Das Kurorchester ist eine Institution mit Tradition. Derzeit gibt es jedoch Dissonanzen zwischen Staatsbad GmbH, Stadt und Musikern . Das hängt mit den Arbeitsverträgen der Instrumentalisten zusammen: Sie wollen einen Tarifvertrag . Staatsbad und Stadt verweigern jedoch - so die Gewerkschaft der Musiker - Gespräche zu dem Thema. Nachgefragt bei der Stadt, zeichnet sich ein anderes Bild.
Bad Kissingen: Warum es sich nicht um einen Streik handelt
Auf der Bühne stehen die Musiker trotz des Zwists. Kurt Rieder , Vorsitzender des Fördervereins, sagt: "Einen Streik kann man es nicht nennen. Die Musiker nehmen ihre Termine wahr. Sie beanspruchen lediglich Unterstützung von Außen, um zu einem Tarifvertrag zu kommen."
Die kommt von der Deutschen Orchestervereinigung (DOV). Die Gewerkschaft setzt sich für verschiedene Orchester ein - darunter auch Kurorchester. Im Fall Bad Kissingen wird Uli Müller, die Pressesprecherin der DOV, deutlich: "Die Musiker arbeiten viel mehr Stunden als für Orchestermusiker branchenüblich ist und werden gleichzeitig wesentlich schlechter bezahlt." Laut der Pressesprecherin sollte ein Orchestermitglied mit 19 Jahren Berufserfahrung rund 4000 Euro brutto im Monat verdienen. Die Gehälter der Bad Kissinger Musiker liegen - so Uli Müller - unter dieser Summe.
Bad Kissingen: Musiker wollen einen Tarifvertrag
Für sie ist das unverständlich: Die Musiker - die alle in der Gewerkschaft Mitglied sind - tragen einen maßgeblichen Teil zur lebendigen Kurtradition der Welterbe-Stadt bei. Einen Tarifvertrag gab es bislang nicht. "Früher wurden die Orchestermitglieder nach einem alten Kurvertrag entlohnt. Ab 2014 wurden bei Neueinstellungen nur noch individuelle Verträge abgeschlossen, die weit entfernt sind von gängigen Tarifverträgen im Orchesterbereich", sagt Burghard Toelke, der Dirigent. "Und auch die Mitglieder mit älteren Verträgen haben seit 2009 keine Anpassung erhalten." Seit 2018 versuche die DOV laut Uli Müller einen Tarifvertrag zu erwirken.
Das sind die Wünsche der Bad Kissinger Musiker
Konkrete Wünsche der Musiker sind laut dem Dirigenten bessere materielle Arbeitsbedingungen, eine Verringerung der wöchentlichen Konzertleistung sowie ein klares Urlaubs- und Reiserecht . "Im Grunde geht es den Musikern vorwiegend um einen qualitativen Austausch zwischen der Geschäftsführung und der DOV, um eine Qualitätsverbesserung zu erreichen."
"Gespräche finden bislang nicht statt, sie werden verweigert", sagt Uli Müller. Rieder sagt: "Die Musiker sind in einer Gewerkschaft, was ihnen aber gerade wenig nützt - der Arbeitgeber tritt ja nicht in die Gespräche ein." Uli Müller von der DOV sieht das anders: "Man kann Gespräche auf smoothe Art bekommen, aber es gibt auch gesetzliche Wege und Mittel, wie man sich die Gespräche beschafft." Kritik der DOV richtet sich insbesondere gegen die Kurdirektorin und den OB der Stadt. Uli Müller sagt: "Kurdirektorin Sylvie Thormann und Oberbürgermeister Dirk Vogel ( SPD ) verweigern der Staatsbad Philharmonie einen Tarifvertrag ."
Staatsbad GmbH äußert sich zur Situation
Von Ines Hartmann, Pressesprecherin der Staatsbad GmbH, heißt es, dass sich wegen unterschiedlicher Arbeitgeberstellungen keine Tarif-Verhandlungen für das gesamte Orchester mit der DOV führen lassen. Und: Die Staatsbad GmbH habe die Arbeitsbedingungen für die Musiker bereits verbessert. Anstelle einer Sechs-Tage-Woche haben die Musiker nun eine Fünf-Tage-Woche. Auch die Dauer der Konzerte sei reduziert worden.
