Bad Kissingen
Umweltschutz: Welcher Südlink-Korridor ist der beste?
Wie kann die Südlink-Trasse verlaufen, dass sie dem Schutz der Umwelt nicht in die Quere kommt? Eine Expertenrunde sucht nach Antworten

Was braucht es, damit beim Ausbau der Höchstspannungsleitungen der Naturschutz nicht zu kurz kommt? Der Frage wollte eine Fachkonferenz auf den Grund gehen. Biologen und Rechtsanwälte haben erklärt, worauf es ihrer Meinung nach ankommt. Was jetzt während der sogenannten Bundesfachplanung festgelegt wird, ist nicht der genaue Weg, den die Stromautobahn einmal nehmen wird. Auf der Suche nach der bestmöglichen Alternative versuchen Fachleute im Moment, einen Korridor einzugrenzen - und Konflikten mit dem Artenschutz schon jetzt aus dem Weg zu gehen.
Das Bundesverwaltungsgericht wird am Ende genau hinschauen. Deshalb liegt der Bundesnetzagentur (BNA) als Entscheider schon jetzt daran, das Augenmerk auf den Umweltschutz zu lenken. Zwei Herren der BNA sitzen in der Expertenrunde, die das Landkreis-Bündnis "Hamelner Erklärung" einberufen hat. Im großen Sitzungssaal hocken die Frauen und Männer mitten in der Baustelle im Landratsamt; diskutieren, analysieren, bewerten und hinterfragen. Welche Rolle spielt der Umweltschutz bei der Planung der Südlink-Erdkabeltrasse?
Der Verein "Bündnis Hamelner Erklärung" hatte die Fachkonferenz organisiert. 2014 gründete sich der Verein als Zusammenschluss mehrerer Landkreise, durch die sich die Stromtrasse "Südlink" schlängeln könnte. Die Landkreise Bad Kissingen, Rhön-Grabfeld, Schweinfurt, Main-Spessart und Main-Kinzig-Kreis zählen wie ein weiteres Dutzend Kreise zu den Vereinsmitgliedern. Ihr Ziel: ein konstruktiver Dialog mit der Netz-Betreiber-Firma Tennet. "Wir sind nicht gegen den Ausbau", sagt Tjark Bartels, Landrat von Hameln-Pymront (im Süden Niedersachsens) und Vorsitzender des Landkreisbündnisses.
Vielmehr will der Verein wissen, nachvollziehen und hinterfragen, woraus Entscheidungen gemacht sind: Wo und wie soll die Trasse verlaufen? Das Bündnis hat sich zur Aufgabe gemacht, die Planungen inhaltlich zu prüfen - mithilfe von Fachgutachtern und Rechtsanwälten.
Seit dem Sommer 2015 ist klar: die Leitung wird verbuddelt. Die Politik beugt sich dem Druck und dem Protest und segnet die unterirdische Variante ab. Anstatt über riesige Masten soll der Strom durch Kabel in der Erde gejagt werden. Tennet plant neu. Das Landkreis-Bündnis prüft weiter.
Das Projekt steckt im Moment in der sogenannten Bundesfachplanung: Anfang und Ende der künftigen Hochspannungsleitungen stehen fest. Jetzt sollen die Korridore festgelegt werden - bis zu 1000 Meter breite Streifen, in denen die Leitungen später einmal liegen könnten. Die große Frage: Wo verlaufen die bestenfalls?
Orientieren sollen sie sich an bestehender Infrastruktur wie Schiene oder Autobahn, außerdem sollen sie nicht zu nah an Wäldern, Siedlungen und Naturschutzgebieten vorbeilaufen. Wer darf mitreden? Verbände, Bürger, Vereine und Behörden sitzen bei der sogenannten Antragskonferenz mit den Übertragungsnetzbetreibern und der Bundesnetzagentur zusammen. Zudem kann sich jeder in Netz durch die Unterlagen klicken. Während der laufenden Bundesfachplanung prüft die Bundesnetzagentur den Verlauf der Trasse, diskutiert mit allen Beteiligten und entscheidet am Ende, welcher Trassenkorridor genehmigt wird. Wie die Trasse dann ganz genau verläuft, ergibt sich aus dem Planfeststellungsverfahren, das danach folgt. Wie bei einer Baugenehmigung werden darin die Details festgezurrt. Wie sich der Ausbau auf die Umwelt auswirken wird, haben Biologen für das Bündnis unter die Lupe genommen.
