
Was Menschen sehen, wenn sie vor dem Offenstall von Klaus Müller stehen: gesunde, robuste Rinder, Sorte Deutsch-Angus, eine beispielhafte Mutterkuh-Haltung im Freien mit viel Auslauf und augenscheinlich glückliche Kühe, die Schlange stehen, um sich an einer Fellbürste zu schubbern.
Was der Wolf sieht: ein All-Inclusive-Buffet.

Klaus Müller , 65, Unternehmer und Landwirt , ist entsetzt, traurig, wütend. Am 5. November 2024 fand sein Schwiegersohn Max Schätzlein (33) ein totes Kalb. Es wurde nur einen Tag alt. Es lag ausgeweidet in der Nähe des Zauns. Es zählt nun für die Behörden als Verdachtsfall – Verdacht darauf, dass ein Wolf das Tier gerissen hat.
Besitzer Müller: "Mir braucht keiner mit Diskussionen kommen."
Klaus Müller ist von der handfesten Sorte. Kräftiger Händedruck, er stellt sich mit Klaus vor, kein Mann der großen Worte, er packt lieber an. "Mir braucht keiner mit Diskussionen kommen – das war der Wolf . Es ist das zweite Kalb nach dem August 2023, das er geholt hat." Damals war es ein sogenannter Wolfshybrid, eine Mischung zwischen Wolf und Hund.
Es ist auch schwer vorstellbar, dass ein Fuchs derartige Verletzungen verursacht haben könnte. "Herz, Leber, Darm, er hat alles ausgeräumt bis auf den Pansen, den Magen mag der Wolf nicht", sagt Klaus Müller . Die Rippen sind durchgebissen. "Der Veterinäramtsarzt hat nach drei Minuten zu mir gesagt: Das muss ich eigentlich gar nicht mehr untersuchen – das war der Wolf ", so Müller.
Amt hat Proben am Kadaver genommen
Doch weil alles seine Ordnung haben sollte, steht der Fall beim Landesamt für Umwelt (LfU) nun unter einem sogenannten Verdachtsfall auf der Homepage. Bearbeitungsstand: "Erstdokumentation abgeschlossen, Zweitdokumentation eingeleitet, Proben für genetische Untersuchung genommen (NT-ID436)".
Warnung vor dem Wolf
Mit Bürokratie muss man Klaus Müller und Schwiegersohn Max Schätzlein derzeit nicht kommen. Sie haben in Eigenregie ein Schild am Gatter zur Weide angebracht: "Achtung Wolfsgebiet" steht rot auf gelbem Hintergrund. "Hier laufen so viele Menschen auch am Abend mit Stirnlampe vorbei, Jogger oder Gassigeher – die sollten wissen, was hier vorgefallen ist", sagt Müller.

Er selbst würde derzeit nicht im Dunkeln in den Wald gehen, sagt er. In den letzten Nächten ist er alle zwei Stunden hoch zur Weide gefahren, hat dort die Lichtanlage wie in einer Disco flackern lassen und laut Musik abgespielt – um den möglichen Wolf zu vertreiben.
Das familiengeführte Unternehmen umfasst auch einen Lohnbetrieb für die Bauern im Umkreis mit einem modernen Fuhrpark und auch das Metallbauunternehmen Müller in Rottershausen . Um mitzuarbeiten, hat Max Schätzlein dafür seinen Spediteursjob bei ZF hingeschmissen und Landwirt gelernt.
Max Schätzlein kennt fast alle 160 Tiere beim Namen
Der große Blonde kennt fast alle der rund 160 Tiere mit Namen, weiß, welches Kalb von welcher Kuh abstammt. Ihm und Klaus Müller geht es sehr nah zu sehen, wie grausam das Tier verendet ist. "Das tut weh", sagen sie. Und sie sind sauer auf "die Politik". "Ich möchte langsam einfach nur Bescheid wissen: Dürfen wir unser Geld weiter mit dem Direktverkauf des Rindfleisches verdienen oder ernähren wir uns künftig von den Entschädigungen, die uns der Staat für Wolfsrisse zahlt?", fragt Schätzlein leicht spöttisch.

Für das Kalb würde der Betrieb eine Entschädigung erhalten. Das Fleisch von Müllers Herde geht in die Gastronomie wie auch direkt in die Haushalte, bei ihm können verschiedene Produkte wie Rouladen, Hackfleisch oder Steaks bestellt werden.
Oder das Hack wird bei "Müllers Imbiss" im Gewerbegebiet Oerlenbach als Burger verkauft. Das Fleisch hat quasi Bioqualität, auch wenn der Hof nicht zertifiziert ist. "Zu viel Bürokratie und Kosten", sagen Schwiegervater und Schwiegersohn .

