konnte frühestens nach dem Ausbau der Burg stattfinden. Immerhin wurde bald eine Kapelle errichtet. Ist in diesem Andachtsraum die Abkehr vom weltlichen, hin zum geistlichen Leben, zur Sorge für das künftige Seelenheil endgültig gereift?

Oder sind Otto und Beatrix schon in Outremer tief geprägt worden? Dort könnte das Paar Franz v. Assisi persönlich getroffen haben. Aufsehenerregend hatte Franziskus 1219 im Lager des muslimischen Heeres vor Sultan Al-Kamil gepredigt.

Oder gab erst das vorbildhafte Leben der Hl. Elisabeth in Franken letzten Anlass, dass die Eheleute es zumindest nicht verhindern, dass beide Söhne, Otto II. und Heinrich , ja sogar Enkel Albert in den geistlichen Stand treten? Die Begeisterung für die entstandene religiöse Frauenbewegung erfasste damals auch die in Franken führenden Adelshäuser. Dabei war es nicht unüblich, dass Ehen aufgelöst, Kinder überzeugt wurden, Gleiches zu tun. Die Botenlauber waren damit nicht allein. Politisch gesehen war ihr Entschluss ein Desaster. Welch eine Niederlage für die Henneberger, welch ein Triumph für das Hochstift Würzburg und dessen ehrgeizigen Machtpolitiker, Fürstbischof Hermann v. Lobdeburg7

Otto II. , Erstgeborener des Grafenpaares hatte - noch im Sinne der Dynastie - Adelheid v. Hiltenburg, Erbtochter der umfangreichen Herrschaft Lichtenberg und Hiltenburg geheiratet und so der Henneberg-Botenlauben Linie einen bedeutenden Machtzuwachs verschafft. Aber das Paar löst, obwohl mit Erbsohn Albert gesegnet, vor 1230 - mit Zustimmung von Otto und Beatrix, wie ausdrücklich in der Urkunde vermerkt ist - seine Ehe auf.

Wohl kalkuliert wird der Besitz nicht an die Henneberger, sondern an das Hochstift in Würzburg verkauft, wo die Großfamilie wohl künftig gelebt haben dürfte. Otto II. trat nämlich als Ritterbruder in die Deutschordens-Kommende ein, seine Frau Adelheid wird Nonne im Kloster St. Markus und Sohn Albert wird Domkanoniker. Auch Heinrich , zweiter Sohn von Otto und Beatrix, wird im Stift Haug Kanoniker.

Die Klostergründung

Die Erben von Otto und Beatrix "legten Schmuck und kostbare Gewänder ab, um weltliche Reichtümer mit geistlichen zu vertauschen", wie Zeitzeuge Jakob von Vitry ( um 1220 aus Historia Occidentalis) die massenhaften Klostergründungen der Zisterzienser beschreibt. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass der nächste Schritt Ottos und Beatrix', die Klostergründung, nicht nur ihrem eigenen Seelenheil nach ihrem Ableben galt. Zwar waren die Nonnen zu Gebeten, Messen, Jahrestagen und auch zu angemessener Grablege für die Stifter verpflichtet, aber folgerichtig wäre gewesen, das Kloster den Johannitern zu übertragen, mit denen schon in Akkon eine Gebetsverbrüderung als Confratres bestand. Tatsächlich wurde es aber der Glaubensgemeinschaft der Zisterzienser gewidmet. Die Hinwendung zu zisterziensischer Lebensform muss das Paar wohl schon zu Lebzeiten Elisabeths geprägt haben. Es steht also zu vermuten, dass die Eheleute sich nach so intensivem, abenteuerlich-wendungsreichen Leben zwischen Orient und Franken, bewusst aus dem politischen Treiben der Welt zurückziehen wollten, "weshalb sie beschlossen hätten, Christus im Himmel zu gewinnen", wie es heißt. Wohl wissend, dass mit diesem Schritt der Henneberg-Botenlauben Zweig des Grafengeschlechts ausgelöscht war. Dass zur Finanzierung des Klosters , Burg Botenlauben 1244 nicht an die Henneberger, sondern wie die Besitztümer des Sohnes an das Hochstift Würzburg verkauft werden sollte, unterstreicht diese These.

Gütertausch

Im November 1231 stellt Bischof Hermann v. Lobdeburg jedenfalls eine Urkunde aus, die detailliert einen Gütertausch Ottos (Otto besaß genügend eigene Liegenschaften für eine Klostergründung. Der Tausch weist wieder in Richtung Zisterzienserregeln zur Klostergründung: Waldeinsamkeit, Tal und Bach) mit dem Hochstift schildert, um "zu Ehren Gottes, Kilian und seiner Gefährten" am Lederbach in "Burcharderode" ein Kloster zu gründen.

Wie geschickt der Bischof den Einfluss des Hochstiftes zu mehren verstand, mag auch aus der Formulierung für die Beweggründe zur Klostergründung sprechen: Darin heißt es ziemlich unchristlich: "heredem in terris non habentes...", weil sie keinen Erben auf Erden hatten, was auch so viel heißen kann wie: Dieses Geschlecht geht unter und kann dem Hochstift politisch nicht mehr im Wege stehen.( 1234 wird das Kloster der Mutter Gottes gewidmet.)

Tiefe Frömmigkeit drückt auch eines der bewegendsten Lieder des Minnesängers aus. Es beginnt mit den beziehungsreichen Worten: Waere Kristes lôhn nit alsô süeze...

 
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