
Wer braucht noch die Originale, wenn man diese Coverversionen hört? Diese Frage stellten sich die Gäste im ausverkauften Max-Littmann-Saal bei den fantastisch choreografierten Arrangements von Tina Turners Hit „Simply The Best“, vom Beatles-Song „Here Comes The Sun“ und von weiteren Ohrwürmern durch das Ensemble „Scala & Kolacny Brothers“. Scala steht dabei für einen 16-köpfigen Frauenchor, der von Stijn Kolacny lebhaft dirigiert wird und für den die eingängigen Arrangements von seinem Bruder Steven Kolacny geschrieben wurden.

Um sich herum haben die Kolacny-Brüder eine flämische „Chor-Fabrik“ aufgebaut, der mehrere Hundert Sängerinnen in unterschiedlichsten Altersgruppen und Formationen angehören. Keine Profis, aber Amateure, die mit Begeisterung proben und ihr Können in unterschiedlichsten Besetzungen europaweit präsentieren. Das Erfolgsrezept besteht aus den Arrangements, die bekannte Stücke von Police, Bon Jovi , Metallica, Coldplay , Sarah Connor , Fettes Brot , Die Ärzte und vielen mehr zu chortauglichen Interpretationen transformieren. Und aus der Präsentation der Stücke, die der Chor nicht nur singt, sondern durch eine tolle Choreografie performt und dabei durch ausgeklügelte Lichteffekte in Szene gesetzt wird.

Steven Kolacny, der musikalische Kopf und Keyboarder der Truppe, hat mittlerweile über 250 Coversongs arrangiert und dabei, so seine Anmerkung beim Konzert , die Stücke auf ihre „musikalische Essenz reduziert“. Die Stücke werden meist durch klassisch-orchestrale Arrangements aus dem digitalen Off begleitet, wobei Schlagzeuger Stefan Knuz die Beats beisteuert und das Keyboard mal solistisch, mal begleitend eingesetzt wird. Texte und Stimmen stehen zwar im Mittelpunkt, doch auch die visuellen Reize sind dank der illuminierten Choreografie und der sichtbaren Bühnenpräsenz der Sängerinnen sehr intensiv. Intensiv ist auch das Dirigat von Stijn Kolacny, der mit ausgeprägter Gestik und Mimik den Chor steuert und darüber hinaus Animateur und Motivator für die jungen Künstlerinnen und für das Publikum ist.
Ein Gesamtkunstwerk
In der Summe ist der Auftritt von „Scala & Kolacny Brothers“ ein symbiotisches Gesamtkunstwerk. Unter dem Tournee-Titel „Gloaming“, was so viel wie Abenddämmerung oder Zwielicht bedeutet, wurde eine Show zusammengestellt, die aus Covern bekannter Rocknummern, Metallsongs, Dance-Musik und deutschen Ohrwürmern besteht und oft als musikalische Blockbuster für Hollywood-Produktionen oder Netflix-Serien verwendet werden.

Der Einstieg erfolgte mit „You Give Love A Bad Name“ von Bon Jovi und was eigentlich als eine kantige Rockballade bekannt ist, wurde unter der Feder von Steven Kolacny zu einer gefühlvollen Hommage an den Liebesschmerz. Dabei präsentierte sich der Chor als musikalische Einheit, die keiner Leitung bedurfte, und zeigte bereits mit dem ersten Stück eindrucksvoll die stimmliche Vielfalt ebenso wie das choreografische Können. Mit dem nächsten Stück „Every Breath You Take“ von Police präsentierten sich die beiden Brüder auf der Bühne, und der Chor agierte mehrstimmig in fester Formation. Dieser Wechsel zwischen den, durch den spielfreudigen Chor performten Stücken und den durch Stijn Kolacny angeleiteten Liedern war die Richtschnur für die zweieinhalbstündige Inszenierung, wobei das dynamische Dirigat des Belgiers ein Showelement für sich war.
Die rund 1000 Gäste sind fasziniert von der Show
Die Messlatte legte das Ensemble von Anfang an sehr hoch und belegte ihr musikalisches Können sowie die Showqualitäten bei allen 26 präsentierten Stücken. Deren unverwechselbarer Stil faszinierte die rund 1000 Gäste im Max-Littmann-Saal.
Dabei war es egal, ob es das sehr schwungvolle „Ho Hey“ von The Lumineers war oder die mit Bravo-Rufen bedachte Version von „Emanuela“ von Fettes Brot oder das mit tollen Lichteffekten präsentierte Stück „Toxic“ von Britney Spears . Die Gäste flippten aus bei der mystisch inszenierten Ballade „Nothing Else Matters“ von Metallica, bewunderten „Vincent“ von Sarah Connor , das mit Regenbogenfarben illuminiert wurde, oder stimmten ein kraftvolles „Arschloch“ an, als die 16 jungen Damen den Ärzte-Song „Schrei nach Liebe“ präsentierten.
Dramatisch wurde es bei „Battez-vous“ von „Brigitte“, sentimental bei „Komet“ von Udo Lindenberg und Apache 207, humorvoll bei „Cordula Grün“ von Josh, fetzig bei „Viva La Vida“ von Coldplay und kreativ bei „Survivor“ von Destiny’s Child, als die Sängerinnen das Stück mit Lichtstäben performten, die gekonnt die Farbe wechselten.

Glückliche und zufriedene Erschöpfung war bei den Akteuren am Ende des fulminanten Konzerts spürbar, die sich mit Zugabe und herzlichen Worten für den begeisterten Applaus bedankten. Doch auch das Publikum war ausgepowert, denn mit der zweiten Konzerthälfte waren die Stühle nicht mehr nötig – die Gäste swingten, tanzten, klatschten und jubelten und erlebten einen tollen Abschluss des Kissinger Winterzaubers.