Auf sein Wolfswarnschild habe Klaus Müller , der seit 55 Jahren in der Landwirtschaft arbeitet, nur positive Resonanz erhalten. "Was bei uns passiert ist, ist Thema in Rottershausen ." Auch unter einigen Eltern.
Rottershäuser Familienvater mit "ungutem Gefühl"
Wie beispielsweise Vater Frank Zitzmann. "Meine Zwillinge sind zehn Jahre alt, mit ihren Kumpels spielen sie auch im Wald, was ich sehr gut finde." Ja, er hat die Kinder auch nach der Nachricht in die Natur gelassen. "Aber mit einem unguten Gefühl." Was ihn erstaunt: "Ich dachte bislang immer, der Wolf sucht sich große Waldgebiete und nicht so ein Wäldchen, wie wir es hier haben." Er weiß, dass das Thema Wolf derzeit in Rottershausen an vielen Familientischen besprochen wird.
Kindergartenkinder spielen derzeit nicht im Wald
Denn Luftlinie 50 Meter vom Hof entfernt liegt eine Spielhütte des örtlichen Kindergartens St. Dionys. Ab und an spielen die Kinder dort im Wald an der frischen Luft. Natürlich hat sich die Nachricht auch bis zum Kindergarten herumgesprochen. "Die Situation ist zu unsicher für uns. Deshalb werden wir jetzt nicht in den Wald zum Spielen gehen", sagt eine Mitarbeiterin des Kindergartens. Zum einen sei da die Sorge wegen des Wolfs. Zum anderen wollen die Mitarbeiterinnen den Kindern auch nicht zumuten, "eventuell ein weiteres totes Kalb zu sehen".
Bürgermeister will warten, bis Ergebnisse da sind
Nico Rogge ist Erster Bürgermeister in Oerlenbach, zur Gemeinde gehört Rottershausen . "Ich habe das Foto vom toten Kalb auch per WhatsApp erhalten", sagt er. Auch ihm als Laien fällt es schwer, an eine andere Auflösung als einen Wolfsriss zu glauben. "Aber wir sollten nicht in Panik verfallen. Dass manchen jetzt unwohl ist, verstehe ich. Und auch, dass die Landwirte sauer sind." Aber erst, wenn die Ergebnisse da sind, "können wir handeln".
Müller: "Die Politik muss jetzt endlich reagieren"
"Handeln", das fordern auch Klaus Müller und Max Schätzlein. Natürlich denken sie jetzt über Wolfsschutzzäune nach – aber auch darüber, wie sie die riesigen Weiden, die sie bewirtschaften, wolfssicher machen sollen. "Das funktioniert eh nicht. Der Wolf springt locker über einen 1,80 Meter hohen Zaun." Das Internet ist voll mit solchen Videoaufnahmen. Beide sagen: "Die Politik muss jetzt endlich reagieren. Wir können nicht verstehen, dass zugelassen wurde, dass der Wolf sich immer weiter ausbreitet."
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De Facto wollen einige vom Staat bezahlte Entscheider in der Politik (des urbanen Berlins) den Wolf und darum wird tatenlos zugesehen, wie der Bestand trotz bereits höchster Dichten weiter zunimmt, aber bezahlen muss der Steuerzahler und leben mit dem Problem müssen die Leute auf dem Land.
Wie soll bewerkstelligt werden, dass zielgerichtet DIE den Spaß bezahlen, die den Wolf in unreguliertem Ausmaß wollen ?
Je länger die Politik an der Fehlentwicklung festhält, desto größer wird der Schaden werden.
Man kommt nicht drum herum, auch in D irgendwann das zu adaptieren, was sich in Ländern mit weitaus mehr Wolfserfahrung bewährt hat, die Bevölkerung geeint hat und die Koexistenz auf Dauer möglich machte: Die Begrenzung der Population und die Regulierung per Quote.
Das Hinauszögern dieses Schritts hilft dem Wolf nicht. Es werden nur umso mehr Wölfe erlegt werden müssen und die Kosten werden sich weiter aufsummieren.
Die Anschaffungskosten für die Zäune, dazu der aufwendigere Unterhalt (Freimähen der Litzen, Kontrollgänge...) und absehbar Herdenschutzhunde (wie Videos beweisen, genügen Zäune allein nicht). Da kommen riesige Summen zusammen.
Und das alles wegen der exponentiellen Ausbreitung einer räuberischen Art, die objektiv betrachtet alles andere als Bedroht ist.
Anderswo in der EU steuert man sinnvoll gegen - und schießt Wölfe per Quote.