Wenn am Ostersonntag und Pfingstsonntag die Friedhöfe der abgesiedelten Dörfer im Truppenübungsplatz zugänglich sind, dann stößt das bei jeder Witterung auf großes Interesse. Auch wenn es diesmal am Pfingstsonntag nicht ganz so schön war, interessierte Besucher gab es am Friedhof Reußendorf und Altglashütten genau. Vor Ort waren auch die beiden Heimatforscher Walter Kömpel und Matthias Elm. Sie haben bereits zum dritten Mal Ortslagen von abgesiedelten Dörfern so markiert, dass sich Besucher ein Bild machen konnte, wie es Ende der 1930er Jahren ausgesehen haben mag. Nach Reußendorf im vorigen Jahr, Silberhof am Ostersonntag diesen Jahres folgte nun Altglashütten im Tal der kleinen Sinn, das auch der Absiedlung aufgrund des Baus des Truppenübungsplatzes zu Opfer fiel.
Heute erinnern nur fast schon überwachsene Gedenktafeln des Rhönklubs am Wegesrand an die ehemaligen Orte. Was nicht mit der Absiedlung mitgenommen wurde, wurde später gesprengt oder "platt gemacht". Vor allem die Amerikaner haben ganze Arbeit geleistet, wohl um zu vermeiden, dass ehemalige Bewohner zurück kehrten. Heute führt nur ein schmaler unbefestigter Feldweg durch das Tal der kleinen Sinn.
Tafeln machen Schicksal begreifbar
Nichts - außer den Gedenktafeln - weißt darauf hin, dass sich hier einmal Orte befanden, Häuser, Scheunen, Misthaufen, Kirchen und Schulen. Allein Altglashütten hatte über 40 Häuser. Elm und Kömpel haben sie in dem Buch "Die Hödde" das 2019 veröffentlicht wurde, ausführlich bebildert und vorgestellt. Viele dieser Bilder wurden nun, auf A3 vergrößert, entlang des Wegs aufgestellt. "Wir haben zum Glück viel Bildmaterial und gute Kartengrundlagen, um einigermaßen sicher sagen zu können, wo die Höfe standen", erklärte Kömpel. "Altglashütten war ein Straßendorf. Rechts und links lagen die Höfe. Oberhalb gab es ausgesiedelte Höfe, das war der Ortsteil Brücke". Einige Gäste kamen ganz gezielt, um nach ihren Vorfahren zu forschen. "Wir finden auch mit nur wenig Informationen meist die richtigen Familien", berichtet Kömpel nicht ganz ohne Stolz. Die Familien aus Altglashütten sind zum Teil nach Einraffshof, aber auch nach Süddeutschland und in den Frankfurter Raum abgesiedelt worden. Erhalten blieb die Wegverbindung von Altglashütten zum Silberhof auf der anderen Seite des Tal, am Hang des großen Auersbergs.
Wie ein Puzzle
Auf Bildern und Karten zeigen Elm und Kömpel wie die Verbindungen aussahen, welche Wege üblich waren und wo sich was befand. So nach und nach setzt sich das Bild zusammen. Auch wenn fast keine Überreste der alten Höfe erhalten blieben, in Altglashütten gibt es noch eine Stelle an der altes Mauerwerk zu sehen ist. Sogar eine alte Brunnenstube ist erhalten geblieben. Unter dem Gebüsch die alten Sandsteinstufen. Und nur wenige Meter weiter der alte Sandstein-Gewölbekeller. Natürlich leer.
Wie es wohl heute aussehen würde?
Dass hier einmal ein großer Hof stand, schwer vorstellbar. Vom alten Bauerngarten zeugen Johannisbeer- und Stachelbeerenbüsche. Sie haben sich offenbar über Ableger selbst erhalten. Ein uralter überwachsener Apfelbaum steht direkt daneben. Zeugen einer untergegangenen Zeit. Erhalten geblieben ist auch der Friedhof von Altglashütten. Das Grab der Geschwister Alfons und Amanda Wiegand mit den Engeln, deren Köpfe - der Erzählung nach - von amerikanischen Soldaten abgeschossen wurden, ist eines der markanten Gräber.
Wachstum oder Schrumpfen
Die Besucher sprechen mit Elm und Kömpel über die Geschichte, die Absiedlung und immer wieder auch die Frage: Wie würde es heute hier aussehen, wenn kein Truppenübungsplatz da wäre? Vermutlich wie in den anderen Dörfern der Rhön auch. Manches wäre gewachsen, es wären in den 1970er Jahren Neubauten erstellt worden, Neubaugebiete wären hinzu gekommen, andere wären kleiner geblieben. Ob alle Höfe und Orte erhalten geblieben wären?