Thomas Dill ist aus dem Bad Brückenauer Turnverein 1884 nicht wegzudenken. Und doch schließt der 63-Jährige jetzt eine große Tür hinter sich zu. Ende März trat er als Vorstand zurück und überlässt der jüngeren Generation den Vortritt.
Wie beim Leistungssport sieht es der Leichtathlet mit seinem Rückzug: „Das muss man sich langsam abtrainieren“, scherzt er. Und doch steckt da für ihn eine große Portion Wahrheit dahinter. Über Ostern, nach der Übergabe an die neue Vorstandsriege, sagt er, habe er bereits Entzugserscheinungen gespürt. „Ich bin auch weiterhin für Fragen offen, aber ich muss nicht mehr, das ist der Unterschied“, beschreibt er das neue Gefühl.
27 Jahre war er im Vorstand, trainierte bereits davor schon den Leichtathletik-Nachwuchs und engagierte sich für alle Belange des großen Vereins. „Das ist wie die Führung eines mittelständischen Unternehmens“, sagt Dill .
Turbulente 1990er Jahre
Ein besonderer Brocken war der Neubau der TV Halle Mitte der 1990er Jahre, an dem er maßgeblich mitwirkte. Wegen der neu geplanten Umgehungsstraße entstand nur wenige Meter entfernt neben der alten Halle eine neue Sportstätte des Vereins.
Als Holzbauingenieur gestaltete Dill den Bau mit – nicht ohne Schwierigkeiten und Komplikationen. Nach den turbulenten Jahren des Abrisses und Neubaus trat Dill für Norbert Schmäling in den Vorstand ein. Gemeinsam mit Michael Saam führte er den Verein in das neue Jahrtausend.
Er sei dabei oftmals fordernd aufgetreten, als „aufbrausender Rhöner Sturschädel“, wie er sich selbst beschreibt. Und doch sei alles, was er gemacht hat, für das Wohl des Vereins gewesen.
Zu „seinen Kindern“, also den Kindern und Jugendlichen die er trainierte, hatte er immer ein ganz besonderes Verhältnis. Er war der große Bruder, der Onkel, immer wollte er ein gutes Verhältnis zu ihnen haben. „Ich wollte vor allem nie, dass meine Schützlinge irgendwann die Straßenseite wechseln, wenn sie mich sehen.“
Der Wettkampf sei ein ganz besonderes Gefühl. Für die Kinder und Jugendlichen sei das insbesondere eine Persönlichkeitsbildung. Sieg und Niederlage liegen eng beieinander. „Wie gehen die Sportler mit dem Druck um und wie können sie ihre Leistungen punktgenau abrufen?“, erklärt Dill . Durch den Sport lernen sie für ihr Leben.
Bis zu den deutschen Meisterschaften begleitete er seine Schützlinge, fuhr mit ihnen in Deutschland herum und zitterte mit ihnen. „Das war eine tolle und aufregende Zeit“, sagt er begeistert. Ohne seine Familie – seine Frau, seine drei Kinder und seinen Vater – hätte er das nicht stemmen können. „Nur deshalb konnte ich das alles so engagiert machen“, betont er.
In seiner Holzwerkstatt zuhause hatte er durch die familiäre Unterstützung viele Freiheiten, von denen der Verein profitierte. Zum Beispiel auch zum 125-jährigen Jubiläum: Dazu fertigte Dill im Jahr 2009 eine Chronik des TV an. Mit seinen über 1000 Mitgliedern aus dem ganzen Landkreis bot der Verein immer ein breites Spektrum an Aktivitäten an.
Wasserschaden in Gaststätte
Die Gesundheit zwang ihn, in den letzten Jahren kürzer zu treten. Denn auch in seiner Disziplin, dem 400 Meter Lauf, hatte Dill immer alles gegeben. Das merkt er jetzt. „Der Rücken ist schlecht und zeitweise hatte ich Rheuma.“ Für seine Gesundheit nimmt er sich deshalb jetzt mehr Zeit. „Morgens habe ich eine Stunde für mich“, sagt Dill . Und auch an der Wirbelsäulengymnastik nimmt er gerne teil.
Ursprünglich hatte er die Idee, bereits ab seinem 60. Lebensjahr kürzer zu treten. Nach dem Rücktritt seines langjährigen Mitvorstands Saam im Jahr 2018 wäre nun er an der Reihe gewesen. Doch dann kam Corona, und ein großer Wasserschaden an Pfingsten in der Gaststätte des Gebäudes zwang ihn zu handeln. „Das war ein schlimmes Jahr, ein Rücktritt war nicht möglich“, erinnert er sich.
Dill übernahm wieder Bauplanung und -leitung und war selbst als Handwerker nach dem Schaden tätig. Insgesamt habe das alles sehr Spaß gemacht, aber „es hat auch Nerven gekostet“. Jede freie Minute, bestimmt eine Stunde am Tag, habe er sich in den vergangenen Jahren mit dem TV beschäftigt. Und: „Das Archiv wird wohl meine Lebensaufgabe sein, bis ich den Löffel abgebe.“
So ganz möchte er sich eben nicht verabschieden. Und eine weitere Idee hat er noch: Dill überlegt, ob ein Altenvorstand ideal wäre, der die Jungen in ihrer Vereinsarbeit auch mal hinterfragt. Auch das habe er im Laufe seines Lebens insbesondere von seinem Vater gelernt. Für die eigene Entwicklung sei das ganz wichtig.
930 Mitglieder hat der TV Bad Brückenau aktuell.
32 Übungsleiter sind derzeit beim TV Bad Brückenau tätig.
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