"Ich bin als Oberbürgermeister im Februar zum ersten Mal von der Deutschen Orchestervereinigung angeschrieben worden", sagt OB Dirk Vogel. Der Grund: Das Gehalt läge erheblich unter den in Deutschland gängigen tariflichen Einstufungen. Daraufhin kontrollierte Dirk Vogel die Saläre der Musiker . Das Ergebnis war, dass das Gehalt der Musiker auf einer Stufe mit etwa den Musikschullehrern der Stadt oder den Orchestermusikern der Bundespolizei ist. "Allerdings war im Vergleich zu den genannten Tarifverträgen feststellbar, dass es bei den Musikern des Kurorchesters in den letzten Jahren offenkundig keine weitere kontinuierliche Entwicklung nach oben gegeben hat."
OB Vogel (SPD) stellt klar: Gespräche werden nicht verweigert
Dass Gespräche verweigert werden, ist falsch, teilt die Stadt Bad Kissingen auf Nachfrage mit. Zunächst gab es Gespräche zwischen Freistaat und Stadt. Daraufhin nahm die Bayerische Staatsbad GmbH Kontakt mit den Musikern auf. "Das ist erst letzte Woche erfolgt, weil bis dahin die Musikerinnen und Musiker nicht bereit waren, mit der Geschäftsführung zu diesem Thema zu sprechen", sagt der OB. Als vergangene Woche die ersten Forderungen formuliert worden sind, baten Stadt und Freistaat die Geschäftsführung ein Konzept zu den Arbeitskonditionen der Musiker zu erarbeiten. "An dieser Stelle befinden wir uns nun."
Bad Kissingens OB Dirk Vogel: Das kritisiert er an den Vorschlägen des Vertragsentwurfs
Am Vertragsvorschlag der DOV übt der OB Kritik. Er liege nach bisherigen Schätzungen weit über den Gehältern für etwa die Musiklehrer an der Musikschule . "Wir können und werden nicht von heute auf morgen einen Tarifvertrag einführen können, den wir nicht bezahlen können - und deswegen Stellen abbauen oder betriebsbedingt kündigen müssen", macht er deutlich. Zudem fließt seitens der Stadt jedes Jahr viel Geld in die Leistungen der Staatsbad GmbH. Handelt es sich normalerweise um den Betrag von etwa einer Million Euro, waren es im vergangen Jahr wegen der Pandemie rund zwei Millionen Euro. "Das sind alles Steuergelder, die überwiegend für das Personal der Bayerischen Staatsbad GmbH ausgegeben werden."
Von der Staatsbad GmbH heißt es: "Die bayerische Staatsbad Bad Kissingen GmbH hat ihre Orchestermitglieder auch in der Krisenzeit sehr gut unterstützt, zum Beispiel konnte das Jahr vollständig ohne Kurzarbeit überbrückt werden, es musste keinem Musiker gekündigt werden."
Ziehen die Beteiligten bald an einem Strang?
OB Dirk Vogel meint: "Wir müssen deswegen jetzt einen Mittelweg finden, der einerseits den Musikerinnen und Musikern eine finanzielle Entwicklung über die Jahre hinweg ermöglicht, was bisher nicht der Fall war. Aber auf der anderen Seite am Ende eben auch von Seiten der Stadt bezahlbar bleibt." Ein hehres Ziel, das Kompromissfähigkeit von beiden Seiten bedarf. Dirk Vogel sagt: "Wir sind dazu bereit." Deutliche Worte kommen zudem von den Musikern : "Wir wollen musizieren und unsere Arbeit mit Leidenschaft fortsetzen", sagt Burghard Toelke.
Das Gehalt eines Bürgermeisters (OB) ist abhängig von der Einwohnerzahl und ganz genau im Gesetz festgelegt, wie hoch diese Besoldung ist. Die Kurdirektorin bezieht so nicht Ihr Geld, sondern Vertragsmäßig festgelegt oder ausgehandelt. Bleibt also nur noch klarzustellen, dass OB Dr.Vogel und Frau Thormann ein Glücksgriff für Bad Kissingen sind und diese werden sicherlich eine Lösung hierfür finden. Andere (Kur)Orte haben schon gar keine festen Orchester mehr, weil die sich so was nicht leisten können. Ich vertraue deshalb den Beiden!