
Der Titel der Komödie von Neil Simon macht zugegebenermaßen ein bisschen ratlos: „Der letzte der feurigen Liebhaber“. Ist da etwa eine gewisse Spezies Mann am Ende des Aussterbeprozesses angelangt? Hätte man, wenn auch gegen moralische Bedenken, die Casanovas doch auf die Rote Liste setzen müssen? Hat Neil Simon auf diese mehr oder weniger drängenden Fragen wirklich eine Antwort?
Die Geschichte beginnt erschreckend gewöhnlich: Da ist Barney Cashman (auf Deutsch: Bargeldmann), bei dem die Graumelierung des Kopfes außen und innen eingesetzt hat. Er betreibt seit Jahren sehr erfolgreich ein Fischrestaurant, sogar im Wohnzimmer seiner Mutter steht ein ausgestopfter Fisch. Aber seine Finger riechen nach Austern, was spielentscheidend werden kann. Er ist seit 27 Jahren verheiratet, zumindest nicht ganz unglücklich, und bemerkt jetzt plötzlich, dass das nicht alles gewesen sein kann. Man nennt das Midlifecrisis. Was also tun?
Drei Module des Scheiterns
Weibliches Personal für Seitensprünge zu akquirieren, ist für den Gastronomen Barney kein Problem. Seine Telefonnummer ist schnell auf die Rückseite der Rechnung gekritzelt. Aber der einzige mögliche Ort für ein Treffen ist die Wohnung seiner Mutter . Nur, da muss immer bis 17 Uhr alles gesagt, getan und weggeräumt werden, weil sie dann von ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit im Krankenhaus zurückkommt. Also keine entspannten Bedingungen.
Drei mehr oder weniger junge Damen hat Barney (Ingo Pfeiffer) an die Angel bekommen. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein, aber sie haben eins gemeinsam: Sie nehmen ihn, den alten Knurrhahn, nicht wirklich ernst.
Elaine (Anna Katharina Fleck) quasselt ihn einfach an die Wand und aus der Fassung. Sie hat auf jeden der dummen Sprüche, die Barney aus den endlosen TV-Liebesserien kennt, eine ganz spontane und – zu seinem Leidwesen – intelligente Antwort. Als sie ohne Vollzug schließlich geht, wirkt er irritiert und erleichtert zugleich.

Bobby (Anna Schindlbeck) ist noch ganz erfolgsbesoffen von dem Casting, von dem sie direkt zu ihm gekommen ist, und nimmt ihn gar nicht richtig wahr. Und Jeanette (Silvia Steger) ist Barneys größter Fehlgriff, denn sie idie Frau seines besten Freundes. Sie ist eigentlich nur gekommen, um ihm endlich mal mit größter Deutlichkeit zu sagen, dass er sie schon rein körperlich überhaupt nicht anzieht.
Drei Module des Scheiterns. Das könnte jetzt ewig so weitergehen. Aber Barney ist erst einmal bedient und am Ende. Als Jeanette weg ist, greift er zum Telefon und erklärt seiner Frau, wie sehr er sie liebt und wie sehr er sich freut, nachher nach Hause zu kommen …
Gnadenlose Zerbröselung
Die Spannung kommt aus den unterschiedlichen Charakteren und den Dialogen, die schon immer eine Stärke Neil Simons waren, und die Susanne Pfeiffer in ihrer Inszenierung mit ihrem Quartett hin- und mitreißend in einer starken Personenregie erarbeitet hat.
Die mimisch und gestisch fortschreitende Zerbröselung Barneys geht konzentriert gnadenlos vor sich. Also, Männer nicht nur mittleren Alters, aufgepasst! Wenn ihr noch mal, bevor es zu spät ist, einen feurigen Liebhaber in freier Wildbahn sehen wollt, dann kommt ins Maßbacher Theater (ab 25. Mai auch auf der Freilichtbühne). Denn ihr habt nur noch eine Alternative, wenn ihr das verpasst: Schaut morgens im Badezimmer in den Spiegel! Eine Erfolgsgarantie kann natürlich nicht gegeben werden.