Die Adventszeit war in meiner Kindheit geprägt von allerlei Weihnachtsvorbereitungen, die wir wartend auf das Christkind unternommen haben. Wochenlang wurden Plätzchen gebacken. Vor allem bei Butterplätzchen und Spritzgebäck waren wir Kinder gefordert, wenn es um das Ausstechen und Verzieren oder das Kurbeln des Fleischwolfs ging.
Außerdem haben wir in der Adventszeit viel gebastelt: von Fensterbildern bis hin zum Weihnachtsbaumschmuck. Am Tag vor Heiligabend wurden die Zugänge zu unserem offenen Wohnzimmer mit großen Laken verhangen, damit das Christkind ungestört seine Vorbereitungen treffen konnte. Wir Kinder haben den Tag aufgeregt im Zimmer meiner größeren Schwester verbracht, während unsere Eltern das Essen vorbereiteten. Abends ging es zur Christmette und immer mussten meine Geschwister auf dem Rückweg dringend vorweggehen.
Als Kind ganz knapp das Christkind verpasst
Zu Hause angekommen waren die Laken verschwunden, alle Kerzen leuchteten, die Weihnachtskassette lief und meine Geschwister berichteten ganz aufgeregt davon, dass sie gerade noch das Christkind wegfliegen gesehen haben. Die Enttäuschung darüber, dass ich es wieder ganz knapp verpasst hatte, legte sich schnell, wenn ich die Geschenke auspacken konnte.
Heute leben wir in unserer kleinen dreiköpfigen Familie auch noch viele dieser Traditionen, um das Christkind zu unterstützen und so die Adventszeit als magische Zeit zu erhalten. Als wir nach Bad Kissingen gezogen sind, war eine Sorge unserer damals 6-jährigen Tochter, dass uns das Christkind in unserer neuen Wohnung nicht finden und alle Geschenke in die alte Heimat bringen könnte.
Als wir in unseren Wunschzetteln noch einmal auf unsere neue Adresse hingewiesen hatten, war sie beruhigt und am Ende – als alle Geschenke ankamen – natürlich doppelt erleichtert. Auch heuer backen, basteln, dekorieren wir und schmücken gemeinsam den Weihnachtsbaum. Mein als Kind gebastelter Baumschmuck und die Kugeln unserer Großmutter gesellen sich dann zu den Bad Kissinger Weihnachtskugeln mit Regentenbau, Wandelhalle und Arkadenbau.
Am Heiligabend ist unsere Wohnzimmertür verschlossen und wenn wir zum Gottesdienst aufbrechen, wird mein Mann dringend zurückmüssen, während unsere Tochter und ich vorweggehen. Wenn wir wieder zu Hause ankommen, war das Christkind schon da, hat alle Lichter entzündet, die Weihnachtsmusik gestartet und die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum platziert.
Neue Familientraditionen sind in Bad Kissingen zu alten dazu gekommen, wie der Spaziergang durch die weihnachtlich beleuchtete Stadt und den stimmungsvollen Kurgarten oder der Besuch der ein oder anderen Veranstaltung des Kissinger Winterzaubers – was immer bleibt, ist das aufgeregte Warten aufs Christkind.
Text: Sylvie Thormann
Foto: Benjamin Kiesel / Montage: Anne Schmidhuber
Sylvie Thormann (45) ist Kurdirektorin und Geschäftsführerin der Bayer. Staatsbad Bad Kissingen GmbH.
In der Kolumne "Kissinger Adventskalender" schreiben Menschen aus dem Landkreis Bad Kissingen Anekdoten und Gedanken rund um Advent und Weihnachtsfest.