Das heißt nicht, dass überall per Kartierung analysiert wird, was kreucht und fleucht - "das wäre zu viel", sagt Ulrich Lindemann von der Bundesnetzagentur. Im Wesentlichen sollen Daten, die bereits erhoben wurden, die Grundlage bilden, erklärt Rechtsanwalt Dr. Peter Durinke. Klar ist, dass das Erdkabel in der Rhön einige besondere Schutzzonen kreuzt: drei EU-Vogelschutzgebiete und 17 FFH-Gebiete (Flora-Fauna-Habitat, europäische Schutzgebiete). Um dort einzugreifen, muss es schon "zwingende Gründe" und "ein überwiegend öffentliches Interesse" geben, erklärt der Hamburger Umweltwissenschaftler Dr. Karsten Runge. Finden sich dort besonders bedrohte Lebensräume oder Arten, verschärfe sich die Regelung weiter. "Wenn Sie hier graben, lässt sich so ein Biotop nicht mehr herstellen", sagt der Wissenschaftler. "Arten, die nur hier vorkommen, sind darauf angewiesen. Die stehen nicht von ungefähr unter Schutz."
Biologe Frank Bernshausen erklärt, wie man es schaffen kann, während der Verlegung der Erdkabel der Tierwelt nicht zu sehr auf die Pelle zu rücken - etwa indem die Baustelle sich zeitlich anpasst. Die Beeinträchtigungen für Amphibien, Vögel, Reptilien, Insekten und Säugtiere seien seiner Meinung nach "beherrschbar".
Wie sich die Erdkabel-Trasse bestenfalls mit dem Schutzprojekt "Natura 2000" verträgt, hat Biologe Jörg Rassmus untersucht. "Natura 2000" bildet ein eng vermaschtes Netz aus Schutzgebieten - allein im Südlink-Bereich liegen 130 FFH-Schutzgebiete. Es gelte, viele Varianten zu vergleichen.
Die Leitung aus der Erde in Form einer Freileitung wieder an die Oberfläche zu bringen, sei "kein Thema" und geht höchstens als allerletzte Alternative durch. Auch schon deshalb, weil sie sich wirtschaftlich für eine kurzen Abschnitt gar nicht rechnen würde, meinen die Fachleute. "Tennet haben kein Interesse an Freileitungen", sagt Rechtsanwalt Peter Durinke. Außerdem geben es die Flächen nicht her, erklärt Sven Serong von der Bundesnetzagentur. "Ein Nähmaschinen-Bild - mal rauf, mal runter - wird es nicht geben", sagt Dr. Sven Serong, BNA. Trotzdem, meint Landrat Thomas Bold, "auch wenn sie keiner will, muss sie möglich sein".
Das Bundesverwaltungsgericht wird am Ende genau hinschauen. Deshalb liegt der Bundesnetzagentur (BNA) als Entscheider schon jetzt daran, das Augenmerk auf den Umweltschutz zu lenken. Zwei Herren der BNA sitzen in der Expertenrunde, die das Landkreis-Bündnis "Hamelner Erklärung" einberufen hat. Im großen Sitzungssaal hocken die Frauen und Männer mitten in der Baustelle im Landratsamt; diskutieren, analysieren, bewerten und hinterfragen. Welche Rolle spielt der Umweltschutz bei der Planung der Südlink-Erdkabeltrasse?
Ziel: Dialog mit Betreiber
Der Verein "Bündnis Hamelner Erklärung" hatte die Fachkonferenz organisiert. 2014 gründete sich der Verein als Zusammenschluss mehrerer Landkreise, durch die sich die Stromtrasse "Südlink" schlängeln könnte. Die Landkreise Bad Kissingen, Rhön-Grabfeld, Schweinfurt, Main-Spessart und Main-Kinzig-Kreis zählen wie ein weiteres Dutzend Kreise zu den Vereinsmitgliedern. Ihr Ziel: ein konstruktiver Dialog mit der Netz-Betreiber-Firma Tennet. "Wir sind nicht gegen den Ausbau", sagt Tjark Bartels, Landrat von Hameln-Pymront (im Süden Niedersachsens) und Vorsitzender des Landkreisbündnisses.
Gutachter analysieren
Vielmehr will der Verein wissen, nachvollziehen und hinterfragen, woraus Entscheidungen gemacht sind: Wo und wie soll die Trasse verlaufen? Das Bündnis hat sich zur Aufgabe gemacht, die Planungen inhaltlich zu prüfen - mithilfe von Fachgutachtern und Rechtsanwälten.
