Abgeschottet von der Öffentlichkeit, vom Lärm des Alltags, von Hitze und Handystrahlen. Im Gewölbekeller kommt man zum Wein und zu sich. Da dringt auch kein Lärm nach draußen, und da ist reichlich Platz. Viel Platz noch für mehr als die 30 000 Liter Wein, die dort im Gewölbekeller des Roten Schlosses lagern. Mit 1100 Quadratmetern ist dies der drittgrößte Weinkeller im Frankenland, tut Matthias Büttner dem Dutzend Interessenten bei der Führung am Sonntag kund.
Ein Drittel der Mittagsgäste hat seine Einladung angenommen – und es nicht bereut. Zur Begrüßung gibt es einen Schluck gegorenen Rebensaftes in der Brunnenstube, wo zwei Dutzend Weinliebhaber an diesem Nachmittag für sechs Euro 20 Weine von Winzern der Gebietswinzergenossenschaft Franken (GWF) verkosten. Ein Blick auf den Brunnen hinter die Tür bleibt den Gästen jedoch verwehrt: Dort ist der Strom ausgefallen. „Die Feuchtigkeit“, vermutet Büttner.
Bis zu 120 Menschen haben Platz in den leeren Gewölben unter dem Südflügel, etwa acht, neun Meter unter dem Niveau der Straße, aber noch über dem des Grundwassers. Ein Container mit Cola ist hier kühl gelagert. Weinkartons sind erst ums Eck im Westflügel gestapelt, zwei Stockwerke unter den Büroräumen der Hammelburger Polizei.
Im Nordflügel dann, vorbei an Stapeln noch gefalteter Kartonagen, geht's ins romantische Heiligtum: Gut zwei Dutzend riesiger Fässer sorgen für ein Ambiente, das man sich von einem Weinkeller erwartet. 6000 Liter fasst das größte. Ein Anzapfen allerdings lohnt nicht: Längst wird der Wein der rund 30 Hammelburger Genossenschaftswinzer in Kitzingen vergoren. Die Fässer sind nur noch Dekoration, gefüllt mit geschwefeltem Wasser, damit sie auch künftig dicht halten.
Ein schöner Ort zum Feiern und zum Süffeln. Jeden Freitagabend huldigen dort zwei, drei Dutzend Menschen, meist Winzer und Touristen, den im Glas eingefangenen Sonnenschein. Hier werden auch die Reste aus den Probierflaschen entsorgt, die in der Verkaufsstelle einen Stock höher übrig bleiben. Das ist überlebenswichtig für den Kellerrotz, der dieses Gewölbe ziert. Dieser schwarze Schimmelpilz bildet sich in Weinkellern unter optimalen Bedingungen und ernährt sich aus den flüchtigen Substanzen des Weines, vornehmlich Alkohol. Er reguliert angeblich die Luftfeuchtigkeit und lässt keinem anderen Schimmel eine Chance, erklärt Kellermeister Büttner.
Bis zu 100 000 Flaschen ergeben die Trauben, die die 30 Winzer der Hammelburger Genossenschaft auf 20 Hektar zwischen Hammelburg und Wirmsthal ernten. Sie betreiben den Weinanbau allesamt nebenbei. Die meisten bewirtschaften nicht mehr als einen halben Hektar. Ihr Wein aber ist gefragt, vor allem bei Touristen. „Die wollen Hammelburger Wein in Frankens ältester Weinstadt,“ sagt Büttner.
Einige sind auch an diesem Tag im Kellereischloßhof auszumachen, decken sich ein mit heimischem Wein. Das Fest im Hof ist klein, aber fein, liebenswert intim. Alles andere als ein Massen-Spektakel. Knapp 200 Gäste kamen jeweils am Freitag und Sonntag, 300 am Samstag, schätzt Büttner. Wobei die nächtliche Kälte dafür sorgte, dass das Personal in der Nacht zum Sonntag früher nach Hause kam als in den Vorjahren.
Bei der Premiere der Weinverkostung in der Brunnenstube stand natürlich der Sämling 58 im Mittelpunkt, den ein gewisser Hermann Müller aus dem Schweizer Kanton Thurgau vor 100 Jahren erstmals 25 Kilometer südwestlich, im Lohrer Stadtteil Sendelbach anbaut. Auch die Hammelburger Genossenschaftswinzer, seit 2003 mit den fränkischen vereint, pflegen diese Rebsorte. Dass die Trauben dann – seit zehn Jahren – in Kitzingen gekeltert werden, war für den Keller ein großer Verlust, räumt Büttner vor seinen Gästen ein. „Für den Wein aber war es ein großes Plus.“
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