Unter die Erde
Seit dem Sommer 2015 ist klar: die Leitung wird verbuddelt. Die Politik beugt sich dem Druck und dem Protest und segnet die unterirdische Variante ab. Anstatt über riesige Masten soll der Strom durch Kabel in der Erde gejagt werden. Tennet plant neu. Das Landkreis-Bündnis prüft weiter.Das Projekt steckt im Moment in der sogenannten Bundesfachplanung: Anfang und Ende der künftigen Hochspannungsleitungen stehen fest. Jetzt sollen die Korridore festgelegt werden - bis zu 1000 Meter breite Streifen, in denen die Leitungen später einmal liegen könnten. Die große Frage: Wo verlaufen die bestenfalls?
Orientieren sollen sie sich an bestehender Infrastruktur wie Schiene oder Autobahn, außerdem sollen sie nicht zu nah an Wäldern, Siedlungen und Naturschutzgebieten vorbeilaufen. Wer darf mitreden? Verbände, Bürger, Vereine und Behörden sitzen bei der sogenannten Antragskonferenz mit den Übertragungsnetzbetreibern und der Bundesnetzagentur zusammen. Zudem kann sich jeder in Netz durch die Unterlagen klicken. Während der laufenden Bundesfachplanung prüft die Bundesnetzagentur den Verlauf der Trasse, diskutiert mit allen Beteiligten und entscheidet am Ende, welcher Trassenkorridor genehmigt wird. Wie die Trasse dann ganz genau verläuft, ergibt sich aus dem Planfeststellungsverfahren, das danach folgt. Wie bei einer Baugenehmigung werden darin die Details festgezurrt. Wie sich der Ausbau auf die Umwelt auswirken wird, haben Biologen für das Bündnis unter die Lupe genommen.
Schutzzonen in der Rhön
Das heißt nicht, dass überall per Kartierung analysiert wird, was kreucht und fleucht - "das wäre zu viel", sagt Ulrich Lindemann von der Bundesnetzagentur. Im Wesentlichen sollen Daten, die bereits erhoben wurden, die Grundlage bilden, erklärt Rechtsanwalt Dr. Peter Durinke. Klar ist, dass das Erdkabel in der Rhön einige besondere Schutzzonen kreuzt: drei EU-Vogelschutzgebiete und 17 FFH-Gebiete (Flora-Fauna-Habitat, europäische Schutzgebiete). Um dort einzugreifen, muss es schon "zwingende Gründe" und "ein überwiegend öffentliches Interesse" geben, erklärt der Hamburger Umweltwissenschaftler Dr. Karsten Runge. Finden sich dort besonders bedrohte Lebensräume oder Arten, verschärfe sich die Regelung weiter. "Wenn Sie hier graben, lässt sich so ein Biotop nicht mehr herstellen", sagt der Wissenschaftler. "Arten, die nur hier vorkommen, sind darauf angewiesen. Die stehen nicht von ungefähr unter Schutz."
Auswirkungen "beherrschbar"
Biologe Frank Bernshausen erklärt, wie man es schaffen kann, während der Verlegung der Erdkabel der Tierwelt nicht zu sehr auf die Pelle zu rücken - etwa indem die Baustelle sich zeitlich anpasst. Die Beeinträchtigungen für Amphibien, Vögel, Reptilien, Insekten und Säugtiere seien seiner Meinung nach "beherrschbar". Wie sich die Erdkabel-Trasse bestenfalls mit dem Schutzprojekt "Natura 2000" verträgt, hat Biologe Jörg Rassmus untersucht. "Natura 2000" bildet ein eng vermaschtes Netz aus Schutzgebieten - allein im Südlink-Bereich liegen 130 FFH-Schutzgebiete. Es gelte, viele Varianten zu vergleichen.
Die Leitung aus der Erde in Form einer Freileitung wieder an die Oberfläche zu bringen, sei "kein Thema" und geht höchstens als allerletzte Alternative durch. Auch schon deshalb, weil sie sich wirtschaftlich für eine kurzen Abschnitt gar nicht rechnen würde, meinen die Fachleute. "Tennet haben kein Interesse an Freileitungen", sagt Rechtsanwalt Peter Durinke. Außerdem geben es die Flächen nicht her, erklärt Sven Serong von der Bundesnetzagentur. "Ein Nähmaschinen-Bild - mal rauf, mal runter - wird es nicht geben", sagt Dr. Sven Serong, BNA. Trotzdem, meint Landrat Thomas Bold, "auch wenn sie keiner will, muss sie möglich sein".
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